Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
verrückt hielte?
    Der Lärm oben schwoll an. Grimmig kämmte sich Harriet
das Haar. Sie fand Oma brillant. Genau in diesem Augenblick war eine
Insel kilometerweit entfernt äußerst anziehend.
    Sie zog eine lockere Hose und bequeme Schuhe an und lief
schnurstracks nach oben ins Wohnzimmer. Sie wollte es hinter sich
bringen. Ihre Eltern erstarrten: es war, als ob ihre rohe,
übertriebene Haltung ewig währte, und sogar der Ausdruck
auf ihren wütenden, häßlichen Gesichtern.
    Julius sagte, die Welt wäre liebenswürdiger. Harriet sah
das nicht so. Das Problem waren weder Männer noch Frauen. Das
Problem war anscheinend der Ärger – er setzte sich entweder
in Macht um oder nicht.
    Rasch fragte sie: »Papa – weißt du, wo Danno
ist?«
    Sie machten weiter. Mama sagte: »Dein Vater ist
betrunken.«
    Er breitete die Arme aus. »Ich hab das nicht geleugnet. Mein
Argument war, ob das an einem Samstagnachmittag wirklich so
schrecklich ist.«
    Harriet verabscheute sie. Insbesondere verabscheute sie in diesem
Augenblick sein schrecklich. Mama so mit Worten ins Gesicht zu
lachen zeugte so von Schwäche. »Wo ist Danno?«
    »Ich hab ihn im Pelikan zurückgelassen, Harri.
Natürlich könnte er inzwischen woanders sein.«
    Ihre Mutter lachte höhnisch. Richtig höhnisch.
»Wenn er sich noch auf den Beinen halten kann.«
    »In dieser Hinsicht brauchst du dir keine Sorgen zu machen,
Mutter. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß unser Danno ein
Mann mit beträchtlicher Erfahrung beim Trinken ist.«
    Harriet verschwand, lief Türen schlagend aus dem Haus und die
Straße hinab. Mutter war ein weiterer Hohn. Er
wußte genau, daß Bess das nicht ausstehen konnte. Johan
gewann diese Kämpfe jedoch nie. Anschließend sah er sich
selbst zu klar.
     
    Daniel war nicht weitergezogen. Harriet fand ihn im Pelikan, ein
Glas in der Hand, dennoch sicher auf den Beinen und nicht
betrunken.
    »Harri. Du hast mich gefunden. Großartig. Harri –
das ist Douglas. Du erinnerst dich an Douglas? Laß dir von mir
eine Coke spendieren.«
    Sie erinnerte sich an Douglas. Er war oft hier. Nach dem Abgang
von der Schule hatte er einen Job an den Molen gefunden. Er hatte
behaarte Arme und hielt sich für den Typen mit dem
größten Sexappeal in der Stadt.
    »Jesses, Harri, sieh nicht so drein! Er benimmt sich heute
erstklassig. Nicht wahr, Doug, Junge?« ›Doug Junge‹
gab keine Antwort. Glatt fuhr Daniel fort: »Ist Papa gut nach
Hause gekommen? War er sternhagelvoll? Bloß an dem Zeug
gerochen, mehr hat er nicht getan, und schon sternhagelvoll…
Doug ist drinnen geblieben. Du hast ihn nicht gesehen, Doug.
Sternhagelvoll.«
    »Auf mich wirkte er in Ordnung. Er hat auf dem Sofa
geschlafen, als wir von der Beratungsstelle heimgekommen sind.«
Mehr sagte sie nicht. »Und ich hätte liebend gern eine
Coke.«
    Sie wußte nicht, wovor sie Danno schützte. Nicht Dougs
Anwesenheit hatte ihr Einhalt geboten. Vielleicht schützte sie
sich selbst. Daniel bestellte die Coke sowie ein weiteres Bier
für Douglas und sich selbst. Douglas nahm sein Bier nicht. Er
hatte bislang kein Wort gesprochen, und ihr wurde klar, daß er
bewußtlos war. Auf den Beinen, die Augen offen, grinsend,
jedoch bewußtlos.
    »Ich wollte mich nicht aufdrängen, Danno…« Sie
war hier, weil das dem Haus vorzuziehen war. Sie improvisierte:
»Ich bin hergekommen, weil… nun ja, ich hab einfach wissen
wollen, ob du irgendwas für heute abend geplant hast.«
    Danno blickte sie von der Seite her an. »Orgien, kleine
Schwester. Du solltest nicht fragen. Alle Huren in der Stadt. Wie
alles Gute sind sie im Dutzend billiger.« Er hob sein Glas.
»Prost!«
    Sie trank ihre Coke. Sie hatte nicht improvisiert, sie hatte
über den heutigen Abend nachgedacht, seitdem sie von seinem
Kommen erfahren hatte. »Ich meinte vorher, vor den
Huren.«
    Er riß sich zusammen. Sie war nicht Mama, er mußte sie
nicht anmachen. Was würde ihr heute abend am besten gefallen?
Armes Kind, in diesem gottverlassenen Nest gab es nicht viel für
sie. Nur der eine Ort, wirklich.
    »Weil, wenn du frei bist«, fuhr sie fort, »da habe
ich gedacht, wir könnten vielleicht…«
    »Einige Kumpels zum ›Mensch ärgere dich nicht‹
einladen?«
    »Nicht ganz das, was ich im Kopf hatte, Danno.«
    »Dann einander vor dem Fernseher das Haar
kämmen?«
    »Ich hasse dich, Danno. Ich schwöre, ich werde
nie…«
    »Für ein Tänzchen in der Bahnhofs-Disco
vorbeischauen?« Er grinste sie an. »Fängt um halb neun
an? Ganz bestimmt keine

Weitere Kostenlose Bücher