Mercy Thompson 05 - Zeichen des Silbers-korr-iO
antwortete nicht, aber das war auch nicht nötig - ich wusste, was er fühlte. Erst nachdem ich mich mühsam über die Bettkante gerollt hatte, ging mir auf, dass Ben fehlte. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass es noch Morgen war, nicht besonders früh, aber auch noch nicht spät genug, um mich als Langschläfer zu fühlen. Ich humpelte steif ins Bad. Eine heiße Dusche später konnte ich mich wieder bewegen.
Und auch wenn meine Kleider schon den zweiten Tag herhalten mussten - und nach Blut und Rauch und allem stanken -, fühlte ich mich bereit, mich dem Tag zu stellen. Nach kurzem Schwanken legte ich das Schulterholster wieder an.
Ich verspürte kein dringendes Bedürfnis, bewaffnet zu sein - aber ich hatte auch keinen Ort, wo ich die Sig sicher unterbringen konnte. Adam hatte wahrscheinlich irgendwo einen Waffensafe, aber ich wusste nicht, wo. Also trug ich das Schulterholster unter meinem T-Shirt, das locker genug fiel, um es zu verbergen. Es wäre schwierig, die Waffe wirklich zu ziehen, aber das spielte eigentlich keine Rolle: Sie war mit Bleikugeln geladen, und das Haus war voller Werwölfe. Wenn ich die Waffe ziehen musste, war ich wahrscheinlich sowieso schon so gut wie tot.
Mit diesem aufbauenden Gedanken verließ ich das Schlafzimmer und schloss leise die Tür hinter mir. Der wunderbare Geruch von Würstchen und Butter lockte mich in die Küche.
Darryl kochte.
Auriele grinste über meinen Gesichtsausdruck. »Sonntags«, sagte sie befriedigt, »kocht er, und ich spüle ab. Meistens landen wir in der Rudelzentrale, und wenn Darryl kocht, dann kommt jeder vorbei. Es ist eine ziemliche Aufgabe.«
Bei den Mengen, die Werwölfe aßen, war es das sicher. Ein Aufwand, der zu diesen kleinen Dingen gehörte, die ein Rudel miteinander verbanden: Sonntagsfrühstück in Adams Haus.
»Wenn du abspülst, wenn er kocht, spült er dann ab, wenn du kochst?«, fragte ich.
»Nö«, antwortete Darryl und servierte jedem von uns einen Teller mit Würstchen, Eiern, Kartoffelpuffern und Armen Rittern. Seine Bewegungen wirkten unglaublich professionell. Dann kehrte er an den Herd zurück. »So aufgeklärt bin ich nicht.«
Sie lächelte seinen Rücken an. »Allerdings staubsaugt er.« Darryl knurrte irritiert.
»Habt ihr Ben gesehen?«, fragte ich, dann sagte ich fast unfreiwillig: »Das ist wirklich lecker.« Die Armen Ritter waren mit echter Vanille, Zimt und noch einer Menge anderer Dinge gewürzt, zusätzlich zu echtem, leicht bitter schmeckendem Ahornsirup.
»Mmmmmm.« Auriele nickte und nahm einen Bissen von ihren Kartoffelpuffern. »Er hat sich durch die Universität gekocht.«
»Und ich habe damit gutes Geld verdient«, stimmte Darryl zu. »Ben war unten, hat gefrühstückt und ist verschwunden. Er wird bald zurück sein. Ich habe Zee letzte Nacht noch angerufen.«
Ich legte meine Gabel zur Seite. »Was hat er gesagt?«
»Nichts, wenn du deswegen mein gutes Essen kalt werden lässt.« Ich nahm einen hastigen Bissen, und er wandte sich wieder seinen Pfannen zu - während er weitersprach. »Ich habe ihm den gestrigen Erpresseranruf vorgespielt, und er hat mich über alles ausgequetscht, was du uns erzählt hast. Dann hat er gesagt, dass er schauen würde, was er tun kann. Er hat mich vor einer Stunde oder so angerufen und gesagt, dass er so schnell herkommen wird, wie er kann. Es kann allerdings ein paar Stunden dauern, also sollst du die Schurkin hinhalten, bis er da ist.«
»Wie klang er?«
»Mürrisch. Kaffee oder Orangensaft?«
»Wasser reicht.« Er zog die Augenbrauen hoch.
»Uh-oh«, sagte Auriele, aber lächelnd.
Darryl lächelte nicht. »Möchtest du damit insinuieren, dass mein Kaffee nicht der beste in vier Staaten ist? Oder dass mein frisch gepresster Orangensaft irgendetwas anderes ist als perfekt?«
Jesse rauschte in den Raum und quietschte. »Oh, mein Gott, Darryl kocht. Ich hätte fast vergessen, dass Sonntag ist. Orangensaft, bitte.« Sie warf mir einen Blick zu und lachte. »Mercy trinkt weder Orangensaft noch Kaffee«, sagte sie, griff sich ein Glas aus dem Schrank und füllte es aus der Karaffe, die Darryl auf den Tisch gestellt hatte. »Wie schade. Mehr Orangensaft für mich.«
Sie spielte die gut gelaunte niedliche Tochter des Hauses, aber unter ihren Augen waren dunkle Ränder. Sie nahm den Teller, den Darryl ihr gab, und setzte sich neben Auriele. »Also«, meinte sie. Ihre Haarfarbe unterstützte die vorgespielte Fröhlichkeit - es war wirklich schwierig, mit rosafarbenen
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