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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Augen. Sie gehörten einem alten Mann, ungeheuer
     alt nach seinem Aussehen, der mit gekreuzten Beinen auf den Steinen saß. Selbst im schwachen Licht der Kammer wirkte sein
     wallendes Haupt- und Barthaar weißer als weiß. Fast – weiß glühend. Sein Bart, verfilzt und struppig, fiel wie ein leuchtender
     Umhang über seine Schenkel und auf den Boden.
    »Ja, mein Junge«, fuhr er fort, seine Worte knisterten wie brechende Zweige. »Als diese unerklärlichen Nebel dich ausspuckten
     . . .« Er unterbrach sich mitten im Satz und sah plötzlich verwirrt aus. »Richtiger wäre, diese Nebel sind unbeschreiblich,
     würdest du mir nicht zustimmen? Und zugleich unermüdlich – wenn wir der Übereinstimmung wegen bei Adjektiven mit dem Präfix
un
bleiben, was im Lateinischen dem
in
entspricht, einem von Cäsars dauerhafteren Beiträgen. Oder vielleicht
könnte
man sagen, die unbestimmten Nebel spuckten dich aus, oder warst vielmehr du es, der die Nebel ausspuckte? Die unverdaulichen
     Nebel? Nein, nein, das ist Unsinn. Wie spuckt man überhaupt Nebel? Obwohl ich glaube, ein Springbrunnen tut es, was was?«
    Ector wollte etwas sagen, aber der Alte schüttelte den Kopf und warf einen kleinen gelben Schmetterling ab, der über seinem
     Ohr gesessen hatte. »Ein Ausdruck, der im keltischen Sprachgebrauch undenkbar ist, das das – ich meine was was. Ohne die geringste
     linguistische Logik! Wie so vieles in der Umgangssprache: völlig unbegreiflichund zuweilen ohne jeden Zusammenhang. Ich habe ihn mir zu meiner Zeit an den königlichen Höfen von Gramarye angewöhnt, was
     was.«
    Er zog die starken Augenbrauen zusammen. »Also dann, was sagte ich gerade? Und . . . sagte ich es jetzt? Oder damals?« Seine
     Verwirrung wuchs. Er packte eine Hand voll Barthaare, steckte sie in den Mund, kaute einen Moment und spuckte sie dann aus.
     »Also sag mir jetzt, wo waren wir?«
    Ich legte den Kopf schief und staunte immer mehr über diesen alten Schwätzer.
    »Wir sagten gerade«, antwortete Ector, »dass mein Freund hier fast gestorben wäre.« Finster betrachtete er mich. »Du hattest
     deinen letzten Atemzug getan, junger Falke. Da bin ich mir sicher. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, aber mein Meister
     hat diese Blutschlinge glatt aus dir herausgezogen.« Seine Augen glänzten vor Mitgefühl, dann kniff er sie zusammen. »Die
     Schlinge war dicker als ein Seil, ganz mit Blut durchtränkt.«
    Schaudernd legte ich die Hand an die Brust. Die Haut fühlte sich empfindlich an, als wäre mein Brustkasten stark aufgeschürft
     worden. Alles unter meinen Knochen war ebenfalls empfindlich – obwohl meine Brust wieder heil schien, heiler, als sie lange
     Zeit gewesen war.
    Ector schaute stolz den Alten an, der damit beschäftigt war, sich ein paar Barthaare aus dem Mund zu ziehen. »Ich habe dir
     ja gesagt, dass er ein Heiler ist.«
    »Du meinst«, fragte ich ungläubig, »dass
er
es getan hat?«
    Der Junge nickte.
    »Dieser Kerl ist dein Meister?«
    Ector sah mich mit schiefem Lächeln an. »Derselbe Kerl, von dem du sagtest, er hätte den Mut eines neugeborenen Hasen und
     die Weisheit eines Esels.«
    Ich zuckte zusammen. Zu meiner Erleichterung schien der Alte, der immer noch mit seinem Bart zu tun hatte, Ectors Bemerkung
     nicht gehört zu haben. Mit Mühe stützte ich mich auf die Ellbogen. Unter den Rippen spürte ich mein Herz kräftig schlagen.
     Ich versuchte eher dankbar als überrascht auszusehen und schaute dem Alten direkt ins Gesicht. »Du hast mir das Leben gerettet
     und ich danke dir dafür.«
    Gleichgültig kratzte er sich an der Nase. »Nicht der Rede wert, mein Junge. Ich hatte schon immer meine Schwierigkeiten mit
     Leuten, die Anstalten machen, auf meinem Boden zu sterben. Absolut ungehörig, weißt du – sogar unanständig. Das ist nicht
     persönlich gemeint, wohlgemerkt . . . aber ich bin sicher, du verstehst das. So eine grässliche Schweinerei, was was.«
    Immer noch unsicher, was ich von ihm halten sollte, nickte ich respektvoll. »Ich, äh, verstehe.«
    »Gut«, erklärte er und kratzte sich an der Nasenspitze. »Das ist wesentlich mehr, als ich die meiste Zeit von mir behaupten
     kann.« Er schlug die runzligen Hände zusammen und sah Ector erwartungsvoll an. »Nun dann.« Kurz flog wieder ein Schatten der
     Verwirrung über sein Gesicht. »Nein, nein. Sagen wir lieber nur nun. Weniger . . . irreführend. Also dann, nun. Grillen und
     Grünkohl! Du meine Güte. Sag mir bitte nur eins – etwas sehr

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