Merlins Drache 03 - Die Schlacht der endlosen Feuer
entschied, würde er das Gleiche tun.
Beim Anblick des wachsenden Chaos auf dem Schlachtfeld hob Basilgarrad den ungeheuren Kopf und brüllte mächtig. So laut war sein Appell, dass viele Flüchtende allein wegen seiner Gewalt übereinander stolperten. Die meisten anderen auf der schlammigen Wiese hörten auf zu fliehen. Sogar ein paar Männer, Frauen und Elfen, die gerade den Wald erreicht hatten, blieben stehen und drehten sich um.
Als der Wind, von dem giftigen Schwarm angeregt, über das Schlachtfeld blies, sprach der Drache. |91| Seine Augen glänzten und mit kräftiger Stimme rief er: »Freunde! Lauft nicht weg. Verliert nicht euren Mut. Ihr seid viel zu tapfer, um in Panik zu geraten!«
Er atmete tief ein und füllte seine enormen Lungen. »Unsere einzige Hoffnung im Kampf gegen diesen neuen Feind besteht darin, zusammenzubleiben. Gemeinsam zu kämpfen. Sonst werden wir bestimmt sterben, jeder von uns allein.«
In seiner Kehle grollte es, als er die Stimme ein wenig senkte. »Wenn wir heute sterben müssen, dann lasst uns Seite an Seite sterben. Nicht in alle Windrichtungen verteilt, jeder von uns allein. Nein! Lasst uns diesen Tag beenden, wie wir ihn begonnen haben – gemeinsam für Avalon.«
Er schlug seinen Schwanz auf den Boden und schickte so Beben in alle Richtungen. »Die Wahrheit ist, Freunde, dass jede Person, auch eine umfangreiche, in ihrer Größe begrenzt ist. Doch ein Volk – ein Volk mit einem gemeinsamen Ziel – kann unendlich groß sein. Und unendlich mächtig.«
Ringsum sah man nickende Köpfe. Leute richteten ihre grimmigen Blicke aufeinander oder in den Himmel, doch nicht mehr auf den falschen Zufluchtsort des Waldes. Sie verstanden: Wenn ihr Leben an diesem schrecklichen Tag irgendeinen Wert haben sollte, dann würden sie diesen Wert gemeinsam finden.
Nachdem Basilgarrad die Panik bezwungen hatte, wandte er sich wieder dem dunkelnden Himmel zu. Er wusste, dass er und Marnya in wenigen Augenblicken |92| den neuen Feind angreifen würden. Sie würden tapfer kämpfen und sterben. Es würde in Babd Cathas Worten
eine gute Schlacht zum Sterben, ein stolzer letzter Kampf
sein.
Doch als er beobachtete, wie sich der böse Schwarm näherte, verspürte er einen heftigen, sorgenvollen Schmerz.
Dunkler als dunkel.
Das war der Ausdruck, der das Monster im Moor kennzeichnete, und er beschrieb auch die Pläne seines Herrn, Rhita Gawr, Avalon zu erobern. Jetzt, als der tödliche Schwarm ankam, konnte Basilgarrad nichts tun, um solche Pläne zu durchkreuzen und diesen Wahnsinn zu beenden.
Er schaute wieder Marnya an. In ihrem Gesicht sah er Mut und Treue. Und Liebe. Aber überhaupt keine Hoffnung. Das überraschte ihn nicht, Hoffnung hatte er selbst nicht.
Schatten vom Himmel fielen über seine Stirn. »Nun gut«, sagte er und war sicher, dass er diese Worte nie wieder sagen würde. »Zeit zu fliegen.«
Er breitete seine Flügel so weit aus, dass sie fast das Schlachtfeld bedeckten. Er presste die massigen Kiefer zusammen und spannte die Beinmuskeln an, um in die Luft zu springen. Marnya, wusste er, würde ihm sofort folgen – und ihre Tode, das wusste er ebenso, würden bald darauf folgen. Er grub die Krallen tief in die Erde und machte sich zum Sprung bereit.
»Das ist nicht nötig, alter Freund.«
|93| Der Drache schreckte zusammen, dann fuhr er herum. Diese Stimme! Konnte das sein?
Wirklich, er stand vor einem alten Freund. Es war jemand, der sogar noch mehr Abenteuer erlebt hatte als er, jemand mit einem besonderen Talent für Überraschungen.
Basilgarrad musterte den Freund ungläubig. »Hallo, Merlin!«
|94| 9
Festbeleuchtung
Was nützen Augen ohne den Willen zu sehen? Und was nützt dieser Wille ohne das Licht zum Sehen?
H allo, Basil.«
Merlin in einem langen blauen Gewand, dessen Säume mit Silbersternen bestickt waren, schaute den Drachen an. Seine kohlschwarzen Augen funkelten. Auch sein knorriger Stab schien zu leuchten. Basilgarrad war nicht sicher, doch er meinte, dass besonders eine Stelle – die Rune des Drachenschwanzes, die in den Stab geschnitzt war – ausnehmend hell strahlte.
»Jetzt erzähl«, sagte der Magier unbeschwert lässig, »hat sich was Neues ereignet, seit ich abgereist bin?«
»Was Neues!«, brüllte Basilgarrad laut genug, um den Hut des Zauberers fortzublasen.
Groß, spitz und sehr zerknüllt fiel der Hut vor Merlins Füßen zu Boden. Als Merlin sich danach bückte, regte sich etwas zwischen den Haaren seines buschigen Barts. Aus der
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