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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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rief meinen Großvater an. Und ehe ich mich versah, saß ich in einem Flugzeug nach Seattle.«
    »Sie hat dich weggeschickt?«
    »Sie befürchtete, ich würde schizophren werden oder so. Jedenfalls etwas, mit dem sie überfordert war, glaube ich.«
    »Was hat sie gesagt?«, fragte ich und fürchtete mich vor der Antwort.
    »Dass sie es satthabe, mich dazu zu bringen, in dieser Welt zu leben. Und wenn ich unbedingt ein Spinner sein wolle, könnte ich auch bei anderen Spinnern wohnen.«
    »Bei ihren Eltern?« Das Schicksal des kleinen Jungen brach mir das Herz.
    »Hmmm.« Er schloss die Augen.
    »Im Ernst?«
    »Wahrscheinlich lag es daran, dass ich seit deiner Geburt ständig über dich geredet habe. Ich wollte Mädchenspielsachen haben und Orte und Menschen sehen, die sie im Internet recherchieren musste. Wahrscheinlich hat meine Bitte, zum Schlittschuhfahren zu gehen, um das Mädchen mit dem verletzten Kopf zu retten, ihr Angst gemacht.«
    »Aber sie hat dich weggeschickt?«
    »Kommt dir das bekannt vor?«
    »Du warst neun.«
    »Wird es dadurch schlimmer?«
    »Als bei mir?« Ich holte Luft. »Ja, mit neun ist es schlimmer als mit sechzehn. Außerdem bin ich ja auf direktem Weg zu meiner Tante gefahren, richtig?«

[home]
    Kapitel 17
    Juliet
    J uliet, was hast du?« Nicole versuchte mich festzuhalten, als ich an ihr vorbei zu meiner Kammer unter der Treppe lief. Dass ich dafür bestraft werden könnte, kümmerte mich nicht. Ich brauchte einen dunklen, stillen Ort zum Durchatmen.
    Die Wände rückten immer näher. Die Welt drehte sich zu schnell. Das Mädchen aus meinem Traum. Das zierliche, lockige Mädchen mit den ausgestreckten Händen war gerade in der Wirklichkeit, unten am Bach, aufgetaucht. Älter als im Traum, aber dennoch dasselbe Mädchen. Ihr Gesicht und ihre Augen waren mir so vertraut.
    Vielleicht schlief ich ja noch. »Nico, kneif mich, aber fest.«
    Nicole machte ein erstauntes und zweifelndes Gesicht. »Äh … nein.«
    Ich tänzelte von einem Fuß auf den anderen, weil ich zu nervös zum Stillstehen war. »Nico, bin ich wirklich wach?«
    Sie runzelte die Stirn und senkte die Stimme. »Was soll das heißen?«
    »Bist du echt?« Ich wusste, dass ich klang, als hätte ich endgültig nicht mehr alle Tassen im Schrank, aber ich konnte mein Problem nicht in vollständigen Sätzen erklären.
    Sie fasste mich an den Schultern und versuchte, mich zu beruhigen. »Du bist wach, Juliet. Was ist los?« Ihr sonst so schönes Gesicht war vor Sorge und Mitleid verzerrt.
    »Ich kann jetzt nicht reden.«
Was geschieht da mit mir? Was hat das alles zu bedeuten?
    Als die Gegensprechanlage ansprang, zuckten wir zusammen. Ich machte mich auf das Gekreische der Heimleiterin gefasst.
    »Wo steckst du, Juliet? Beweg dich sofort in mein Büro, du faules Stück.« Ihr Tonfall enttäuschte mich nicht.
    Also war ich eindeutig hellwach. Niemals hätte ich meine Rettung und die Heimleiterin in ein und denselben Traum eingebaut. Eher verdattert als verzweifelt befreite ich mich aus Nicoles Griff. »Schon gut. Ich erzähle es dir später.«
    »Gut, aber …« Sie schickte sich an, mir zu folgen, blieb aber stehen, als ich eine abwehrende Handbewegung machte.
    Da meine Füße nicht mit dem Rest von mir Schritt halten konnten, stolperte ich buchstäblich in das Büro der Heimleiterin. Ich bemühte mich um einen möglichst nichtssagenden und neutralen Gesichtsausdruck.
    Sie funkelte mich finster an. »Heute kommen drei neue Gäste an. Ich will, dass du ihre Zimmer vorbereitest. Aber pass auf, dass sie diesmal sauberer sind als letztens. Das hier ist ein anständiges Haus. Kapiert?«
    »Ja, Ma’am.« Ich wartete ab, denn ich wusste, dass ich mich nicht umdrehen und gehen durfte, bevor sie mich nicht wegschickte. Wieder einmal musste ich ans Militär denken, das ich vor einiger Zeit als letzten Ausweg für meine Zukunft ins Auge gefasst hatte. Schließlich war ich es gewöhnt, Befehle zu befolgen. Ich konnte, die Beine gerade und den Kopf hoch erhoben, stundenlang strammstehen, ohne mich zu rühren. Außerdem kam ich mit sehr wenig Schlaf aus. Das Problem war nur, dass die Streitkräfte sicher kein knapp sechzehnjähriges Mädchen aufnehmen würden.
    Fünf oder zehn Minuten vergingen. Mein Blick war auf das Fenster hinter dem Schreibtisch der Heimleiterin gerichtet. Ich wartete weiter. Sicher kam da noch etwas. Das war nämlich immer so.
    »Ms. Asura möchte, dass du sie anrufst«, sagte sie endlich, nachdem sie mich lange genug hatte

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