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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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sie hielt
ihn mit dem Blick fest, und nie zuvor hatte er eine solche
Lebendigkeit darin gesehen. Einen solchen Drive. Während der
letzten beiden Jahre hatte er viel an seiner Tanzerei gearbeitet, und
die Frauen, mit denen er ausging, bewunderten das. Heute abend
widmeten weder Harri noch er dem einen Gedanken. Andere Typen
klatschten sie ab, aber nicht für lange, und währenddessen
wartete er auf sie. Sie war ein großartiger Kumpel. Ein
erstaunliches Kind.
    Um Mitternacht gingen sie zum Erfrischungsbereich hinüber,
besorgten sich riesige Gläser mit dem fluoreszierenden,
grün-gelb marmorierten Zeugs, das die Kids in jenem Jahr
tranken, und gingen nach draußen, um frische Luft zu schnappen.
Die Nacht war warm und sehr dunkel, der Himmel bedeckt, der Mond noch
nicht aufgegangen. Sie schlenderten die wenigen hundert Meter zum
Back Quay hinüber, wo für die Nacht die letzte Fähre
über den Hafen ablegte. Sie sahen zu, wie das Mastlicht des
kleinen Motorschiffs kleiner wurde und verschwand. Von jetzt an
mußten die samstäglichen Nachtschwärmer von der
anderen Seite die Town-Quay-Fähre benutzen.
    Sie setzten die Ellbogen auf das Geländer unterhalb der
Straßenlaterne. Zur halben Tide schien das Wasser sehr weit
unten zu sein, es stieg und fiel in langsamen, öligen Wirbeln.
Sein Schlappen war der einzige Laut: das und der schwache Beat der
Musik aus der Disco. Sie waren allein, isoliert in dem leuchtenden
Kegel der Lampe über ihnen.
    »Denkst du über alles das hier nach, Danno?« Sie
wollte Gemeinsamkeiten finden, die sie teilten. »Ich weiß,
ich werd’s tun. Woran erinnerst du dich, wenn du wieder bei der
Armee bist?«
    Er zuckte die Achseln. »An nicht sehr viel.« Die Armee
war eine andere Welt. Verschlossene Tore. Er blickte sie von der
Seite her an: sie würde das nicht verstehen. Sie war noch ein
Kind. »Ich würde nur Heimweh bekommen«, sagte er
vereinfachend.
    »Heim- Weh?« Sie sprach das Wort deutlich in zwei
Silben getrennt aus. »Ich hab von der Gegend geredet.«
    Sie meinte, sie konnte sich nicht vorstellen, daß er sich um
sein Zuhause grämte. Es war als Einladung gedacht, sich ihr
anzuvertrauen, auf die er nicht einging. Sie hatte von ihm auch
nichts anderes erwartet.
    »Wie lange mußt du noch hierbleiben?« fragte er
statt dessen. »Zwei Jahre? Und was dann – noch immer das
College?«
    »Ich muß es schaffen, Danno. Anders kann ich nicht das
tun, was ich will.« Es war lächerlich, daß sie sich
bei ihm dafür entschuldigen sollte, aufs College zu gehen. Und
ihm nicht zu sagen, daß sie eine Klasse übersprungen und
nur noch ein Jahr vor sich hatte. Sie war stets klüger als er
gewesen. Daran konnte sie nichts ändern.
    Offen gesagt, sie wollte nichts daran ändern.
    Aber er hatte die Nuance sowieso nicht mitbekommen. »Meine
Schwester, die berühmte Wissenschaftlerin.«
    Sie lachten, und Harriet rückte näher. Sie schob ihren
Arm in den seinen, und beide starrten hinaus auf das Lichtergewirr,
das sich im Wasser spiegelte. Ihm fehlte soviel.
    »Es gibt ein Problem, Danno. Es könnte den Kurs
berühren, den ich einschlage. Siehst du, mir stehen zwei Wege
zum Ziel zur Verfügung – die Ursachen oder die Ergebnisse.
Ich muß mich entscheiden, welches davon das Wichtigere ist,
nämlich die Symptome kurieren oder herausfinden, was
ursprünglich falsch gelaufen ist.«
    »Ich hab gelesen, es wäre ein Gas aus dem
Weltall.«
    »Nichts ist unmöglich. Es könnte vom zunehmenden
UV-Licht herrühren oder ein Überbleibsel aus den
Ölkriegen sein. Oder ein Virus, das schon immer vorhanden
gewesen ist, wie HIV. Die Gaianer sagen, es ist eine natürliche,
ökologisch begründete Reaktion auf die
Überbevölkerung.«
    »Dann ist das der Job für dich. Grab aus, was es ist,
und du bist reich und berühmt.«
    Sie runzelte die Stirn. Ihm fehlte soviel. Sie hatte gesagt, es
gäbe zwei Herangehensweisen – er hätte das bemerken
und auf ihre Erklärung warten sollen.
    »Aber Ursachen herauszufinden erfordert Zeit. Sieh mal den
Krebs. Also besteht die nützlichste Arbeit vielleicht darin,
daß mehr Babies geboren werden. Die künstliche Befruchtung
verbessern. Eine Lösung für Parthenogenese finden.
Ansonsten könnten die Menschen knapp werden, ehe…«
    »Wart mal einen Augenblick. Was für ’ne
-genese?«
    »Parthenogenese. PTG. Klonen. Jungfrauengeburt.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.« Er wandte sich heftig
ab, dachte an all jene Babies, die geboren würden, ohne
daß ein Mann dazu nötig

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