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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Kristallen im unterirdischen Heim des Ballymags funkelten
     sie hier in mehr Farben, Formen und Größen, als ich je gesehen hatte. Vorsichtig fuhr ich mit den Fingern über die Facetten.
     Manche mit scharfen Ecken stachen mir in die Haut; andere, sanft gebogen, fühlten sich so glatt an wie Eiszapfen. Jeder Kristall
     leuchtete farbig – manchmal in verschiedenen Farben zugleich – und alle glitzerten und schimmerten ständig. DieWände tanzten in Licht und Bewegung, leuchtend wie Regenbogen, veränderlich wie Wasserfälle.
    Kristalle hatten mich schon immer bewegt und ein Licht in mir entfacht, das so hell war wie sie. Doch hier strahlten Kristalle
     jenseits meiner lebhaftesten Vorstellung. So viele von ihnen umgaben mich – jeder so unergründlich, so prächtig, dass er lebenslanges
     Nachsinnen wert war. Und jeder mit einem eigenen Licht und einem eigenen Geheimnis gesegnet.
    »Nun denn«, der Alte hatte mich beobachtet. »Wie gefällt es dir?«
    Er stand an der Wand, seine langen Haupt- und Barthaare leuchteten nicht weniger als die Kristalle. Er stützte sich auf einen
     Stock, der meinem eigenen glich, aber wesentlich knorriger und gefurchter war. Erschrocken merkte ich, dass es mein eigener
     Stock
war,
mit Dutzenden zusätzlicher Runen, Symbole – und etwas wie Zahnspuren bedeckt. Unter all den neuen Zeichen konnte ich jedoch
     immer noch die sieben Symbole der Weisheit erkennen, die ich mit so vielen Mühen errungen hatte.
    »Wie gefällt es dir?«, wiederholte er mit einer Handbewegung. »Vielleicht ein bisschen überfüllt, aber insgesamt nicht unbehaglich.«
    »Es ist großartig.« Ich grinste andeutungsweise. »Man könnte sogar sagen . . . unvergleichlich.«
    Er verneigte sich leicht und schwang dabei die Falten des dunkelblauen Umhangs über seiner Tunika, auf dem gestickte Sterne
     leuchteten. Aber weit eindrucksvoller als der Schwung seines Capes war die Bewegung der großen dunklen Form hinter ihm: seines
     Schattens. Majestätisch glitt er über die gegenüberliegende Wand und strecktesich fast bis zur Decke. Noch überraschender war für mich, dass der Schatten vollkommen gehorsam schien und sich genau gleichzeitig
     mit dem Mann verbeugte.
    Mit dem Zauberer. Denn das, wusste ich jetzt, war er wahrhaftig – und das konnte eines Tages ich werden. Ich schaute auf meinen
     eigenen Schatten, so viel kleiner als seiner. Zu meinem Ärger winkte er mir spöttisch mit der Hand. Ich kniff rachsüchtig
     die Augen zusammen, aber mehr konnte ich nicht tun. Meine Stunde würde noch kommen. Immerhin hatte ich jetzt die Hoffnung,
     dass selbst sehr langes Warten eines Tages belohnt würde.
    »Also«, erklärte der Zauberer, »lasst uns das Festmahl beginnen.«
    Als Artus eifrig nickte, drückte der Alte die Handflächen zusammen und flüsterte ein geheimes Kommando. Im nächsten Moment
     tauchte ein Kiefernholztisch – kreisförmig! – in der Mitte des Bodens auf. Drei Hocker aus poliertem Holz standen um ihn herum.
     Der Alte betrachtete seine neuen Möbel beifällig und drückte wieder die Hände zusammen. Ein Strauß blauer glockenförmiger
     Blumen erschien auf einer Seite des Tischs, ein Korb mit dicken goldenen Äpfeln auf der anderen. Der nächste Händedruck beschwor
     die verschiedensten Düfte herauf. Ich roch Brathähnchen, Fleischpastete, gebutterte Bachforelle, frisch gebackenes Brot und
     sogar das Lieblingsgericht meiner Kindertage, Brotpudding. Ich roch sie, konnte sie aber nicht sehen. Denn nur die Gerüche
     waren da.
    »Ferkel und Federkiel!« Mein älteres Ich knurrte entmutigt und drückte wieder die Hände zusammen, diesmal so kräftig, dass
     seine Schultern bebten und seine Wangen eine scharlachrote Färbung annahmen. Als erkein Ergebnis sah, hörte er auf. Dann zischte er keuchend: »Manchmal frage ich mich, warum ich nicht einfach nach althergebrachter
     Art koche.«
    Artus, der halb verhungert aussah, schaute ihn finster an. »Du kannst nicht kochen, deshalb.«
    »Äh . . . ja, nun, da ist was dran.« Er schüttelte sich. »Fürs Althergebrachte hatte ich sowieso noch nie viel übrig.« Er
     runzelte die Brauen, starrte auf den Tisch, murmelte ein paar Sätze und drückte wieder die Handflächen zusammen.
    Diesmal zauberte er das Essen auf die Kiefernholzplatte. Alle Köstlichkeiten, die ich gerochen hatte, tauchten auf, dazu viele
     weitere. In großen Flaschen gab es Wasser und Wein (und ein dunkles, schäumendes Gebräu, das mir kaum trinkbar erschien).
     Auf einem

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