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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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hindurchtreten mußte, wenn man hineinwollte, stand
SYNDROM-FORSCHUNGSABTEILUNG. Auf der anderen Seite und jenseits des
Foyers und einem letzten Paar schicker automatischer
Flügeltüren endeten Teppiche und Glamour und Glimmer. Keine
Musik: gemusterte Linoleumfußböden, Robotschienen für
die interne Kommunikation, und klare, leuchtend helle Farben zeigten
die verschiedenen Abteilungen an.
    Harriets Abteilung – Molekulargenetik – war
dunkelgrün. Ihr eigener Arbeitsbereich lag hinter luftdicht
schließenden Türen und wies eine blaßgrüne
Schattierung auf, die eine semikontrollierte Umgebung anzeigte. Die
Temperaturen lagen niedrig, und zumindest der gröbere Dreck des
Alltags war ausgeschlossen.
    Harriet arbeitete an diesem Tag allein. Sie richtete menschliche
DNA-Bruchstücke für das Computer-Scannen sowie die
Mikrofotographie her. Genkartographie als grundlegendes
Forschungswerkzeug war out. Das Weltprogramm zur Kartographie des
gesamten menschlichen Genoms war längst ad acta gelegt worden,
Opfer von Zuschußkürzungen angesichts wachsender Ausgaben
für AIDS-bezogene Forschung. Außerdem war die
Öffentlichkeit bezüglich der Ziele des Programms sehr
mißtrauisch geworden. Genetische Überprüfung auf
Erbkrankheiten (Huntigtons Chorea, zystische Fibrose,
Hämophilie) war schön und gut, aber Überprüfung
auf bloße Anlagen (Depression, Schizophrenie, Alkoholismus)
roch zu sehr nach genetischer Diskriminierung. Das Bild einer
Unterklasse von Menschen, die aus genetischen Gründen nicht
vermittelbar waren, wurde an die Wand gemalt, und die
Unterstützung für das Projekt schwand dahin. Auf der
anderen Seite waren Untersuchungen genetischer Profile von
aufstrebenden Präsidenten und Managern auf der obersten Etage
anscheinend Grund für endlose juristische Streitereien, einfach
nur eine weitere mögliche Gelegenheit, im Dreck zu
wühlen.
    Die Syndrom-Forschung folgte vielen verschiedenen Pfaden. Unikhem
ging das Problem unter der Annahme an, daß verstärkte
UV-Strahlung, verbunden mit dem Ozonabbau, eine Rolle spielte, und
suchte nach diese These unterstützenden Beweisen. Eine Weile
lang hatte der immunitätsunterdrückende Effekt der
UV-Strahlung den Verdacht ausgelöst, dieser sei für AIDS
verantwortlich, aber als die Forschung in dieser Richtung
nirgendwohin führte, blieb das Feld für Arbeiten an
DNA-Veränderungen weit offen. Niemand wußte mit
Sicherheit, ob das Syndrom auf der DNA-Ebene lag und deshalb erblich
war – Töchter der daran Leidenden waren nach wie vor Opfer,
aber das mochte auch an einer erneuten Ansteckung liegen –, aber
falls vergleichende Studien von Vor- und Nach-Syndrom-DNA deutliche
Unterschiede ergäben, wäre dies ein starker Beweis für
einen vererbungsbedingten Faktor. Die Identifikation des defekten
Gens würde dann die biochemischen Wege zeigen, über die es
seine Zerstörung bewirkte.
    Harriet hatte während der vergangenen zehn Monate an
Schnipseln der verfaulten Tiefgefrorenen der nächstgelegenen
Kryobank gearbeitet. Einige der Kadaver, die in den neunziger Jahren
so voller Optimismus tiefgefroren worden waren, befanden sich in
einem schrecklichen Zustand und erfreuten sich bei ihren
überlebenden Verwandten einzigartiger Unbeliebtheit. Ihre DNA
war zuverlässig frei vom Symptom, und Harriet verglich sie mit
heutigen Proben. Es war eine langwierige, mühevolle Arbeit, bei
der vielleicht 100.000 Genpaare zu untersuchen waren, aber sie hatte
nach der Promotion auch molekulargenetisch gearbeitet, und ihr war
niemals langweilig.
    Wissenschaftlich gesehen zählte es nicht, daß sie
persönlich der Theorie der UV-Strahlung als auslösendem
Faktor keinen großen Glauben schenkte. Eine
Nichtübereinstimmung, irgendeine Nichtübereinstimmung zu
finden wäre ein Durchbruch. Persönlich gesehen spielte es
schon eine erheblichere Rolle. Nach zehn Monaten Arbeit wurde sie
unruhig. Sie spürte, daß sie einen Nebenfluß
hinaufpaddelte, während der Hauptstrom brüllend an ihr
vorüberfloß.
    Enzyme hatten die aufgetaute DNA zerschnitten. Die Schnipsel
wurden in Gel aufgefangen und auf automatische Objektträger
gebracht. Ein Band nahm die Objektträger zum Mikroscanner und
weiter zur Computeranalyse mit. An diesem Morgen war mitten im
Programm das Band ausgefallen, hatte sich an einer Seite des
Führungskanals festgeklemmt. Statt den Labortechniker anzurufen,
der die ganze Einheit auseinandernähme, behob Harriet den
Schaden selbst. Die Materialtemperatur lag nahe beim

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