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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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wieder und schlug einen falschen Südstaatenakzent an. »Gibt’s als Nächstes frittierte Filmrollen?«
    Ich lachte. »Nein, ich möchte, dass du mich fotografierst.«
    In Nicoles Miene stand plötzlich Besorgnis. Sie wandte sich ab und war auf einmal sehr beschäftigt. »Warum?«
    »Das kann ich nicht erklären. Glaubst du, du kannst eine Kamera auftreiben? Bald?«, fragte ich.
    »Bist du sicher?«
    »Ja, ich will Bodie und Sema Fotos hierlassen, wenn ich gehe.«
    Sie nickte. »Gib mir ein wenig Zeit.«
    »Juliet!«, blaffte die Heimleiterin in die Gegensprechanlage.
    Ich komme!
    Als ich das Büro betrat, sah die Heimleiterin mit vielsagender Miene auf die Uhr. Ich hatte zwei Minuten gebraucht, um ihrer Aufforderung Folge zu leisten. Das war nicht schnell genug.
    »Heute treffen zwei neue Gäste ein. Weil sie Schwestern sind, haben sie um ein Doppelzimmer gebeten.« Ich kannte dieses Spiel. Sie würde zwei Zimmer abrechnen und noch eine Extragebühr für den Luxus von Einzelzimmern kassieren. »Bereite das erste Zimmer links vor. Es ist als einziges groß genug. Nach den vielen Todesfällen sollen die Damen wenigstens einen oder zwei Tage zufrieden sein. Sobald sie sich erholt haben, mache ich Urlaub. Du bist dann bis zu deinem Geburtstag auf dich allein gestellt.«
    »Keine Krankenschwestern?«
    »Willst du damit andeuten, dass du überfordert bist?«
    »Schon gut.« Ich nickte. Die Heimleiterin machte Urlaub? Ich hatte noch nie erlebt, dass sie das DG geschlossen hatte, und auch niemals von einem solchen Ereignis gehört. Zugegeben, sie war in letzter Zeit häufig unterwegs gewesen. Aber was würde aus den anderen Kindern werden?
    »Beweg dich.«
    Doch meine Füße klebten am Boden fest. Ich musste die Frage einfach stellen. »Verzeihung, aber was ist mit …«
    Sie sah mich tückisch an. »Alles ist arrangiert. Und jetzt los! In einer halben Stunde sind sie da. Also ein bisschen dalli!«, brüllte sie mich an und wandte sich dann wieder ihrem Computerbildschirm zu.
    Ich hatte dreißig Minuten, das Grüne Zimmer zu putzen, die Bettwäsche zu wechseln und ein Pflegebett aus einem anderen Zimmer hereinzurollen. Also brauchte ich alle verfügbaren Kräfte.
    »Nico, Bodie, Sema, ihr müsst mir helfen!«, rief ich die Speichertreppe hinauf.
    »Was ist los?« Bodie stieg die wackeligen Stufen herunter.
    »Gleich kommen zwei alte Leute. Das Grüne Zimmer muss hergerichtet werden.«
    »Okay. Ich suche Sema. Glaube, sie ist im Wohnzimmer.«
    »Versteckt sie sich wieder?«
    »Ja. In den Vorhängen.« Bodie rannte los.
    Ich wusste wirklich nicht, wie ich das Mädchen in die Wirklichkeit locken sollte. Immer wenn ich glaubte, Fortschritte gemacht zu haben, verbrachte sie wieder den ganzen Tag eingewickelt in Brokat oder staubige Spitze und das Gesicht an die Scheibe gepresst und betrachtete die Welt da draußen.
    »Ich habe eine Kamera gefunden.« Unten an der Treppe hielt Nicole mir eine Tasche hin. »Alt. Polaroid-Sofortbildfilm. Funktionstüchtig.«
    Ich biss mir auf die Lippe. Jetzt hatten wir keine Zeit. »Später.«
    »Okay.«
    Nicole und ich zogen die Betten ab, während Bodie mit dem Mopp Drachen und böse Zauberer bekämpfte. Sema räumte die restliche Habe des Verstorbenen aus. Bald war der Raum so blitzblank und leer wie ein Hotelzimmer. Wir schauten auf die Uhr. Viertel nach.
    Ich runzelte die Stirn. »Sie wollten doch um neun hier sein.« Ich legte mein verschwitztes Gesicht in die kühlen Laken. »Sehr gut. Schließlich haben wir noch etwas vor.«
    »Was?« In dem offensichtlichen Versuch herauszufinden, was es denn noch zu tun gab, sah Bodie sich um.
    »Mach die Tür zu.« Ich wies mit dem Kopf auf Sema, die lautlos gehorchte. Dann baute sie sich vor mir auf. Offenbar war ihre Neugier größer als ihre Sehnsucht nach den Vorhängen.
    »Wo ist die Kamera?«, fragte ich.
    Nicole lächelte. »Hier.« Sie nahm sie aus der untersten Kommodenschublade. »Und was ist jetzt der Zweck der Veranstaltung?«
    Ich zuckte mit den Achseln, weil ich keine Lust auf eine Erklärung hatte. »Ich will nur etwas ausprobieren. Eine Theorie beweisen.«
    »Und was genau möchtest du beweisen?«
    »Keine Ahnung. Aber du musst mich fotografieren«, entgegnete ich.
    »Es sind nur noch wenige Fotos übrig. Die Kamera war bei Mr. Daileys Sachen. Ich weiß nicht, wie gut sie funktioniert.«
    Ich seufzte. Ich hatte nichts zu verlieren. »Lass es uns einfach versuchen.«
    »Wie geht das?« Bodie betrachtete die Kamera.
    Nicole zeigte es

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