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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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schwingend, wunderschön und kostbar.
    »Tante Liese… Ich hab gewußt, daß du hier
bist. Ich hab gewußt, daß du mich nicht
vergißt.«
    »Wegen dir bin ich nicht hier, Kind. Ich bin wegen Elvis
hier. Und du hast deiner Mutter nicht guten Tag gesagt.«
    »Tag, Tag, Mama.«
    »Tag, Tag, Annielein.« Wie angenehm war es, dachte
Harriet, daß Liese sie daran erinnern mußte.
    »Nur wegen Elvis, Tante Liese? Was ist mit mir?«
    »Dann wollen wir dich doch mal ansehen. Steh gerade. Du bist
nicht sehr groß, muß ich sagen. Wenn du versprichst,
nicht zuviel zu essen, kann ich dich wohl irgendwo
unterbringen.«
    Liese hatte völlig recht – Harriet hatte Nerven,
wenn sie Liese darum bat, eine Woche lang auf Anna und Elvis
aufzupassen, während sie und Mark nach Erzurum in die
östliche Türkei fuhren, um Dr. Aku Fateya zu suchen. Aber
es war einzig und allein eine Dienstreise – laut Professor
Volkov, der dort gewesen war und es wissen sollte, fuhr niemand zum Vergnügen nach Erzurum –, und Anna war hellauf
begeistert, bei ihrer Tante bleiben zu können, und Elvis wurde
nicht um seine Meinung gefragt. Liese könnte Anna jeden Tag zur
Schule bringen und wieder abholen, und während der letzten drei
Jahre war Lieses Schmerz abgeflaut, und es war insgesamt gesehen die
ideale Situation. Auch wurde Liese dadurch zum Engel.
    Bald darauf traf Mark ein. Er war drüben im Büro bei Science News gewesen und hatte seinen Schreibtisch
aufgeräumt. Er schrieb an einem Artikel über die
veränderten Erwartungen von Frauen an einen professionellen
Arbeitsplatz und wollte sicherstellen, daß der Artikel nicht zu
Tode redigiert wurde. Jetzt hatte er frei und flog nach Ankara und
weiter nach Erzurum für eine Story, die er, wenn sie
glückte, sehr lange Zeit nicht schreiben konnte. So lange
Harriets nachfolgende Untersuchungen benötigten.
    Er warf sich auf das Sofa, streckte die Hand nach der kalten
Teekanne aus und stöhnte. Harriet sah und hörte es und
blieb, wo sie war. Sie war selbst bis zum Mittag im Institut gewesen
und hatte seither Annas Sachen gepackt. Liese bemerkte den toten
Punkt, aber Anna zeigte ihr gerade einen Geschichtsaufsatz
-›Leben in einem Wikingerdorf‹.
    Mark verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Wie
geht’s denn so, Liese?«
    »Mir geht’s gut.« Sie blickte nicht von Annas Heft
auf. »Und dir?«
    »Munter. Weißt du… munter.« Er streckte die
Beine. »Das ist wirklich außerordentlich nett von dir,
Liese.«
    »Nicht der Rede wert. Anna und ich werden uns eine
schöne Zeit machen.«
    Er warf Harriet einen fragenden Blick zu. Sie hob die Schultern.
Das Gebrummel zwischen Anna und Liese ging weiter. Mark schloß
die Augen. Abgesehen von freundlichen, ermunternden Bemerkungen beim
Kommen und Gehen behauptete er, er fände es am besten, Liese
Harriet zu überlassen. Es gäbe Nebentöne, sagte er zu
Harriet, einer menage à trois. Andeutungen, sie würde
seine Frau besser kennen als er. Er sei sich gewiß, daß
Liese sich allergrößte Mühe gab, so etwas zu
vermeiden (was bedeutete, daß er sich überhaupt nicht
sicher war), aber sie lägen nichtsdestoweniger in der Luft.
    Schließlich war es für Liese und Anna Zeit zu gehen.
Harriet holte Elvis, Mark Elvis’ Körbchen, und er wurde
hineingesteckt. Er protestierte und lenkte dadurch insgesamt von
jeglichem Gefühl ab, das der Abschied nach sich gezogen
hätte. Anna redete auf der ganzen Treppe und bis zum Taxi hinaus
auf ihn ein, ohne etwas zu erreichen. Mark legte Annas Koffer in den
Fond. Harriet beugte sich herab, küßte sie, und das Taxi
fuhr davon. Ein bitterkalter Wind blies die Straße hinab.
Harriet stand winkend auf dem Bürgersteig. Es war das erste Mal,
daß sie und Anna für mehr als einige Stunden voneinander
getrennt wären.
    Mark legte ihr einen Arm um die Hüfte. »Annie ist jetzt
groß«, sagte er. »Sie wird schon gut zurechtkommen.
Wegen dir mache ich mir Sorgen.«
    Harriet schmiegte sich an ihn. »Wir beide sind jetzt
groß.«
    Zusammen gingen wie wieder hinauf. In der Wohnung war es sehr
still, und ihr Flugzeug ging erst am folgenden Morgen ab. Mark holte
seinen Ordner mit den Unterlagen für ihre Reise.
    »Hilf mir mit den Notizen, die mein Mitarbeiter im Büro
für mich zusammengesucht hat«, sagte er, während er
Papiere auf dem Küchentisch ausbreitete. »Das wird unsere
letzte Gelegenheit sein, ehe das Chaos über uns
hereinbricht.«
    Harriet wischte sich unauffällig die Augen an einem
Küchenhandtuch ab. Er wühlte in

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