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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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schwang ein Bein über Braks Körper und ging
davon. Harriet folgte ihm. Die Leute aus den Häusern traten
brummelnd von einem Fuß auf den anderen, aber weder sie noch
Braks beide Kumpane zeigten Neigung, dazwischenzugehen.
    Harriet holte ihren Bruder ein, als er den Kai verließ.
»Was soll ich tun? Einen Krankenwagen rufen?«
    Er schüttelte den Kopf. Typen wie die verdienten alles, was
sie erhielten. Jetzt spürte er die Erschöpfung bis auf die
Knochen.
    »Nee. Ich werd zur Polizei gehen. Ihnen sagen, was passiert
ist. Du auch. Ich wette, die haben diese Burschen da auf der Liste.
Auf jeden Fall, drei gegen einen, da können sie mich kaum
beschuldigen, angefangen zu haben. Das Messer hilft natürlich.
Vielleicht verleihen sie mir einen Orden.«
    Er lächelte sie an. Jäh fröstelte sie.
    »Das hast du schon mal gemacht, Danno.«
    »Was?« Er brauchte nicht zu antworten. »Nee. Glaub
kaum. Nie einen Grund dafür gehabt.«
    Sie glaubte ihm nicht. Grund? Konnte es jemals einen Grund,
irgendeinen Grund, für das geben, was sie heute nacht gesehen
hatte?
    Er ging voraus. Der Bursche hatte Harri haben wollen. Hatte Harri
ficken wollen. Ein Kind wie Harri. Er hatte alles verdient, was er
bekommen hatte.

 
Der Bevölkerungsrückgang
Jahr 40: Ende Oktober
5
     
    An jenem Samstagmorgen hatten Mark und ich eine unserer
Auseinandersetzungen. Glücklicherweise tat Anna das, was
Teenager am Wochenende tun, sie blieb im Bett, bis es unter ihr
verfaulte. Glücklicherweise, denn angeblich ging es bei unserer
Auseinandersetzung um sie. Angeblich. Unsere Auseinandersetzungen
gingen stets angeblich um das eine, während sie in Wirklichkeit
um etwas viel mehr/weniger Wichtiges gingen. Üblicherweise um
dasselbe Etwas: das ich als Marks diktatorisches Verhalten
erachte.
    Er hatte bereits die Organisation meiner Veröffentlichung
für mich übernommen: einen großen Teil des
vorhergehenden Nachmittags hatte er online am Computer verbracht, er
hatte in seinem scheußlichen Deutsch mit Natur verhandelt, und heute faxte er ihnen meinen abgelehnten Antrag
als Köder zu. Eine detaillierte Präsentation, von mir
verfaßt und daraufhin von ihm für den Zeitschriftenmarkt
umgeschrieben, konnte warten, erzählte er mir freundlich, und
zwar bis Mitte der Woche. Aber bis dahin mußte ich ebenfalls
einen Patentantrag fertig haben, der beim International Patent Office
in Genf zu den Akten genommen werden konnte.
    Für den Augenblick des Frühstücks hatte er seine
gottgleiche Aufmerksamkeit jedoch darauf gerichtet, für Anna
einen Milhaus-sicheren Hafen zu finden.
    Ich konnte ihm deshalb kaum Vorwürfe machen: wir hatten die
ganze Zeit über gewußt, daß wegen der
Veröffentlichung nichts entschieden werden konnte, ehe Anna
nicht in Sicherheit war. Die Schwierigkeit bestand nur darin,
daß ich aus meinem Dämmerzustand erwacht war. Ich war
keine arme, schwache, schockierte und gehorsame Frau mehr. Die
Entdeckung eines Verräters in meinem Institutsteam war der
Auslöser hierfür gewesen. Sechs Jahre deplaziertes
Vertrauen, ein gänzlich schlechtes Urteilsvermögen –
das schwärte. Ich hatte noch nicht entschieden, was ich deswegen
zu unternehmen gedachte, aber in der Zwischenzeit war ich nicht in
der Stimmung, Mark zuzuhören, der mir gerade erzählte, wie
meine eigene Tochter zu schützen war.
    »… einer von den Burschen bei Science News hat
ein Wochenend-Hausboot unten auf dem Haskel-Besitz, Harriet.
Hört sich ideal an. Es ist am Ende von Nirgendwo,
und…«
    »So ideal, daß sie da zuerst nachsehen werden. Sei doch
vernünftig, Mark – deine Arbeitskollegen sind die letzten
Leute, die wir benutzen können. Ihre Namen werden wie
Christbaumkerzen auf dem Bildschirm des Abteilungscomputers
aufleuchten.«
    Wir saßen in der Küche am Frühstückstisch.
Der Himmel war wieder klar, von einem winterlichen Weiß-Blau,
und im frühmorgendlichen Sonnenlicht warfen die Silberbirken
draußen vor dem Fenster lange Schatten. Yvettes Wochenenden
gehörten ihr, also hatten wir die Küche für uns. Das
gab uns freie Hand: wir hatten ihr die Wahrheit über Sergeant
Milhaus’ Besuch und die Gründe dafür anvertraut, aber
je weniger sie von unseren Zukunftsplänen wußte, desto
besser für sie.
    Mark aß gerade den Rest des Rühreis und des
Heringsrogens, den ich nicht hatte haben wollen. »Du sprichst
von vielleicht zweihundert Leuten, Harriet. Ist eine große
Organisation, nicht allein Science News, und ich komme da
ziemlich herum. Du fällst auf die

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