Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
stand er neben ihm. „Das war’s, mein Junge“, verkündete er völlig außer Atem.
Eberhards Hose war auf Höhe der Knie an beiden Seiten zerrissen. Aus faustgroßen Wunden sickerte roter Saft, ebenso an den Ellenbogengelenken.
„Verdammt, verdammt“, fluchte Eberhard weinerlich.
Aus der Ferne sah man Eberhards Vater nahen, in der Rechten eine Mistgabel schwingend.
„Würdet Ihr mir verraten, was zum Teufel Ihr gegen meinen Sohn habt, Dorfherr?“, schnaubte er, nachdem er sie erreicht hatte. Seine Mistgabel zielte unmissverständlich auf Mathäus. Der sah dem Bauern scharf in die Augen. „Wenn Ihr mir in Ruhe zuhört, Rudolf, dann werde ich vergessen, dass Ihr mich bedroht habt, und Ihr müsst keinerlei Konsequenzen fürchten.“
Rudolfs Mund war nur noch ein Strich. Sein Unterkiefer schob sich hin und her.
„Tu, was er sagt, Vater“, flehte Eberhard.
Rudolfs Entschlossenheit zerbröckelte. Schließlich warf er die Gabel mit einem Ächzen beiseite.
Mathäus nickte. „Ich kann Euren Zorn verstehen, Rudolf. Dennoch muss ich Euren Sohn vorläufig festnehmen.“
„Aber warum?“, fragte der Bauer hilflos.
„Er steht in Verdacht, die Tochter des Schuhmachers ermordet zu haben.“
„Was?“ Des Vaters entgeisterter Blick versicherte Mathäus, dass er vom Verhältnis seines Sohnes zu Albrechts Tochter nichts wusste.
„Vertraut mir. Wenn er unschuldig ist, werde ich das herausfinden.“
„Ach ja? Und Eure blödsinnige Fragerei beim Tod der Anna? Es stand doch von Anfang an fest, dass dieser fremde Pfeffersack sie ermordet hatte.“
„Seid froh, dass ich gerne gründlich bin, Rudolf. Sonst würde Euer Sohn vielleicht noch heute baumeln. Und zwar
am höchsten Baum der Herrschaft.“
Bewusst wählte er die Worte, die Rudolf vor einigen Tagen in die Welt hinausposaunt hatte. Dann wandte er sich an Eberhard, der nach wie vor auf dem Erdboden kauerte und seine blutenden Knie umfasst hielt.
„Ein gut gemeinter Vorschlag, Eberhard: Du folgst mir freiwillig in die Burg, wo du vorläufig in den Kerker musst. Später werde ich dich verhören, und du sagst mir dann brav die Wahrheit, nichts als die Wahrheit, verstehst du? Als Gegenleistung werde ich deine Flucht verschweigen. Einverstanden?“
„Einverstanden“, erwiderte Eberhard heiser.
20
Der Ostflügel warf noch seinen Schatten über den Burghof, wo bereits kunterbuntes Treiben herrschte. Hühner und Gänse flatterten wild umher, zwei Knaben bewarfen sich mit Dreck, ein sommersprossiger Knappe wurde von einem der Ritter lautstark zusammengestutzt, und ein paar Mägde erklommen die Treppe zur Nordbrüstung, um den Inhalt der Nachtgeschirre in den Burgweiher zu schütten.
Aus seiner Laube äugte der Kastellan neugierig hervor. „Wen bringt Ihr denn da mit?“, fragte er den Dorfherrn.
Mathäus hatte darauf verzichtet, den Bauernsohn in Fesseln zu legen. Schob ihn sanft voran und trat dem Kastellan entgegen.
„Wie sieht’s mit einer Kerkerzelle aus, Friedrich?“, erkundigte er sich, anstatt auf seine Frage einzugehen.
„Übel. Sowohl im Ost- als auch im Westflügel sind die Zellen belegt. Hüben die Pfeffersäcke und drüben -“
„Ja, ich weiß: Die Mägde, die von Herrn Konrads Wein getrunken haben.“
Friedrich schmunzelte vieldeutig und spreizte die Hände.
„Ich muss mit Herrn Konrad sprechen“, verkündete Mathäus, „bitte führt mich zu ihm.“
Friedrich neigte den Kopf zur Seite. „Jetzt?“
„Gibt’s da ein Problem?“
„Zu dieser Zeit sitzt Herr Konrad mit seiner Gemahlin beim Morgenmahl. Da lässt er sich ungern stören.“
„Das juckt mich nicht. Auch meine Zeit ist bemessen. Führt mich zu ihm.“
„Und der da?“ Friedrich deutete mit dem Kinn auf Eberhard, der mit gesenktem Kopf neben ihnen stand.
„Den lasst solange hier bewachen.“
Friedrich winkte zwei seiner Männer herbei und raunzte ihnen etwas zu. Dann stapfte er fluchend voran. Mathäus folgte ihm mit gemischten Gefühlen. Inzwischen waren ihm doch Zweifel gekommen, ob es sinnvoll wäre, sich den Unmut des launischen Konrad zuzuziehen.
Der Kastellan führte ihn in den Westflügel. Sie durchquerten einen langen Gang und erreichten eine hölzerne Tür, vor der Friedrich händeringend stehen blieb.
„Ihr und Eurer Dickkopf“, maulte er. Dann schob er einen Diener, der vor der Tür auf Befehle wartete, unwirsch beiseite und klopfte sachte gegen die Tür.
„Was ist denn?“, hörte man Konrads ungehaltene Stimme.
Friedrich sah den Dorfherrn
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