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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Annahme einfach nur
der Hysterie sexueller Schwärmerei Vorschub.
    Der Tag, da sie von Liese wegzog, tatsächlich ihre und Annas
Sachen packte und ging, war einer der schlimmsten in ihrem Leben.
Liese hatte ihr dabei geholfen, die Sachen zum wartenden Taxi
runterzutragen.
    »Natürlich mußt du gehen.« Fünf Jahre
gemeinsamen Familienlebens einreißen, Bücher,
Schallplatten, Topfpflanzen, Annas Spielsachen mitnehmen.
»Natürlich mußt du gehen.«
    Sie standen auf dem leeren Balkon. Überwältigt von
glücklichen Erinnerungen biß Harriet sich auf die
Fingerknöchel. »Du wirst uns besuchen kommen? Annie wird
dich vermissen. Du wirst uns besuchen kommen?«
    Lieses Gesicht war bis auf die Knochen eingefallen.
»Natürlich werde ich dich besuchen kommen.«
    Anna vermißte sie tatsächlich, und sie kam
tatsächlich. Zunächst waren die Besuche wie ein Gang durchs
Minenfeld gewesen. Anna ging jetzt nach der Schule zu einer
Tagesmutter, bis Harriet von ihrer Arbeit am Institut nach Hause kam.
Die Tagesmutter war eine jener freundlichen, dummen Frauen, denen
Harriet und Liese in der Vergangenheit ihre Tochter niemals
anvertraut hätten. Mark hatte unregelmäßige
Arbeitszeiten und war nicht immer allerbester Stimmung. Die Wohnung
war klein. Harriet hatte Unikhem verlassen, stellte ein Team im
staatlichen Forschungsinstitut zusammen und brachte Artikel zum Lesen
mit nach Hause, was manchmal bedeutete, daß Anna mehr vor dem
Fernseher hockte, als ihr guttat. Lieses Besuche waren wie ein Gang
durchs Minenfeld aus zu vermeidenden Themen und unausgesprochener
Kritik. Am schlimmsten von allem war ihre Art, stets nette Worte zu
finden.
    Liese hatte wieder eine Vollzeitstelle in der
Familienfürsorge angenommen und bekam nach und nach das eigene
Leben in den Griff. Harriet und Mark heirateten und fühlten sich
tapfer genug, die Verantwortung für eine größere
Wohnung und eine bei ihnen wohnende Hilfe zu übernehmen. Der
Stress zwischen ihnen und Liese wurde geringer. Liese war noch immer
Harriets beste Freundin, und die gewaltigen Anstrengungen, die ihre
Freundschaft am Leben erhalten hatte, waren nicht mehr notwendig.
    Liese wandte sich von den Schallplattenregalen ab, als Harriet das
Teetablett hereintrug. »Wann genau geht dein Flugzeug?«
    »Wir müssen um acht Uhr morgen früh am Flughafen
sein.«
    »Und ihr fliegt tatsächlich direkt nach
Ankara?«
    »Ich glaube schon. Der dortige Konsul sagt, es sei alles
ruhig – die Kämpfe sind jetzt seit mehr als einer Woche
vorüber.«
    »Verrückte Frauen. Was glauben sie zu
gewinnen?«
    »Offensichtlich haben sie’s gewonnen.« Harriet
schenkte zwei Tassen Tee ein. »Die Fundamentalisten sind out.
Der Tschador ist für illegal erklärt worden.«
    »Massaker gewinnen gar nichts, Harriet. Nicht auf lange Sicht
gesehen. Die moslemisch orientierten Länder leiden bereits an
einer fast chronischen Männerknappheit. Tausende Männer in
Stücke zu hacken wird die Lage kaum verbessern.«
    »Da spricht die typische nicht-moslemische Frau.«
Harriet reichte Liese ihre Tasse. »Ich persönlich
könnte mir vorstellen, daß es eine Menge hilft.«
    »Wieder eine deiner Posen. Du bist die am wenigsten militante
Frau, die ich kenne.«
    »Das ist so, weil mir alles so in den Schoß gefallen
ist. Deswegen mißbillige ich Militanz, nenne sie männlich
und verwerflich.«
    Sie bot Kekse an, und Liese nahm einen.
    »Was sind dann Massaker«, fragte Liese, »wenn nicht
männlich und verwerflich?«
    »Dieses spezielle Massaker hat sich über tausend Jahre
hinweg vorbereitet, und es war durch und durch weiblich… Auf
jeden Fall ist es jetzt vorüber, und der Konsul sagt, die
Türkei ist sicher. Wir lassen Armenien und Asserbeidschan
außen vor, bis wir dort sind. Mit ein bißchen Glück
können wir von beiden Ländern die Finger lassen. Wenn
dieser alte Knabe das Zeug hat, das er, Michael Volkov zufolge, haben
muß.«
    »Er wird es haben. Er muß es haben. Darum nehme ich
Anna zu mir – um die Sache der Wissenschaft voranzubringen.
Hinter jeder erfolgreichen Frau steht eine erfolglose Frau.«
    Es war so obenhin gesagt. Harriet sah sie an. Es war so obenhin
gesagt, aber nein – hinter jeder erfolgreichen Frau stand eine
Frau, die auf andere Art erfolgreich war. Daran glaubte Liese
gewiß – wollte sie es jetzt gesagt bekommen? Harriet wurde
die Entscheidung erspart, weil die Wohnungstür knallte und Anna
im Wohnzimmer auftauchte. Acht Jahre alt, das dunkle Haar lang und
wild, die Schultasche

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