Merlins Drache 01 - Basilgarrad
war.
Gleich links von ihm standen vier Leute mit strengen Gesichtern, drei Männer und eine Frau, deren Augen wie heiße Kohlen glühten. Das waren Flamelons, Feuerleute. Aus dem versengten Reich von Feuerwurzel. Basil fragte sich, ob sie wirklich Rhita Gawr verehrten. Angeblich ignorierten sie den Eroberungsdrang des Kriegsherrn und betrachteten ihn als etwas Gutes – eine Kraft der Erneuerung.
Plötzlich zuckte er zusammen. Dort, hinter den Flamelons, war ein Mann, der tatsächlich in Flammen stand! Sein muskulöser Körper mit den breiten Flügeln, die aus seinem Rücken ragten, brannte in einem hellen Orange, zischte und knisterte – als wäre er mehr aus Flammen als aus Fleisch gemacht. Basil ließ denMann nicht aus den Augen, während er auf die andere Seite des Felsklotzes zurückwich. Anders als die Flamelons mit den grimmigen Gesichtern sah dieser Mann äußerst friedlich aus.
Er kommt mir vor,
dachte Basil,
wie ein Engel. Ein Feuerengel.
Nicht weit entfernt rangen zwei Hoolahs miteinander im Schnee. Sie stießen und traten, schleuderten Schneeklumpen, stachen wild mit Eiszapfen und zerrissen einander die riesigen Tuniken – wobei sie die ganze Zeit hysterisch lachten.
Hoolahs
, dachte Basil bedrückt. Weil er ihnen in Waldwurzel ein paar Mal begegnet war, wusste er, dass sie keinen Sinn für Würde, für Ehre hatten – eigentlich waren sie völlig unsinnig.
Er wandte sich zur anderen Seite seines Felsklotzes und hielt den Atem an. Noch mehr geflügelte Leute! Auch wenn auf ihren Körpern keine Flammen tanzten, sahen sie geradeso majestätisch aus wie der Feuerengel. Und zugleich mehr wie sterbliche Männer und Frauen.
Adlermenschen! Basil erkannte sie nach allem, was er gehört hatte. Sechs von ihnen standen beieinander und raschelten mit ihren mächtigen Flügeln. Ihre gelb umrandeten Augen strahlten einen wilden Stolz aus, ihre starken Krallen hatten den Schnee gepackt. Viele Federreihen, ganz silbern bis auf die roten Spitzen, schimmerten im Licht von Avalons Tagessternen. Basil kam sich plötzlich unzulänglich vor und zog die zerknitterten kleinen Flügel fester an den Rücken.
Was hat es für einen Sinn, Verwandte zu suchen?,
dachte er niedergeschlagen.
Sie hätten keinen eingeladen, der aussieht wie ich! Diese Hochzeit ist etwas für gewaltige Leute wie Engel und Adler, Riesen und Einhörner.
Dann sah er auf seiner Seite des Steins ein Paar rostfarbene Käfer krabbeln. Einer hatte einen gebrochenen Flügel, der lose von seinem Rücken hing, der andere schien so alt und gebrechlich zu sein, dass er kaum die Beine bewegen konnte. Doch sie waren da, sie bestiegen einen kleinen Schneehügel auf dem Felsklotz, sie strengten sich an, eine bessere Aussicht zu bekommen.
Mit einem Schubs seines Schwanzes half Basil ihnen, den kleinen Hügel zu erklimmen. Der ältere Käfer winkte zum Dank mit einem Flügel und Basil erwiderte das mit einem höflichen Nicken. Da wurde er abgelenkt, nicht von einem anderen Geschöpf, sondern von einer flauschigen Nebelwolke, die direkt über die Köpfe der Hirschmenschen schwebte. Sie bewegte sich auf konzentrierte, fast entschlossene Art. Als die Wolke eine scharfe Drehung machte und direkt über ihn segelte, klapperte er überrascht mit den Zähnen.
Sie bewegt sich gegen den Wind!
Erstaunt bohrte er die winzigen Krallen in den Schnee auf dem Felsen.
Während Basil verwundert zuschaute, segelte die Wolke direkt in die Windstöße über dem Berggipfel. Völlig unbeeinflusst flog sie in die Mitte des Rings und näherte sich Merlin und Hallia von hinten.
Merlin schien die Wolke zu ahnen und fuhr herum.Und da machte der Zauberer etwas Unerwartetes. Er winkte grüßend! Da machte die Wolke etwas noch weniger Erwartetes. Sie kräuselte sich wie ein Segel im Wind und stieg in eine vertikale Stellung. Dann beugte sich der obere Teil vor zu einer majestätischen Verbeugung.
Sie lebt!,
erkannte Basil.
Ein Geschöpf des Nebels!
Eine Sylphe aus Luftwurzel, das war es. Basil hatte eine sehen wollen, seit er zum ersten Mal von ihnen gehört hatte. Sie galten als weise und geheimnisvoll und verließen selten ihr Reich, weil sie es vorzogen, still durch die Harfenländer zu treiben, wo die Wolken musizierten, oder über die Himmel zu streifen und mit dem Wind zu ziehen.
Plötzlich erinnerte sich Basil an ein anderes Windgeschöpf! Eins, dessen Berührung er seit seiner Geburt nicht mehr gespürt hatte. In dem Moment, in dem das Ei, das ihn barg, nach Waldwurzel gefallen und
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