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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Schmiedehammer ins Gesicht, so daß er
rücklings über das Geländer stürzte und
verschwand. Das Wasser nahm ihn auf, ertränkte seinen
Schmerzensschrei.
    Der andere Bursche fiel Daniel von hinten an, zerrte verzweifelt
an ihm. Harriet war während des ersten brutalen Zweikampfs
beiseitegestoßen worden. Sie wich zurück. Brak lag auf
Händen und Knien, er keuchte und fluchte. Ihr Bruder konnte
für sich selbst sorgen.
    Die Hände des Fetten rissen an seinem Gesicht, er wollte ihm
die Augen ausstechen. Daniel ließ die linke Hand unbeachtet,
umklammerte die andere und riß sie nach unten. Als der Arm voll
ausgestreckt war, hielt er jäh inne, und dann ertönte ein
hörbares Klicken, und die Schulter war ausgerenkt. Der Bursche
kreischte auf und bemühte sich heftig, sich zu befreien. Daniel
ließ ihn los und trat beiseite. Der Fette wurde auf einmal sehr
still, verzog qualvoll das Gesicht und beugte sich leicht vor, wobei
er darauf achtete, das Schultergelenk nicht zu bewegen.
    Entsetzt wich Harriet weiter zurück. In den Schatten
drückte sie sich an eine hölzerne Hüttenwand. Der Kai
unter den Straßenlaternen war wie eine Bühne, die drei
jungen Männer darauf standen kurzzeitig in künstlerischer,
melodramatischer Haltung da. Ringsum erhellten sich die
überstehenden Fenster in den Häusern. Sie sah zu. Es
mußte noch etwas geschehen – die Szene war
unvollendet.
    Daniel rührte sich zuerst. Er rieb sich die Knöchel und
wandte sich zu ihr um. Hinter ihm schlich Brak sich geduckt heran, er
hatte jetzt ein Messer in der Hand. Auf seinem Gesicht zeigte sich
unter den Augen eine lange Blutspur. Harriet dachte nicht daran,
ihren Bruder zu warnen. Die Handlung war irreal. Sie war Zuschauerin,
Außenstehende. Sobald er in einer Entfernung war, daß er
zuschlagen konnte, blieb Brak stehen und sprach ein einziges Wort,
ein Wort, das sie nicht mitbekam, das jedoch ausreichte, Daniels
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Daniel ein Messer in den
Rücken zu jagen hieße, ihn zu töten, und sie verstand
jetzt, daß Brak verwunden, erschrecken, gesehen werden wollte,
vor allem gesehen werden wollte.
    Daniel fuhr zu ihm herum. Brak stieß die breite Messerklinge
hier- und dorthin; Daniel sollte ihr folgen. Aufblitzend beschrieb
sie kurze Bögen, wie Wunden in der Dunkelheit. Daniel beachtete
sie nicht weiter. Schweigend, mit absoluter Unerschütterlichkeit
und Effizienz, griff er an, eine Handlung, die Fleisch, Knochen und
menschlichem Schmerz, das alles ihnen doch gemeinsam war, völlig
Hohn zu sprechen schien. Er schlug mit aller Kraft auf Brak ein, ein
erstaunlicher Angriff, der weit über den bloßen
Überlebenswillen hinausging. Entgeistert stürzte Brak.
Seine Messerhand öffnete sich. Seine Augen, sein Mund, seine
Arme, sein ganzer Körper öffneten sich weit in instinktiver
Kapitulation.
    Fenster und Türen gingen auf. Leute spähten heraus,
murmelten etwas. Unter ihrem und Harriets Blick setzte sich Daniel
rittlings auf sein Opfer, schob Brak die Finger ins Haar und
ließ seinen Kopf wiederholt und mit uneiliger Wildheit auf die
Pflastersteine des Kais knallen, ein dumpfes und bereits feucht
klatschendes Geräusch. Seine Beharrlichkeit verlangte von
Harriet die Erkenntnis, daß die Show vorüber war: was ihr
Bruder jetzt tat, war echt. Und auf den Steinen breitete sich eine
Lache echten Bluts aus.
    Sie trat vor. Das Geräusch ging weiter. Braks Kumpel, der
fette Bursche mit der ausgerenkten Schulter, hatte den ersten Schock
über seine Verletzung überwunden und hieb schimpfend und
kreischend mit dem unversehrten Arm auf Daniel ein. Daniel beachtete
ihn gar nicht. Unten am Fuß der Treppe zum Kai hinauf zog sich
der Hagere lautstark aus dem Wasser. Leute schwärmten aus den
Häusern. Harriet hockte sich hin. Ihr Gesicht war auf gleicher
Höhe mit dem Gesicht ihres Bruders. Wieder und wieder
stieß er Braks Kopf gegen die Pflastersteine.
    »Danno?« sagte sie. »Danno?«
    Er hörte sie. Langsam kehrte er aus seinem Traum zurück.
Er hörte damit auf, Braks Kopf gegen die Steine zu schlagen,
löste die Finger aus Braks Haar und wischte sie am Hemd ab, wo
sie rote Streifen hinterließen, die er untersuchte. Er war
nicht überrascht. Er erhob sich. Harriet versicherte sich,
daß Brak bewußtlos war, jedoch noch immer atmete, und
erhob sich ebenfalls. Keuchend lag Brak mit dem Gesicht nach unten
da. Der fette Bursche sah ihn mit offenem Mund an. Sein Brustkasten
hob und senkte sich, und die Augen waren wild.
    Daniel

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