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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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Luft und ließ Papier und Taschenlampe in den Bach fallen. Im nächsten Moment verlor ich das Gleichgewicht und wäre fast hinterhergefallen. Das Papier trieb davon.
    »Entschuldige.« Er lief los und streckte die Hand über das Wasser zu meinem Baumstamm herüber. »Ich bin Tens, erinnerst du dich? Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    »Du warst schon mal hier. Zweimal.« Ich setzte mich auf, kam aber nicht näher.
    Er ließ die Hand sinken. »Mit Meridian, meiner … äh … Freundin.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. »Du warst im DG und hast behauptet, du hättest eine Autopanne.«
    Er nickte. Sein Gesichtsausdruck konnte auf Verlegenheit hinweisen, aber ich war nicht sicher. Vermutlich hätte ich seine Miene nicht einmal bei Scheinwerferlicht deuten können. »Du hast recht, wir haben gelogen. Merry dachte, du könntest in Schwierigkeiten stecken.«
    »Schwierigkeiten?«, wiederholte ich.
    Er schob die Hände in die Hosentaschen. Er war so groß, dass ich mich sehr klein fühlte, und seine breiten Schultern waren so gerade wie ein Brett. »Könntest du da runterkommen, bevor du noch im Wasser landest?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, lieber nicht.« Wenigstens hatte ich auf diese Weise Abstand zu ihm.
    Er nickte, als hätte er mit meiner Ablehnung gerechnet. Wahrscheinlich sah es wirklich ziemlich beängstigend aus, wie ich da oben auf dem Ast hing, aber ich kannte diesen Baum so gut wie meinen eigenen Körper. Vielleicht sogar besser.
    »Schwierigkeiten?«, wiederholte ich noch einmal. »Was meinst du damit?«
    »Das ist nicht leicht zu erklären.« Er stieß den Atem aus, entweder war er genervt oder verärgert, möglicherweise beides, vielleicht sogar meinetwegen.
    »Versuch es«, forderte ich ihn auf.
    »Merry könnte das besser. Warum kommst du nicht mit? Sie wird dir alles erzählen.«
    »Nein. Außerdem hat sie es schon mal versucht, weißt du noch?«
    »Pass auf, mir ist klar, dass du keinen Grund hast, uns zu trauen. Aber gib uns bitte eine Chance.«
    »Was machst du hier?«, fragte ich.
    »Ich muss nachdenken.« Er blickte ins Wasser.
    »Hier?«
    Er nickte. »Außerdem wollte ich nach dir sehen. Mich vergewissern, dass mit dir alles in Ordnung ist.«
    »Das sagst du ständig, so als ob du nicht damit rechnen würdest.«
    Er schwieg.
    Ich sah ihn erschrocken an. »Soll das heißen, mit mir ist nicht alles in Ordnung?«
    »Das soll heißen …« Er setzte sich und rieb die Hände an seinen in einer abgetragenen Jogginghose steckenden Oberschenkeln. Er trug Turnschuhe ohne Socken und ein T-Shirt, das aussah, als würde es beim nächsten Waschgang auseinanderfallen. »Ich weiß nicht, was es heißen soll.« Vielleicht hatten wir ja mehr gemeinsam, als ich glaubte.
    Er schüttelte den Kopf, wie um klarer denken zu können, und fing an. »Es war einmal ein Mädchen …«
    Ich unterbrach ihn mit einem höhnischen Schnauben. »In einem fernen Land? Und endet die Geschichte mit ›und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute‹? Im Geschichtenerfinden bin ich nämlich auch gut.«
    Seine Augen blitzten zornig. »Hör mir einfach nur zu, einverstanden? Das Mädchen war ständig krank. Sie hatte unerklärliche Schmerzen, und um sie herum starben Tiere. Wenn sie aufwachte, lagen sie neben ihr auf dem Kopfkissen, oder sie starben in ihrer Hand. Sie nahm an, dass etwas mit ihr nicht stimmte, und befürchtete, sie hätte sie mit ihren Gedanken getötet oder sei ein böser Mensch und ein Ungeheuer. Und wenn man sie fotografierte, war nichts von ihr zu sehen außer einem Licht. Sie hatte keine Ahnung, was gespielt wurde, doch je älter sie wurde, desto größer wurden auch die Tiere. Außerdem wurden es mehr. Die körperlichen Symptome wurden ebenfalls schlimmer. Erschöpfung, Unterernährung, Entwicklungsverzögerungen. Bis …« Er verstummte und sah mich an.
    Mir blieb fast das Herz stehen, denn ich erkannte mich in Teilen seiner Geschichte wieder. »Ich höre.«
    »Bis sie sechzehn wurde und feststellte, dass nicht nur sterbende Tiere zu ihr kamen, sondern auch Menschen.«
    »Und was geschah dann?«, fragte ich, denn allmählich machte mich seine Schilderung neugierig. Ich hatte das Gefühl, dass das Labyrinth meines Lebens gerade ein wenig übersichtlicher wurde.
    »Sie war etwas Besonderes. Ein ganz besonderer Mensch, der vor langer Zeit einen Engel unter seinen Vorfahren gehabt hatte. Sie erfuhr, dass sie ein Fenster war, durch das die Seelen ins Jenseits übergehen. Doch dieses

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