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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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das sich zwischen ihrer und Malashas Welt so leicht bewegen konnte wie Nebel zwischen Wasser und Luft.
    Bitte, Malasha. Atme wieder.
    Das silbrige Haar des Nebelmädchens zitterte, vom Atem ihrer Freundin bewegt. Dem Atem des Wals und der Möwe und der Schildkröte.
     Dem Atem, der jede seufzende Muschel füllte, der jede schaukelnde Welle antrieb. Dem Atem des Meeres. Dem Atem des Lebens.
    Plötzlich regte sich Malasha. Ihre Brust bewegte sich und hob sich ganz leicht. Ihre Finger fassten ShalliasHand. Ihre Augen öffneten sich und leuchteten im Licht der Sterne über den Wellen.
    Der Gesang begann wieder, hüllte sie ein, umarmte sie. Jetzt klang er nicht mehr verzweifelt, er jubilierte vor Freude. Endlich
     verstand Shallia: Der Gesang in dieser Welt war das Flüstern, das sie so oft in ihrer gehört hatte! Wie nie zuvor war sie
     umschlossen von der Musik dieser Welt, der Musik des Nebels.
    Shallia schaute ihre Freundin an. Sie wusste, dass sie sich jetzt nie mehr trennen würden. Und sie wusste, dass am Morgen
     die Menschen in ihrem Dorf nur noch eine flüchtige Fußspur im Sand finden würden.
    An der fernen Küste eines fernen Meers steigt der Nebel allnächtlich aus den sternenbeglänzten Wellen. Er breitet sich über
     dem dunkelnden Wasser aus und streckt dünne, zarte Finger zum Land. Und in dieser Nacht wie in vielen Nächten zuvor greift
     der Nebel zuerst nach einer einzelnen Stelle, einem einzelnen Fels – dem Fels, der immer noch als Shallias Stein im Gedächtnis
     der Menschen ist.

XVI
QUELJIES
    I ch hatte den Kopf an den Baumstamm gelehnt und glaubte immer noch das rhythmische Klatschen der Wellen an einer fernen Küste
     zu hören. Schließlich sagte ich zu Hallia: »Das war wunderschön.«
    »Ich bin froh, dass es dir gefallen hat.« Sie rutschte tiefer in ihre Höhlung zwischen den Wurzeln. »Es war eine der Lieblingsgeschichten
     meines Vaters. Er fühlte sich dem Nebel besonders nah, der so schwer zu lenken oder zu fassen ist.«
    »Sogar schwer zu definieren«, ergänzte ich. »Meine Mutter pflegte zu sagen, dass Nebel weder ganz Wasser noch ganz Luft sei,
     sondern etwas dazwischen.«
    Hallia nickte, während der Satz in meinem Kopf nachklang.
Etwas dazwischen.
Die gleichen Worte hatte meine Mutter auch gebraucht, um Fincayra zu beschreiben – an jenem Tag vor langer Zeit in unserer
     armseligen strohgedeckten Hütte. Und wie hatte sie es noch genannt?
Einen Ort vieler Wunder; nicht ganz auf der Erde und nicht ganz im Himmel, sondern eine Brücke, die beide verbindet.
    Seufzend schaute ich auf die leere Scheide hinunter und auf die Stelle, wo mir die Blutschlinge in die Brust gedrungen war.
     Meine Mutter hätte diese Insel auch einen Ort vieler Gefahren nennen sollen. Und der Wahlmöglichkeiten – von denen viele in
     einem Augenblick klar warenund im nächsten verschwunden wie ein Spiegelbild auf einem Teich, der plötzlich aufgewühlt wird.
    Im Dunkeln beugte ich mich zu Ector. »Hat dir die Geschichte gefallen, junger Freund?«
    Seine einzige Antwort waren langsame, rhythmische Atemzüge.
    »Bestimmt«, sagte Hallia trocken, »solange er wach war.« Sie gähnte. »Ein bisschen Schlaf ist tatsächlich keine schlechte
     Idee. Vielleicht sollten du und ich das Gleiche tun.«
    »Ja.« Einen Augenblick horchte ich auf das ferne Kreischen im Moor hinter den schützenden Bäumen. »Aber einer von uns sollte
     aufpassen. Ich übernehme die erste Wache.«
    »Willst du das wirklich?« Sie gähnte wieder. »Ich könnte es machen, falls du dich lieber ausruhst.«
    »Nein, du schläfst zuerst.« Ich zog die Knie an die Brust. »Ich wecke dich, wenn du an der Reihe bist.«
    Sie machte es sich bequem und legte den Kopf auf eine knorrige Wurzel. Kurz darauf atmete sie so langsam und gleichmäßig wie
     Ector. Ich setzte mich aufrecht an den Stamm. Um wach zu bleiben, übte ich mein zweites Gesicht an einer Reihe von Gegenständen
     – einem gezackten Dorn hier, einem Laubbüschel dort. Als ich auf eins der kleinen Astlöcher an einem dicken Zweig aufmerksam
     wurde, fuhr ich zusammen.
    Denn das Astloch, davon war ich überzeugt, hatte geblinzelt.
    Gespannt starrte ich auf die Stelle. Wieder blinzelte das Astloch – aber nein, doch nicht. Es war eher eine Bewegung innerhalb
     der dunklen Öffnung, ein Schatten imSchatten. Während ich hinschaute und kaum wagte mich zu bewegen, entzündete sich ein unbestimmtes, glänzendes Licht in dem
     Loch. Es leuchtete schwach – im selben stumpfen Orange wie

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