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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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geflügelte Gestalt, hob das tropfende, wirre Knäuel zur Lichtung herauf und legte es sanft neben uns.
    Scullyrumpus hüpfte herüber und zupfte an Rhias nassem Haar. Zu meiner Erleichterung hob sie den Kopf und rieb die Nase an
     der des kleinen Tiers. Jämmerlich seufzend wälzte sie sich auf dem Gras herum. Obwohl sie zu schwach war, um aufzustehen,
     schüttelte sie verärgert die durchweichten Blätter an ihren Armen, dann riss sie die Gurte auf und warf den ganzen Apparat
     ab.
    »Was nützt es, Flügel zu haben«, schimpfte sie und rieb sich die Stirn, »wenn sie nicht zusammenhalten?«
    Ich legte die Hand auf ihre durchweichte Schulter. »Ich bin froh, dass
du
zusammengehalten hast.«
    »Ich auch.« Hallia untersuchte eine Wunde an Rhias Hals.
    »Und ich.« Shim bückte sich und betrachtete die zerbrochenen Flügel. »Du sein voller Verrücktheit, Rhia, genau wie dein Bruder.«
    »Oh nein!« Rhia zog einen abgebrochenen Weidenschössling aus ihren Locken. »Er ist viel schlimmer als ich.«
    Ich grinste, als Scullyrumpus mit seiner Piepsstimme ergänzte: »Viel schlimmer ist er. So vielmalviel schlimmer! Aber Rhia
     ist auch ungeschickt! Huu-huu-huu, ungeschickte Frau! Heka-chika-chha-ha-ha.«
    Immer noch kichernd kletterte er ihren Ärmel hinauf,wobei er die Ranken ihres Gewands als Leiter benutzte. Rhia sprühte ihm Wassertropfen ins Gesicht. »Werd bloß nicht frech,
     Scully. Ich bin immer noch dein liebstes Fortbewegungsmittel, vergiss das nicht.«
    »Außer wenn du Flügel trägst!«, antwortete er schlagfertig. »Halte dich beim Fliegen lieber an die Ranken, sagesag ich.« Mit
     flatternden Ohren verzog er sich in ihre Ärmeltasche, bevor sie ihn wieder nass spritzen konnte.
    Ich kniete mich neben sie. »Ist etwas gebrochen?«
    »Nein. Nur ein paar Schürfwunden und Beulen.« Sie betrachtete das zerbrochene Fluggerät neben sich. »Ich hatte wirklich gehofft,
     dass es funktioniert.«
    Entschlossen stand sie auf. Während sie den Feuerball aufhob und an ihrem gewebten Gürtel befestigte, sagte sie dankbar: »Wenigstens
     habe ich daran gedacht, ihn abzunehmen. Wenn ich ihn zerbrochen hätte . . . nun, das wäre
wirklich
ein Unglück gewesen.«
    Ich drückte ihren Arm. »Rhia, es gibt ein anderes Unglück. Mutter ist in Gefahr.« Sie richtete sich auf und schaute mich ernst
     an, während ich fortfuhr. »Stangmar – er ist geflohen. Und er sucht sie.«
    Rhia zitterte am ganzen Leib. »Wir wollten uns morgen Abend in Caer Aranon treffen, dem Dorf östlich von hier am großen Fluss.
     Cairpré wird bei der Eröffnung des Dorftheaters ein Gedicht lesen.« Sie holte tief Luft. »Stangmar! Wir müssen sie warnen.«
    »Ja.« Mit einem Blick auf Hallia und einem auf Shim räusperte ich mich. »Aber zuerst gibt es noch etwas, das ich euch erzählen
     muss. Euch allen.«
    Ein Windstoß überschüttete die Lichtung mit den raschelnden welken Blättern einer Linde. Während das Laub aufs nasse Gras
     sank, beschrieb ich meine Vision aus dergestrigen Nacht. Ich erzählte von den schweren Wolken, der Spannung in der Luft, von Dagdas sorgenvollem Antlitz und seiner
     Warnung vor der längsten Nacht des Winters. Und ich zitierte seine bedenklichen Abschiedsworte:
Fincayras Schicksal war nie zweifelhafter. Du magst Einheit in Trennung finden, Stärke in Schwäche und Wiedergeburt im Tod,
     aber selbst das reicht vielleicht nicht, um unsere Welt zu retten. Denn zu bestimmten Zeitenwenden ist alles in Wahrheit verloren,
     wenn alles in Wahrheit gewonnen ist.
    »Zu bestimmten Zeitenwenden . . .«, wiederholte Hallia mit belegter Stimme. »Es ist ein schlimmer, schlimmer Traum.«
    »Und ein verwirrender«, fügte Rhia hinzu, während ein welkes Blatt aus den Zweigen herunterwirbelte und auf ihrer Schulter
     landete.
    Ich stampfte mit dem Stiefel auf die nasse Erde. »Es war keineswegs ein Traum! Das Ganze war so wirklich wie Shim hier.«
    »Jetzt wünschen ich, dass ich ein Traum sein«, murmelte der Riese, sein Atem blies noch mehr Laub herunter. »Was werden wir
     tun?«
    Ich ging zum Rand der Klippe. Während ich die Spitze meines Stocks in den Lehm drehte, schaute ich über den munteren Bach,
     der so voller Licht und Klang war wie der Frühling, so zauberhaft wie das Land, das er durchfloss. Dann wandte ich mich wieder
     an meine Freunde. »Wir werden retten, was wir lieben! Rhia, ich will, dass du mit mir zu dem Dorf gehst, wo wir Mutter warnen
     können. Und ich werde Cairpré von der Vision erzählen. Gebildet wie

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