Messi
Pokal mit nach Hause brächte, wovon sie seit 1986 alle träumen. Maradona – Messi, Messi – Maradona: Nach langem Hin und her, nach vielen kritischen und widersprüchlichen Äußerungen scheint sich ihr Verhältnis normalisiert zu haben.
Seit dem Amtsantritt Maradonas hat Messi elfmal für Argentinien gespielt und dabei nur drei Tore geschossen. Am schlimmsten war für ihn der 14. Oktober 2009. Da wurde er dafür kritisiert, sich nicht angemessen über das Tor von Mario Bolatti gegen Uruguay gefreut zu haben, mit dem sich Argentinien das Ticket für Südafrika sicherte. Diegos Mutter Celia musste damals ihren Sohn verteidigen: „Es tun ihm sehr weh, wenn schlecht über ihn geredet wird. Warum sind immer so viele gegen ihn? Er leidet darunter, und es dauert lange, bis er sich wieder davon erholt.“ Ja, es stimmt, es geht Lionel schlecht, er ist in einer Krise. Seine Mitspieler bei Barcelona wissen das, aber bei Maradona findet er keinen Rückhalt. Verdrossen ruft er den Trainer an, um ihm mitzuteilen, dass er nicht mehr für Argentinien spielen will.
Maradona kapiert den Ernst der Lage und fährt nach Barcelona. Die beiden reden zum ersten Mal ernsthaft miteinander. Der Trainer sagt Messi, dass er sich keine Sorgen machen soll und dass sich die Situation für ihn ändern wird. Von diesem Moment an gibt es so etwas wie eine Beziehung zwischen Leo und Diego.
Maradona, „die 10“, beginnt, seinen Schützling zu verhätscheln. Und vor dem letzten Freundschaftsspiel vor der WM gegen Kanada sagt der Trainer öffentlich: „Ich weiß nicht, was die Leute über Leo denken, aber ich kann sagen, was ich von ihm halte. Ich denke, er ist der Beste. Und er ist Argentinier. Ich habe den Jungs gesagt, wenn Leo den Ball hat, dann haben wir viel mehr Möglichkeiten. Ich muss in ihre Köpfe kriegen, dass wir eine Mannschaft sind und dass wir Messi haben, damit er genauso spielt wie bei Barça. Messi weiß, dass die Mitspieler auf ihn setzen, er ist quasi das Sahnehäubchen. Er muss auf dem Spielfeld der Anführer sein. Wir brauchen ihn nicht als großen Redner, sondern auf dem Platz. Wenn wir Fußball spielen und der Ball nicht zu Messi kommt, dann machen wir etwas falsch.“
Maradona setzt auf ihn, er vertraut ihm, aber gleichzeitig fordert er ihn, indem er ihm seine eigene Geschichte als Beispiel vorhält. „Messi“, sagt sein Trainer, „Messi erfährt viel mehr Unterstützung, als ich sie vor der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko hatte. In Mexiko musste ich mir die Macht über den Ball und die Vorherrschaft im Team erkämpfen. Ich wuchs mit der Aufgabe, und die Mitspieler folgten mir. Ich habe Leo erklärt, dass er es in Südafrika genauso machen muss, und er hat es verstanden. Ich spreche viel mit ihm und tue alles, damit es ihm gut geht.“
Seinen Führungsspielern sagt Maradona zu Beginn der Vorbereitung: „Tut alles, dass Messi sich wie der Beste fühlt.“ Damit jemand auf ihn aufpasst, steckt er ihn mit Juan Sebastián „La Brujita“ Verón in ein Zimmer. Verón war schon bei der Copa América 2007 Messis Tutor gewesen. Die beiden verstehen sich gut. „Ich beobachte sie“, vertraut Maradona der Zeitung Clarín an. „La Brujita ist ein Fußballintellektueller, er weiß viel mehr als Leo. Aber sie reden viel miteinander, und Messi antwortet: ,Ja, ja, ja.‘ Es ist schön, ihre Unterhaltung zu verfolgen.“ Kurzum: Lionel ist zur Ruhe gekommen, er ist zufrieden, er freut sich aufs Fußballspielen und ist bereit, sich zu zerreißen. Das erste Spiel gegen Nigeria rückt näher. Bei der Pressekonferenz sieht Maradona schon die Schlagzeilen des nächsten Tages vor sich: „Argentinien ist weiter der Rolls-Royce, aber jetzt sitzt Messi am Steuer.“ Und dann wünscht er ihm, dass er bei der WM die Hauptfigur wird und der beste Spieler aller Zeiten.
Am Samstag, den 12. Juli, erweist sich Lionel im Ellis Park von Johannesburg der Komplimente würdig. Er ist der Beste im Team Argentiniens. Er erleuchtet das Spiel der Mannschaft, er weiß immer, was zu tun ist, in Argentiniens Angriff ist er am aktivsten. Er macht alles gleichzeitig, ist Spielmacher, Passgeber, Außenstürmer und Vollstrecker. Er gibt die meisten Vorlagen für Torschüsse – aber Tévez und Higuain vergeben die Chancen. Er überläuft am häufigsten seine Gegenspieler und lässt selbst die meisten Schüsse aufs Tor los, achtmal zieht er ab. Drei seiner Schüsse gehen vorbei, vier kommen auf den Kasten, aber Vincent Enyeama, der nigerianische
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