Merlins Drache II - Die Große Aufgabe: Roman
flackernden Flammen der Pforte, nachdem Merlin und die anderen hineingesprungen waren. Gleich nach ihrem Verschwinden schien das grüne Feuer kleiner und schwächer zu werden. Wie alles in diesem verseuchten Teil von Waldwurzel schwand das Leben der Pforte rasch. Schon sah es zu schwach aus, um sie sehr weit zu bringen … wenn es sie überhaupt befördern konnte.
Würden sie ihre Suche überleben? Würden sie reines Élano finden, genug, um dieses kranke Reich zu heilen – und die Seuche daran hindern, sich über ganz Avalon auszubreiten? Der Drache kniff die grünen Augen zusammen, in denen sich das Flackern der Pforte spiegelte und tanzte, als er sich anderen Fragen zuwandte: Würde es ihm mit seiner Suche nach Wasserwurzel besser gehen? Würde er Bendegeit,den Herrscher der Wasserdrachen, überzeugen können, dass er helfen sollte?
Er bog den langen Nacken und öffnete die riesigen Flügel. »Zeit zu fliegen!«, erklärte er.
Basilgarrad sprang in die Luft und stieg mit mächtigem Flügelschlag höher. Hoch über den entlaubten Bäumen, trockenen Flussbetten und aschigen Wiesen seines geliebten Waldwurzels knurrte er wütend:
Wer für das hier verantwortlich ist, den werde ich bald zur Rede stellen!
Beim Flug über die leblose Landschaft horchte er auf das
Krrrakkk
seiner Schuppen bei jedem kräftigen Schlag und auf das regelmäßige
Hhuuusch
seiner Flügel. Doch andere Geräusche hörte er nicht – keine Melodien von Singvögeln, kein Geschwätz von Eichhörnchen, kein Geraschel des Winds in laubbeladenen Zweigen. Und statt der Sinfonie von Düften, die er im Wald immer so genoss, roch er nichts als trockenen Staub und dürres Holz. Die Kraft hinter dieser Zerstörung war zweifellos mächtig. Und erbarmungslos böse. Wie konnte jemand so etwas tun? Und warum?
Endlich kitzelten die ersten Anzeichen neuer Aromen seine Nüstern. Grüne Blätter – Eiche, Ulme, Weißdorn und Ahorn. Dann … Wasser! Bäche voll spritzendem Wasser, die Ufer gesäumt von Moos und Flusstangbeeren. Endlich sah er in der Ferne eine tiefgrüne Linie – den Waldrand jenseits der Seuche. Der Anblick ließ ihn vor Erleichterung aufseufzen.Aber er wusste, dass auch diese Bäume dem Tod gefährlich nahe waren.
Sein Schatten – gezackte Flügel, riesiger Kopf und der mächtige Schwanz mit dem Knüppel am Ende – verließ bald das graue und braune Land der Seuche. Als Basilgarrad über das erste Grün flog, kam es ihm plötzlich vor, als würde er die lebendigen Bäume streicheln, sie mit seinen ausgestreckten Flügeln berühren, ihre atmenden Blätter, Nadeln und Blüten spüren.
Beim Flug über diese grünen Hügel und miteinander verbundenen Bäche des gesunden Reichs, das er so gut kannte, war es fast möglich, die verwüsteten Länder hinter ihm zu vergessen. Fast. Doch die Erinnerung an die Seuche schwebte wie eine drohende Wolke über den ausgedehnten Grünflächen.
Nach einiger Zeit ließ er die Grenzen des Walds hinter sich und kam in den dicken Nebel, der die Wurzelreiche trennte. Von den fliegenden Dämpfen mit ihrer eigenen, schwer fassbaren Magie umgeben, kam es Basil vor, als wäre die Zeit nicht wirklich, ihr Verstreichen nur eine Illusion. Er erinnerte sich an seine kurze Reise in die Anderswelt der Geister – und wie diese Welt nebliger Gestalten und Reiche innerhalb von Reichen ihn fasziniert hatte. Würde er je wieder dorthin kommen können?
Der Drache brach aus den Dämpfen und sah unter sich die oberen Ausläufer von Wasserwurzel – oberes Brynchilla, wie die Elfen diese Region nannten. Direktunter ihm schoss ein großer Geysir heiße Wasserfontänen in die Luft über der Prismenschlucht. Sofort fiel ihm ein, dass nördlich des Geysirs eine riesige Wiese mit Drachengras war, leckere baumhohe Triebe, die schon von vielen Drachen gelobt worden waren. Besonders von Drachen, die wie Basilgarrad mehr grünen Salat als rotes Fleisch aßen (obwohl er bei Gelegenheit gern ein paar fette Oger oder ein saftiges Nest von Klauenkondoren verspeisen würde).
Als er den Duft dieses Drachengrases roch, so reif und saftig, lief ihm das Wasser im Maul zusammen. Und er musste daran denken, wie hungrig er war.
Mitten in der Luft schwenkte er ab und glitt den Wiesen zu. Ein paar gute Bissen Gras würden ihn für die bevorstehende Reise stärken. Außerdem hatte er seit Wochen nichts gegessen, seit er diesen süßen Sumpf in Steinwurzel geleert hatte. Und da waren sie schon – hohe, goldene Halme, die in der ständigen
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