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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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glänzenden Augen verengten sich leicht. »Hinundmanchmal
     nahkommen sie.« Die aufgerollten Schwänze auf seinem Rückgrat zogen sich eng zusammen. »Und mordschreien entsetzbar.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ehrlich, das verstehe ich nicht.« Ich schaute zur Decke und beobachtete, wie die Lichtwellen wie
     ein Wasserfall darüber flossen. »Warum wollen sie uns ermorden?«
    Hallia, die immer noch an ihrer Suppe nippte, sagte: »Weil sie Moorghule sind.«
    »Nein, nein, dahinter steckt mehr. Du hast doch diese Frau im Wald gehört. Nie zuvor haben sie sich so bösartig verhalten.«
    »Ehrlichwahr.« Der Ballymag strich seinen Schnurrbart. »Aber nunjetzt sind sie schlimmerviel bösgefährlich.«
    Bedrückt setzte Hallia die Schüssel ab. »Die Ghule sind gegenwärtig aus irgendeinem Grund vielleicht schlimmer. Aber sie waren
     schon immer der Fluch des Moors. Selbst in den alten Zeiten, als mein Volk zum brennenden Baum zog – selbst damals sorgten
     die Moorghule dafür, dass einige nie zurückkamen.«
    »Brennender Baum?«, fragte ich. »Was ist das?«
    »Ein Wunder«, antwortete sie. »Ein Baum tief im Herzen des Moors, der schon immer brannte, seit der Zeit, bevor das erste
     Kitz über dieses Land sprang.« Ihr fester Blick ruhte unverwandt auf mir. »Vor langer Zeit, als die Fincayraner noch ihre
     Flügel hatten, waren die Hirschmenschen zahlreich. So zahlreich, dass sie überall lebten, wo Gras wuchs – selbst, so heißt
     es, an den Küsten der vergessenen Insel fern im Westen. Außer einem Ort: diesem Moor. Aber wenn sie erwachsen geworden waren,
     kam jedes Hirschmädchen und jeder Hirschjunge allein hierher und sie verbrachten drei volle Tage beim brennenden Baum, um
     ihren Mut zu beweisen.« Sie runzelte die Stirn. »Obwohl die Moorghule nur bei Nacht umgehen, lauerten sie vielen auf.«
    »Ist das der Grund«, fragte ich leise, »warum der Brauch aufgegeben wurde?«
    Hallia schüttelte den Kopf mit dem offenen Haar und schaute zu Boden. »Das hatte, so erzählte mir mein Vater, mit der gleichen
     Niedertracht zu tun, die uns alle unsere Flügel kostete. Und während dein Volk dazu verdammt wurde, sich an den Sündenfall
     durch den Schmerz im Rücken, dort, wo die Flügel hätten wachsen können, zu erinnern, erhielt mein Volk eine andere Strafe.
     Uns droht der brennende Baum   – Symbol unserer verlorenen Tapferkeitund Freiheit – immerzu in unseren Träumen. Obwohl viele Generationen vergangen sind, seit Hirschmenschen hier durchzogen,
     heißt es, dass jeder von uns immer noch den Weg finden könnte, weil der Pfad in unseren Herzen verzeichnet ist.«
    Während ich ihren Worten nachsann, bewegte ich meine steifen Schultern. Zu meinem Ärger sprang mein Schatten weg von mir und
     tanzte über die leuchtenden Wände, schlug Rad und Salto und drehte sich so leicht wie ein wehender Samen. Obwohl sonst niemand
     seine Kunststücke zu bemerken schien, wusste ich, dass mein zweites Gesicht mich nicht trog. Dieser Schatten verspottete mich
     schon wieder! Ich wünschte, ich könnte ihn ganz von mir losreißen. Ja! Und ihn in den fernsten Teil des Moors werfen.
    Hallia hob den Kopf – gerade als der Schatten wieder an meine Seite sprang. »Jetzt verstehst du, warum mich das neueste Verhalten
     der Moorghule nicht überrascht. Sie sind schreckliche Geschöpfe. Wertlose Geschöpfe.«
    »Wertlos?« Das Wort ärgerte mich. »Bist du sicher?«
    »Du kennst sie nicht.«
    »Ich kenne genug andere.« Ich schürzte die Lippen. »Vor langer Zeit wurde ich im trostlosesten Land, das du dir vorstellen
     kannst, beinahe von einem Geschöpf getötet, das jeder, auch ich, für wertlos hielt. Aber später, als ich die Gelegenheit hatte,
     es zu zerstören, tat ich es nicht – weil ich etwas an ihm entdeckt hatte, das wertvoll, wirklich wertvoll war.«
    Ungläubig kniff sie die Augen zusammen. »Und welches Geschöpf war das?«
    »Ein Drache.« Langsam veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. »Derselbe Drache, der Gwynnias Vater wurde.«
    Sie schluckte. Dann sah sie mich lange verwundert an. »Junger Falke, eines Tages wird aus dir ein großartiger Zauberer.«
    »So hat man es mir prophezeit.«
    Ohne den Blick von mir zu wenden fing sie an ihre Locken zu flechten. »Ich habe es nicht unfreundlich gemeint. Aber ist es
     nicht immer noch dein Traum, ein Zauberer zu sein?«
    »Doch, doch. Nur scheint dieser Tage jeder andere meine Träume deutlicher zu sehen als ich.«
    Sie hielt mit dem Flechten inne. »Es sind immer

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