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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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war ihm fremd. Trotzdem! Sie hatte ihm etwas genommen, von dem er erst begriffen hatte, wie nötig er es brauchte, als es weg war. Und was vielleicht noch schwerer wog, sie hatte dem kleinen Schreihals etwas genommen, ohne das keiner zu einem vernünftigen Menschen heranwachsen konnte. Sie hatte es nicht verdient weiterzuleben.
Er nickte: «Natürlich will ich das. Warum, meinst du, hab ich sie mir sonst geholt?»
«Tu’s nicht, Hein», begann Ohloff zu betteln. «Damit hilfst du doch keinem. Du gehst nur zurück in den Knast. Irene hätte das nicht gewollt.»
Ihren Namen hätte Ohloff besser verschwiegen, er fuhr Merkel wie ein Messer zwischen die Rippen, schnitt ihm für Sekunden die Luft ab. Als er wieder atmen konnte, sagte er:
«Aber ich will es!»
Das stimmte nicht. Er wollte ganz etwas anderes. Noch einmal mit seiner Tochter am Frühstückstisch sitzen. Das konnte er nicht mehr haben. Sie in die Arme nehmen und ihr sagen, dass er sie liebte und brauchte und stolz auf sie war. Das konnte er auch nicht haben. Zurück in die Zelle und so tun, als ob es die beiden Jahre mit ihr nicht gegeben hätte. Aber das konnte er auch nicht haben, weil sich so eine Zeit nicht auslöschen ließ, das hatte er ja bereits einmal erlebt.
Als Ohloff schwieg und trotz Merkels letztem Satz nichts weiter unternahm, einfach nur neben dem Pfeiler stehen blieb, an dem er sich mit beiden Händen festhalten musste, keuchte Marina Zeiss noch einmal: «Helfen Sie mir doch, er ist verrückt, Sie müssen mir helfen.»
Ohloff schüttelte langsam den Kopf, es war nicht ersichtlich, ob er damit ihre Bitte ablehnte oder Merkels Vorhaben. Er schaute immer noch zu Merkel hin. Dann sagte er leise:
«Überlass es der Polizei, Hein. Was hast du davon, wenn sie dich wieder einsperren? Denk doch an den Kleinen. Dann hätte er gar keinen mehr. Du hast doch selbst erlebt, wie das ist, Hein. Du kannst nicht wollen, dass der arme kleine Kerl im Heim groß wird oder immer rumgestoßen von anderen.»
«Woher weißt du das?», fragte Merkel, obwohl die Antwort auf der Hand lag.
Ohloff gab sie ihm nicht, sagte stattdessen: «Irene hatte sich das so schön für dich ausgedacht mit der Wohnung und der Arbeit als Hausmeister. Da muss sich doch jemand drum kümmern, um das Haus. Es gibt wirklich noch eine Menge zu tun für dich, Hein.»
«Das ist nicht mein Bier», antwortete Merkel. «Der Junge hat noch ein Paar Großeltern, die werden sich um ihn reißen. Er ist nämlich jetzt reich, der Bengel. Und Brandes erbt auch, du glaubst nicht im Ernst, dass der mir einen Job als Hausmeister und eine Wohnung gibt. Ich kann es nicht der Polizei überlassen. Sie würden sich das Weib zwar gerne vornehmen, das würde nur leider nicht viel bringen. Ich erklär dir das später mal. Von mir aus kannst du jetzt abhauen. Ist vielleicht besser, wenn du verschwindest. Das hier ist allein meine Sache. Da hinten steht dein Auto, setz dich rein und fahr los. Scheint dir ja wieder besser zu gehen. Wenn du hier rumlaufen kannst, kannst du auch Auto fahren.»
«Tu ich auch», erklärte Ohloff beinahe trotzig. «Ich fahr zur Polizei, Hein, wenn du nicht vernünftig bist.»
Merkel lachte bitter. «Ich bin vernünftig, Junge. Vernünftig genug, um zu wissen, was ich tun muss. Die Polizei kann diesem Dreckstück überhaupt nichts. Sie wissen genau, dass sie es war, aber sie haben keine Beweise. Verstehst du? Keine Beweise! Ich brauche keine. Ich hab das hier.»
Er hielt den Dolch in die Höhe, senkte die Spitze wieder, bis er damit ihre Stirn berührte. «Ich werde Sie genauso abschlachten», murmelte er, «wie sie meine Tochter abgeschlachtet hat.» Auf ihrer Stirn erschien ein dünner, roter Streifen, als sie versuchte, den Kopf wegzudrehen.
«Hören Sie», stieß sie hervor, «ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich kenne Ihre Tochter gar nicht.»
Merkel hatte zwar gehört, dass sie etwas gesagt hatte, aber nicht verstanden, was. «Hau schon ab», sagte er zu Ohloff.
«Na los doch, du musst nicht dabei sein. Aber vielleicht verstehst du, dass ich es tun muss. Du hast Irene doch gut gekannt. Man kann das nicht so einfach hinnehmen, wenn einem alles weggenommen wird. Was hab ich denn jetzt noch?»
Ohloff nickte schwerfällig. Als er die linke Hand von dem Pfeiler löste und Anstalten machte, sich zum offenen Tor umzudrehen, begann Marina Zeiss wieder zu schreien. Immer noch in der höflichen Form, wie man eben mit einem Fremden spricht, den man um Hilfe bittet oder an dessen Mitgefühl man

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