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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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brennender Fackeln zu den heiseren Schreien von Goblins. Und im Süden
     flackerten gespenstische Lichter, die mich tiefer erschauern ließen als der Wind.
    An den Hängen über dem Cañon entdeckte ich einige Häusergruppen, die einmal Dörfer gewesen waren. Eine seltsame, unbestimmte
     Sehnsucht stieg in mir auf. Könnte ich als kleines Kind in einem dieser Dörfer gelebt haben? Würde dieses Land zumindest ein
     paar Reste meiner verlorenen Erinnerung wecken, wenn ich es im Licht sehen könnte? Aber die Dörfer drunten waren so dunkel
     und still wie meine eigene Kindheit. Keine Feuer brannten in den Häusern; keine Stimmen drangen von den Plätzen.
    Ich bezweifelte, dass sich in diesem Gelände noch Arbeiter wie Honn abmühten, wie es ihre Vorfahren jahrhundertelang vor dem
     Aufstieg von Stangmar und dem Beginn der nie endenden Dunkelheit getan hatten. Noch geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass
     irgendwelche Gärtner an solchen Orten überlebt haben könnten. Denn das Land von T’eilean und Garlatha hatte sich wenigstens
     noch ans Dämmerlicht geklammert, während das Gelände hier unten in ständiger Finsternis lag.
    Die Dunkelheit wurde tiefer und drückte auf uns wie eine schwere Decke. Ich spürte, wie der schnelle Herzschlag des Falken
     durch die Venen des Vogelhalses pulsierte. Zugleich wurden die Flügelschläge etwas langsamer, als würde die Dunkelheit den
     Flug genauso hemmen, wie sie die Sicht erschwerte.
    Der Merlin stieg jetzt nicht mehr. Immer öfter stockte der Flügelschwung, manchmal vollendete er einen Schlag nicht, manchmal
     ließ er ihn ganz aus. Während der kalteWind böig wurde, schwankte Verdruss unsicher. Er streckte den Kopf von einer Seite zur anderen und schien verwirrt, als wollte
     er sehen, was nicht zu sehen war. Er hatte Mühe, seinen Kurs zu halten.
    Ich umklammerte meinen gefiederten Freund. Wie konnte Verdruss uns sicher in das ständig rotierende Schloss bringen, wenn
     er so schlecht sah? Vielleicht zielte Domnus letzte Warnung, es sei leichter, zum Schloss zu kommen als hinein, darauf ab.
    Mit jäher Angst wurde mir klar, dass mein zweites Gesicht unsere einzige Hoffnung war. Ich mit meinen blinden Augen musste
     es schaffen, für den Falken mitzusehen! Mein zweites Gesicht wurde jedes Mal schwächer, wenn das Licht um mich herum nachließ,
     aber diesmal musste ich das verhindern. Vielleicht brauchte das zweite Gesicht doch kein Licht. Vielleicht konnte ich trotz
     der Finsternis sehen. Ich nahm alle Energie zusammen. Ich musste versuchen die Dunkelheit zu durchdringen.
    Minuten vergingen. Ich merkte keinen Unterschied. Und wie könnte ich? Nie zuvor hatte ich bei Nacht sehen können, noch nicht
     einmal als meine Augen noch gesund waren. Wie kam ich auf die Idee, es wäre jetzt zu erzwingen?
    Doch ich versuchte weiter mit meinem geistigen Auge die Finsternis zu durchdringen. Hinter das Grau, hinter die Schatten zu
     sehen. Die Leere des Dunkels zu füllen, genau wie Rhia mir gezeigt hatte, wie man die leeren Räume zwischen den Sternen füllt.
    Inzwischen wurde der Flug des Falken immer zielloser und ungleichmäßiger. Seine Flügel schlugen mühsam,während uns heftige Winde peitschten. Der Vogel zögerte, wechselte die Richtung, zögerte wieder.
    So allmählich, dass ich die Veränderung zuerst gar nicht bemerkte, ahnte ich Bilderfetzen durch die tiefer werdende Schwärze.
     Eine Biegung in einem Hügelkamm. Eine Vertiefung, die einmal ein See gewesen sein könnte. Eine kurvenreiche Straße. Eine ungleichmäßige
     Linie, die nur eine Steinmauer sein konnte.
    Dann entdeckte ich etwas Sonderbares tief unter uns. Einen unbestimmten, zuckenden Schimmer auf einem fernen Hügel. Er schien
     sich zu bewegen und zugleich an einer Stelle zu bleiben, sowohl hell wie dunkel zu sein. Ich war mir noch nicht einmal sicher,
     ob er wirklich existierte. Ich griff tief ins Nackengefieder und drehte den Vogelkopf auf diesen Punkt zu. Verdruss widersetzte
     sich zuerst, doch dann veränderte er den Winkel seiner Flügel. Langsam wechselte er die Richtung.
    Ich erkannte einen riesigen Bau. Wie ein schwarzes Nachtgespenst stand er auf einem hohen Hügel. Ich glaubte merkwürdige Lichtringe
     an seinen Seiten und so etwas wie Zinnen auf seinem Dach auszumachen. Die böse Vorahnung, die ich in Domnus Behausung gespürt
     hatte, verstärkte sich angesichts dieses Gebäudes ums Hundertfache. Doch ich drückte fest auf den Vogelhals und steuerte uns
     darauf zu. Inzwischen akzeptierte

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