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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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über erzog, fünf Tage die Woche, und
alles von ihr wußte. Aber so war es halt eben. Einen Hausmann
hätte sie ebenso gehaßt. Babies waren dafür da,
daß Mütter alles von ihnen wußten… So war es
halt eben nicht, aber so sollte es, in einer idyllischen Traumwelt,
eigentlich sein.
    Sie schnitt die halbe Banane in Annas Schüssel, und das
Getrommel hörte auf.
    »Und was wird mein Annielein heute tun? Du wirst heute zur
Schule gehen, nicht wahr?«
    Anna hatte ihren Löffel fallengelassen und schnappte sich
eine Handvoll Banane. Harriet drückte ihr die Faust auf, kratzte
den Schmier in die Schüssel zurück und vermischte ihn mit
dem Müsli.
    »Wir werden einen Ausflug unternehmen«, sagte Liese.
»Wenn das Wetter anhält, organisiert die Schule eine
Wanderung durch den Wald. Wir sammeln Farnkraut.«
    »Eine Fahrt mit der Straßenbahn in den Wald, Annielein?
Das wird aber Spaß machen.«
    Harriet zog Anna die bananenverschmierten Finger vom Mund weg,
wischte sie ab und legte sie über den Griff des Löffels.
Sie führte den Löffel in die Schüssel. Anna konnte
völlig selbständig essen, aber dies war einer dieser
speziellen Morgende, da sie das Baby spielte.
    »Warum kommst du nicht mit?« fragte Liese. Sie schenkte
sich Tee nach. »Nimm einen Tag frei. Eltern aller Art sind
eingeladen.«
    »O Liese, ich wünschte, ich könnte es.«
    »Du kannst es, Har’. Bloß einen Tag. Unikhem
könnte einen Tag ohne dich überleben.«
    Anna belud ihren Löffel, konzentrierte sich und fand den Weg
zum Mund. Sie war ein bezauberndes Kind, hatte samtig-goldene Haut
und dunkle, strahlende Augen, so rund wie die Augen eines schwarzen
Babies, und das leichte Lächeln ihres Vaters. Sie zog den
Löffel zurück. Ein großer Teil der Bananenmischung
kam zusammen mit dem Löffel heraus und rutschte vorn an ihr
herab. Harriet wischte alles auf und tat es zurück in die
Schüssel.
    »Ruf an«, sagte Liese. »Wenn du magst, tu ich es.
Sag ihnen, du seist krank, Har’. Annie hätte dich liebend
gern dabei.«
    »Liese, nicht. Das ist so verlockend.«
    Liese trank ihren Tee und gab keinen Kommentar ab. Sie war eine
außergewöhnliche Frau, klug und freundlich. Der Tee, den
sie trank, war typisch für jemanden wie sie: klug und
freundlich. Sie liebte Anna, und im besten Sinne liebte sie Harriet
gleichfalls. Und der nicht abgegebene Kommentar war in sich selbst
ein Kommentar.
    Es war nicht fair. Sie hatte ihre Arbeit aufgegeben, weil sie es
so gewollt hatte. Ihr gefiel die Wohnung, und sie hielt diese sauber
und aufgeräumt. Ihr gefielen anstrengende, jedoch einfache
Aufgaben mit raschen, klaren Erfolgserlebnissen. Sie wollte gern
gefallen. In einem anderem Zeitalter wäre sie ein wundervoller
Gatte, eine wundervolle Ehefrau, ein wundervoller Butler,
Hausmeister, eine wundervolle Zofe einer Dame gewesen, ganz im
Gegensatz zu Harriet. Harriet trank ordinären Kaffee.
    Sie brachte Anna durch das Frühstück, wusch das Kind und
setzte es mit seinem Dreirad auf den Balkon. Schnaufend und ernst
fuhr Anna die drei Meter hin und zurück. Die Sonnenstrahlen
fielen schräg auf den südöstlich gelegenen Balkon.
    Harriet sammelte ihre Notizen aus der vergangenen Nacht vom
Klavier und stopfte sie in ihre Tasche. Wie oft kam sie dieser Tage
zum Spielen? Fast nie. Dort draußen gab es erstaunliche neue
Musik, aber Liese gefiel es, wenn sie bei Chopin blieb.
    »Es wird heiß werden«, sagte sie zu Liese.
»Du nimmst besser ein Mückenschutzmittel mit.«
    Liese hatte mit Sahnekäse und Salami gefüllte
Brioche-Sandwiches gemacht. Sie reichte sie ihr zusammen mit einem
Apfel. »Wie üblich zurück?«
    »Wüßte nicht, warum nicht.«
    »Viel Glück mit Fovas.«
    Harriet hielt gekreuzte Finger hoch. »Ich werd kühlen
Kopf bewahren.«
    Professorin Andrea Fovas war Harriets Chefin, Leiterin von
Unikhems Syndrom-Forschungsabteilung. Von den
Körperöffnungen her gesehen eine Frau, ansonsten jedoch
kaum.
    Harriet ging auf den Balkon hinaus. »Tschüs, Annielein.
Sei brav bei Tante Liese. Einen schönen Tag.«
    Anna sah nicht auf. Sie schnaubte unentwegt weiter. Harriet kehrte
in die Küche zurück, nahm ihre Aktentasche und
küßte Liese auf die Wange.
    »Ich werde auch brav sein«, sagte Liese.
    Unikhem hatte einen Protzbau mitten in die Stadt gestellt, nahe
der alten Stadtmauern – Spiegelglas-Verkleidung, Atrium-Foyer
mit Dschungelblattwerk und einer zehn Meter hohen Fontäne. Auf
einem vom Fußboden bis zur Decke reichenden Bildschirm, durch
den man

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