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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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es war zu seinem eigenen Besten.«
    Verdruss pfiff wieder seinen Protest.
    »Und zu meinem eigenen Schutz! Als ich ihm sagte, dass ich nicht daran interessiert bin, seinen Freund zu finden, stürzte
     er sich auf mich. Versuchte mich anzugreifen! Ich hätte ihn auf der Stelle in einen Wurm verwandeln können, aber ich beschloss
     ihn zu behalten für den Fall, dass er bessere Manieren lernt. Jedenfalls kann er uns jetzt nützlich sein.«
    Verblüfft hoben Verdruss und ich zugleich den Kopf.
    »Ich muss euch allerdings warnen«, fuhr Domnu fort. »Ich kann euch zwar zum Schloss bringen, aber ich kann euch nicht
hineinbringen.
Das müsst ihr allein machen. Vom Herauskommen ganz zu schweigen.«
    Sie linste in die Tasche mit dem Galator. »Da ich dich nicht wieder sehen werde, erlaube mir dir zu danken, dass du mir das
     gegeben hast.«
    Ich seufzte, aber das vertraute Gewicht auf meiner Schulter milderte meine Trauer. Ich zeigte auf den Vogel. »Und ich danke
     dir, dass du mir ihn gegeben hast.«
    Domnu glitt zu uns herüber. Während Verdruss sie argwöhnisch beobachtete, legte sie ihre Hände auf meinen und Shims Kopf.
     Mit dem gleichen konzentrierten Blick, mit dem sie die Schachfiguren geschrumpft hatte, fing sie an zu murmeln.
    Plötzlich spürte ich, wie ich kleiner wurde. Shim schrie, und Domnu rief Verdruss irgendwelche Anweisungen zu. Mit einem Mal
     saß der Falke nicht mehr auf meiner Schulter. Stattdessen war ich es, der auf seiner gefiederten Schulter saß und hoch über
     die dunklen Hügel flog.

XXXIV
FLUG
    W ährend wir durch die Dunkelheit flogen, hielt ich den Hals des Merlins fest umschlungen. Am Winkel des Vogelrückens sah ich,
     dass wir ständig an Höhe gewannen. In einer Hand hatte ich den Stock, der jetzt fast so klein war wie ich. Wo mochte Shim
     in diesem Augenblick sein? Hoffentlich in Sicherheit.
    Eisige Luft wehte uns so kräftig entgegen, dass meine blicklosen Augen tränten und mir Tropfen über Wangen und Ohren liefen.
     Die Halsfedern zitterten bei jedem Windstoß und streiften mir über Gesicht und Hände. Jetzt, wo ich nicht größer war als der
     Vogelkopf, sah ich, dass die Falkenfedern ganz anders waren als das weiche, flaumige Gefieder, das ich immer nur bemerkt hatte.
     Jeder Kiel war biegsam wie ein Ast und hart wie ein Knochen.
    Allmählich wurden die Bewegungen des Körpers, der mich trug, zu meinen eigenen. Mit jedem Aufschlag der mächtigen Flügel atmete
     ich ein. Mit jedem Abwärtsschlag atmete ich aus. Ich spürte, wie die Schulter- und Rückenmuskeln des Vogels sich vor jedem
     Schlag anspannten und dann mit überraschender Kraft arbeiteten.
    Während des Flugs horchte ich angestrengt auf jeden Laut in der Schwärze. Überrascht merkte ich, wie wenig Geräusch die Flügelschläge
     machten. Nur ein leisesZischen begleitete jeden Abwärtsschlag, ein kaum wahrnehmbares Knacken der Schulterknochen jeden Aufschlag.
    Zum ersten Mal in meinem Leben kostete ich die Freiheit des Fliegens. Die Finsternis ringsum verstärkte noch das Gefühl, ohne
     Einschränkungen, ohne Grenzen dahinzugleiten. Mit dem Wind im Gesicht erlebte ich zumindest eine Andeutung des grandiosen
     Abenteuers, das die Menschen von Fincayra einst gekannt und dann verloren hatten – ein Abenteuer, an das sich nicht mein Gedächtnis,
     sondern meine Knochen erinnerten.
    Der Wind wechselte die Richtung und unter den Klauen des Vogels wurde ein schwaches Wimmern hörbar. Verdruss trug also noch
     einen zweiten Passagier, genau wie er an einem anderen Tag eine Feldmaus transportieren mochte. Und ich wusste, dass Shim,
     jetzt noch kleiner als klein, so verzweifelt wie eine Maus sein musste, die gleich gefressen werden würde.
    Ich versuchte mein zweites Gesicht bis zur Grenze und darüber hinaus zu dehnen. Ich wollte die Dunkelheit durchdringen, die
     dichter zu werden schien, je weiter wir kamen. Doch ich spürte die Grenzen meiner Sehkraft stärker als ihre Möglichkeiten.
     Die Nebel des Schlosses quollen über die dunklen Hügel und hüllten sie genauso ein wie uns drei. Denn wir flogen in das Land
, wo die Nacht niemals endet,
wie Rhia es einmal ausgedrückt hatte.
    Mit Mühe erahnte ich die Umrisse der Hügel unter uns. Keine Bäume sprenkelten dieses Gelände, keine Flüsse streiften seine
     Hänge. Einmal hatte ich das Gefühl, das Land würde in einen steilen, aber engen Cañon abfallen, und ich hörte einen schwachen
     Schrei, den ich einemAdler zuschrieb. Im Norden leuchtete eine dichte Gruppe

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