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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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nahm den Faden wieder
auf. »Etwas wurde dorthin gebracht«, fuhr sie fort, wobei
sie jetzt mit ungerichtetem Blick an ihm vorbeisah, »von irgend
jemandem wurde etwas dorthin gebracht, von Gott der
Mutter…?«
    Sie erwartete nicht, daß er sie verstand. Aber er fiel nicht
sogleich darüber her; er ließ ein langes Schweigen zu, als
ob diese Idee sogar den Panzer seines Realismus durchschlagen
hätte.
    Dann sagte er: »Für wen wirst du es also tun? Für
die Göttin oder die Menschheit?«
    Sie runzelte die Stirn. »Die Frage ist viel zu ernst. Ich
tu’s für keinen von beiden – ich tu’s für
mich. Ich löse ein Problem. Bin schlau unter schlauen Leuten.
Das gefällt mir gut.«
    »Der Welt zu helfen hat nichts damit zu tun?«
    »Kein Interview, Mark.« Sie wandte sich ab. »Ich
bin keines deiner Opfer.«
    »Es hätte mich interessiert.« Er nahm seinen
Kaffeebecher. »Tut mir leid, wenn es sich wie ein Interview
angehört hat.«
    Sie dachte darüber nach. Vielleicht war sie ja ernst. Nein,
sie beide waren ernst. Sie setzte sich wieder an den Tisch. »Und
es tut mir leid, daß ich mich wie ein Opfer angehört
habe.«
    »Und es tut mir leid, daß es dir leid tut.«
    »Und es tut mir leid, daß es dir leid tut, daß es
mir leid tut.«
    Feierlich nickten sie einander zu. Es war ein Familienscherz
– seiner Familie, nicht ihrer. Der Vater war
Verhaltenspsychologe, die Mutter Anwältin gewesen. Beide lebten
jetzt in Italien. Familienscherze waren nützliche
Fluchtmechanismen.
    Marks Kaffee war kalt geworden, und er leerte den Becher jetzt mit
einem Schluck. »Wo waren wir stehengeblieben?«
    Sie sagte es ihm: »Wir haben gerade geglaubt, dort
draußen gäbe es ein Heilmittel.«
    »Das ist’s. Ein Heilmittel gegen ein Virus.« Er
suchte eine weitere Seite hervor. »Was macht also ein Virus so
schwierig?« Er beantwortete die eigene Frage. »Ein Virus
ist ein unabhängiges genetisches System, das imstande ist, sich
selbst von einer Wirtszelle zur nächsten zu übertragen. Es
verändert seine Morphologie, um sich der Wirtszelle anzupassen.
Viele Viren sind so winzig, daß man sie nicht ausfiltrieren
kann.«
    Harriet lachte. »Das auch. Das größte Virus ist
ein Zehntel so groß wie ein durchschnittliches Bakterium.
Obgleich Elektronenmikroskope ihnen gewachsen sind. Und ich bin mir
deines ›unabhängigen genetischen Systems‹ nicht so
sicher. Sie sind ziemlich primitiv. Einige Virologen halten sie
für nicht-lebend, außer in einer parasitären
Beziehung.«
    »Also?«
    »Also sind sie schwer zu studieren. Virus-Abkömmlinge zu
isolieren und zu konzentrieren, damit man sie studieren kann, ist
eine verteufelte Aufgabe. Manchmal erkennen wir sie am besten anhand
der von ihnen stimulierten Antikörper-Produktion.«
    »Aber das Syndrom weist keine Antikörper auf.«
    »Nicht, daß wir bislang welche gefunden
hätten.«
    »Wenn du es nicht identifizieren kannst und wenn es keine
Antikörper hat, ist es vielleicht kein Virus.«
    »Vielleicht doch. Du redest wie die verdammte Fovas.«
Sie sah, daß ihn das ärgerte. »Ich bin nicht
bloß starrköpfig. Viren produzieren nicht-spezifische Reaktionen. Und es gibt andere, nicht in
Erscheinung tretende Infektionen – viele Arten von Krebs,
beispielsweise, und Herpes Simplex –, die in Wartestellung
liegen, bis sie aktiviert werden. Möglicherweise durch Fieber
oder Stress. Menstruation. Intensives Sonnenlicht.«
    »Menstruation?«
    »Genau das.« Sie beugte sich eifrig vor. »Eine
frauenspezifische Reaktion. Wenn sie dort erfolgen kann, kann sie
irgendwo anderswo erfolgen.«
    »Aber du hast noch nicht herausgefunden, wo?«
    »Nein.«
    Er unterstrich etwas in seinen Notizen. »Wie wird dir dieser
Dr. Fatty also helfen?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Sie lächelte
entschuldigend. »Ich weiß, das klingt schwach,
aber…«
    Er schnitt ihr das Wort ab. »Ein mysteriöses
Laboratorium, ein großer Knall, der richtige Ort und die
richtige Zeit, ein einziger Überlebender… natürlich
ist das verlockend.«
    »Das richtige Gebiet zum Nachforschen ebenfalls, Mark.
Woodruff war brillant – ein Genetiker mit einer langen Laufbahn
in der AIDS-Forschung. Und AIDS muß irgendwie darin verwickelt
sein. Es kann kein Zufall sein, daß das Syndrom Frauen
HIV-Immunität verleiht.«
    »Also würde ein Heilmittel die Immunität
aufheben.«
    »Das wissen wir nicht. Die meisten Immunreaktionen
überstehen ihren vorausgegangenen Faktor. Damit werden wir uns
beschäftigen müssen, wenn wir soweit

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