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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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eine Seegurke, schleimig und aufgedunsen, lag über
     meiner Hüfte. Und dort saß Hallia und lachte mich an. Sie lehnte sich an ein knorriges Stück Treibholz, den Rücken hatte sie
     den Wellen zugewandt, die an den Strand mit dem schwarzen Kristallsand rollten. Sie versuchte ihre Belustigung zu unterdrücken
     und wandte sich rasch ab.
    »In Dagdas Namen!«, fluchte ich und stemmte mich aus der flachen Pfütze. Als ich aufstand, lief Wasser aus meiner Tunika und
     tropfte in meine Stiefel. »Von allen Orten, an denen man landen kann   …«
    Hallia schaute mich an – und wieder weg. »Du wirst schon noch trocken«, sagte sie ruhig und betrachtete lange die wallende
     Nebelwand hinter den Wellen. »Hier ist es heißer, als du glaubst.«
    Ich rieb die empfindliche Stelle an meinem Hals und überlegte, was Hallia meinte. Der Schmerz von den Stachelndes Seesterns ließ nach, der Geruch – wie nach Knoblauch, aber kräftiger – jedoch nicht. Und das Reiben verstärkte ihn noch.
     Er umgab mich und übertrumpfte sogar den salzigen Atem des Ozeans. Vielleicht ließ er sich abwaschen; ich beugte mich über
     die Flutlache und spritzte mir Wasser auf die Haut.
    »Warte ein bisschen«, Hallia schaute immer noch in den Nebel. »Der Geruch eines violetten Spitzstachels hält nicht lange an.
     Du hast Glück, dass es kein gelber war. Ihr Gestank verfliegt erst nach Tagen. Und an diesem Strand wimmelt es von ihnen.«
    Ärgerlich schaute ich zu ihr hinüber. »Woher weißt du so viel über Seesterne? Und diesen Ort?«
    Sie betrachtete mich aus Augen, die sanfter als der Nebel waren. »Weil das der Ort meiner Kindheit ist. Bevor meine Sippe,
     die Mellwyn-bri-Meath, in die Wälder des Westens zog.«
    »Deiner   … Kindheit?« Das Wasser platschte in meinen Stiefeln, als ich zu ihr trat. »Weißt du das genau? Diese Insel hat so viele Strände.«
    »Nicht mit solchem Sand.« Sie streifte mit den Fingern durch die dunklen Kristalle. Dann hob sie den Blick zu etwas hinter
     mir. »Nicht mit solchen Klippen.«
    Ich drehte mich um und sah eine Reihe steiler Klippen, so schwarz wie der Sand zu unseren Füßen. Sie standen so drohend da
     wie eine Gruppe toter Bäume. Obwohl die Sonne noch ein gutes Stück über dem Horizont war und hell schien, waren auf den Klippen
     nur Schatten über Schatten zu sehen. An mehreren Stellen stiegen dünne Rauchfahnen zum Himmel.
    Ich fröstelte, nicht nur wegen der nassen Tunika an meinemRücken. »Die rauchenden Klippen. Von denen Domnu geredet hat.«
    »Wo das Orakel liegt – unter anderem.«
    Mit dem großen Zeh grub Hallia eine Muschelschale aus und drehte sie im Sand herum. Sofort kam ein langes graues Bein aus
     der Schale und schob sich zur Seite. Innerhalb von Sekunden drehte sich die Muschel herum – mit einem Seewasserspritzer als
     Dreingabe. Hallia schaute zu und lächelte wehmütig. »Es war ein guter Ort zum Leben. Voller   … Gefährten. Sogar jetzt sind sie noch da.«
    »Gefährten?« Ich schaute wieder zu den bedrohlichen Klippen, dann über den dunklen Küstenstreifen. »Bis auf die Muscheln und
     Seesterne ist hier niemand außer uns.«
    »Ach, nein?« Sie zögerte lange. Schließlich schüttelte sie den Kopf, dass das Sonnenlicht in ihrem offenen Haar funkelte.
     »Meine Angehörigen sind hier.«
    »Aber hast du nicht gesagt, sie sind weggegangen?«
    »Das stimmt – bis auf die, deren Fährten schon in den Sand geschmolzen waren.«
    Verwirrter als zuvor atmete ich tief die salzige Luft ein. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    Sie zeigte auf die Klippen. »Gebrauche deine Hirschaugen, Merlin. Nicht deine Menschenaugen.«
    Ich drehte mich um und ließ mein zweites Gesicht über die Klippen schweifen. Ihre Schatten erkunden. Ihre Ränder spüren. Das
     Klatschen der Wellen hinter mir erstarb langsam und verwandelte sich in ein anderes Geräusch – irgendwie näher und zugleich
     weiter entfernt. Klopfend. Trommelnd. Wie ein unaufhörlich schlagendes Herz, ein unaufhörlich stampfender Huf.
    Mit der Zeit unterschied ich ein schwaches Netz aus Linien, das über die senkrechten Hänge gespannt war. Die Linien liefen
     in alle Richtungen, sie folgten jedem Heben und Senken der Klippenumrisse. Konnten es alte Pfade sein? Von zahllosen Hufen
     in zahllosen Jahren ausgetreten?
    Und   … Vertiefungen. Höhlen. Dunkler als die Schatten. Voller Geheimnisse und noch etwas anderem.
    Ich nickte, endlich verstand ich. »Deine Vorfahren sind noch hier.«
    Mit der Anmut eines

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