Messi
Mitspieler?“, fragt Clarín . Das Blatt bringt andere Namen für das Mittelfeld ins Spiel und fordert mehr Freiheiten für Messi, der sich dort aufreibe, weit weg vom gegnerischen Tor, wo man auf den besten Spieler der Welt nicht verzichten könne.
Aber jetzt geht es gegen Deutschland. Die Mannschaft hat die Engländer ausgeschaltet und spielt unter ihrem Trainer Joachim Löw und dank Technikern wie Müller, Özil und Khedira einen frischen und äußerst unterhaltsamen Fußball. Die Argentinier haben gute und schlechte Erinnerungen an die Deutschen. Da ist der 3:2-Sieg im Finale der WM in Mexiko 1986, die Tränen Maradonas nach der Niederlage im Endspiel 1990 in Italien und das Aus nach Elfmeterschießen im Viertelfinale 2006.
Dieses Mal bleiben nur böse Erinnerungen. Deutschland zerstört alle Hoffnungen der Argentinier und gewinnt so deutlich, weil es sich als Mannschaft präsentiert. Es ist der Triumph eines von Schweinsteiger angeführten Kollektivs gegen die Individualisten eines Teams in Weiß und Blau, das nur aus Willen und Wucht und taktischer Unordnung besteht. Maradonas Aufstellung, von einigen als revolutionär gepriesen, scheitert vollends. Messi ist nach einer Viertelstunde zum ersten Mal am Ball. Er versucht, das Spiel zu organisieren und selbst zum Abschluss zu kommen, aber außer ein paar Dribblings, außer einem netten Trick mit dem Ball und zwei ungefährlichen Schüssen aufs Tor gelingt ihm nicht viel. Bemerkenswert ist auch, dass Schweinsteiger und die anderen Deutschen ihn ohne ein einziges Foul stoppen können. Zwölfmal verliert Messi den Ball, kein einziges Mal erobert er ihn zurück. Er ist verzweifelt, weil er in den wenigen Situationen, in denen er Platz hat, nicht angespielt wird. Er läuft ins Leere – und ist am Boden zerstört.
Messis WM-Bilanz ist trostlos. In fünf Partien hat er öfter aufs Tor geschossen als alle anderen, nämlich 30-mal. Zwölf Bälle gingen auf den Kasten, zwei gegen den Pfosten, aber ein Treffer gelang ihm nicht. Und das ist nicht einmal das Entscheidende. Nach seinem starken Debüt gegen Nigeria verlosch sein Glanz mehr und mehr, und gegen Deutschland, als alle hofften, er könne als Superman alles richten, war er nur einer unter vielen. Wer ist Schuld an dem Desaster? Teilweise Messi selbst, denn er konnte die hohen Ansprüche nicht erfüllen. Es lag aber auch an der Rolle des Spielmachers, wie sie ihm Maradona zudachte, weit entfernt vom Strafraum des Gegners. Es lag am „System Diego“, an seinem 4-1-5, das sehr gewagt war und gegen die Deutschen nichts brachte. Es fehlte ein Mittelfeldspieler, der Lionel hätte besser in Szene setzen können.
Am Tag darauf lauten die Schlagzeilen der argentinischen Zeitungen so:
„Die Nationalmannschaft wurde bei der WM gedemütigt. Der tiefste Fall seit 1974.“ ( Clarín )
„Deutschland zieht Argentinien aus.“ ( La Nación )
„Messi ohne Tor und Ruhm.“ ( Olé )
„Die Tränen von Messi, die Tränen Argentiniens.“ ( Perfil )
Nach dem Spiel spricht Messi kein Wort. Maradona sagt: „Das ist das Schlimmste, was ich je erlebt habe, das ist ein schwerer Schlag.“ Messi weint nur. Erst einige Tage später kann man im Internet lesen: „Mir geht es sehr schlecht, ich möchte nur noch nach Hause. Wir haben schlecht gespielt und die Hoffnungen so vieler Menschen enttäuscht, wir müssen noch einmal von vorne anfangen.“
Als Andrés Iniesta, Messis Mannschaftskollege in Barcelona, das Tor schießt, das Spanien erstmals zum Weltmeister macht, ist Lionel schon weit weg von Südafrika. Die Paparazzi stöbern ihn und seine Freundin an den Stränden von Rio de Janeiro in Brasilien auf. Also genau da, wo 2014 die nächste Weltmeisterschaft stattfindet. Wenn sie beginnt, ist Lionel 26. Genauso alt wie Maradona, als der sich 1986 zum König krönte. Und wer weiß? Vielleicht wird Messi dann auch König sein.
38 Barcelona
Heute
23 Jahre ist noch sehr jung. Die Vergangenheit ist noch ganz frisch, während die Zukunft noch weit entfernt scheint. Es ist zu früh, um Bilanz zu ziehen, und es ist schwierig, nach vorne zu schauen und zu erkennen, was die Zukunft bringen wird. Doch man kann es jederzeit versuchen. Das sieht auch Leo Messi so.
So, wie er da an einem Tisch in einer Lounge im Bauch des Camp Nou sitzt, wirkt er beinahe wie ein Schuljunge, der seine Hausaufgaben vor der Klasse vortragen muss. Sein einziges Hilfsmittel besteht aus einem auf dem Tisch liegenden Mobiltelefon.
Fangen wir an.
Was waren die
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