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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Wunsch, gebraucht zu werden. Nur solltest du zunächst den Button tragen.«
    »Den was?«
    »Den Button. Weißte, was ich meine? Den Vertrauens-Button.«
    Jetzt wußte sie, was er meinte. Vertrauens-Buttons waren eine Idee aus den Städten. Im Grunde handelte es sich dabei um eine Schutzgelderpressung, nur daß es weniger um Geld als vielmehr um Demütigung ging. Männerbanden streiften in den ärmeren Straßen umher und boten jeder Frau ›Schutz‹ an, die einen großen, fluoreszierenden Button mit zwei darauf gedruckten stilisierten niedergeschlagenen Augen trug. Die Männer sagten, diese Augen bedeuteten Vertrauen, aber alle anderen wußten, daß es sich um Unterwerfung handelte. Buttons waren in Geschäften erhältlich – darin konnte die Polizei nichts Ungesetzliches erkennen –, und Frauen, die sie nicht trugen, beschworen allerdings Ärger herauf. Viele weigerten sich, sie zu tragen, und diese Frauen endeten in den Notaufnahmestationen der Krankenhäuser. Aber das war in der Stadt. Harriet war nie der Einfall gekommen, sich zu fragen, was sie an deren Stelle täte.
    »Ich meine, Harriet Ryder, heutzutage laufen hier genügend rauhe Typen herum. Und wenn du deinen Button tragen würdest, dann würden ich und meine Freunde gebraucht. Wir würden auf dich aufpassen. Ich meine, die meisten Männer sin’ liebenswerte Burschen. Ich meine, ein nettes Mädchen wie du kann den meisten Männern vertrauen. Wirklich vertrauen. Was schadet’s also?«
    Er sprach nicht übertrieben. Er hatte im Fernsehen gesehen, wie bessere Schurken sprachen. Inzwischen bepißten sich die Mädchen hinter ihr vor Lachen – einhundert zu eins, daß sie ihre Buttons trugen –, aber Brak und seine Freunde lächelten bloß. Aber auch so war alles so entsetzlich relaxed und cool.
    Harriet war hier draußen auf der Straße, die Sonne schien, gegenüber waren Fenster mit Schnörkeln und Rolläden, in der Ferne tauchte jetzt sogar ein Mann auf, der seinen Hund Gassi führte, und sie hatte eine Scheißangst. War entsetzt.
    »Wenn du einer der liebenswerten Burschen bist«, sagte sie, »warum würdest du dich nur dann um mich kümmern, wenn ich einen dieser Buttons trage?«
    »Ja. Warum. Ich meine, was sind das für Mädchen, die sie nicht tragen? Nur Huren und Lesben. Sie können für sich selbst sorgen. Ich meine, was ist denn so verkehrt an ein bißchen Vertrauen zwischen zivilisierten Menschen?«
    »Verdammte Huren.« Der fette Junge im Rinnstein hob den Blick von den Füßen. »Das dämliche Baby is’ gestorben, weißte?«
    Der Junge, der an der Wand lehnte, warf ein: »In meiner Zeitung war ’n Foto.«
    »Meine Zeitung hat gesagt, Fotos wär’n nich’ erlaubt, verdammt.«
    »Dann die Vorstellung eines Künstlers. Es war ein Ungeheuer. Auf der Titelseite. Es war ein verdammtes Monster.«
    Ihr ging auf, daß sie über die letzte fehlgeschlagene SIR-Empfängnis sprachen. Sie gaben ihr die Schuld dafür. Ihre Biologielehrerin sagte, daß immer wieder SIR-Experimente, Versuche mit unterdrückter Immun-Reaktion durchgeführt wurden. Gelegentlich sickerte ein Ergebnis durch. Bis zum heutigen Tag waren Immununterdrücker derart toxisch, daß man zwar männliche Föten implantieren konnte, daß aber auch keiner davon länger als ein paar Stunden überlebt hatte.
    »Lächerlich«, sagte sie. »Es hätte gar keinen Eindruck eines Künstlers geben können. Es wäre mikroskopisch klein gewesen.«
    »Armer, kleiner Kerl.« Der Hagere. »Auch wenn er’s nich gewesen war, wäre euch Hurenbande das doch gleich gewesen.«
    Brak blinzelte ihr zu. Er stand auf ihrer Seite gegen die Massen an Idioten dieser Welt.
    »Du trägst deinen Vertrauens-Button, Harriet Ryder, weil, wenn du’s nicht tust, werden die ekelhaften Männer da draußen über dich herfallen.«
    Er streckte die Hand aus, seinen Blick in den ihren gekrallt, und nahm ihr sanft die Notenmappe ab. Wie hypnotisiert ließ sie sie los. Er trat zurück, öffnete die Mappe und nahm einige Seiten des Prokofieff heraus. Er warf einen kurzen Blick darauf. »Sehr schön.« Sein Blick kehrte zu ihr zurück. »Ich hab stets was für tolle Musik übriggehabt. Sehr schön, wirklich.«
    Er zerriß die Blätter in zwei Hälften, daraufhin sorgfältig in Viertel und Sechzehntel. Als der Papierstapel zu dick war, um ihn nochmals zu zerreißen, stopfte er ihn in die Mappe zurück und reichte sie ihr.
    »Damit du’s nicht vergißt, Harriet Ryder. Ein zarter Wink. Nächstes Mal trägst du deinen Button. Dann

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