Messi
dem Ball die Aufmerksamkeit der Medien. Während des Trainings und vor Spielen jonglierte er zur eigenen Erheiterung mit dem Ball herum. Dieses Können erfreute sich selbst bei der Vereinsspitze großer Beliebtheit. Das ging so weit, dass er bei Spielen der Profimannschaft in der Halbzeitpause mehrfach das Publikum damit unterhielt. Man kündigte ihn über die Lautsprecher an, woraufhin er dann den Ball am Fuß jonglierend die Tribüne hinunter und weiter bis zum Mittelkreis lief, wo er das eine oder andere Kunststück vollführte. An diese Halbzeiten können sich viele der Aussätzigen noch gut erinnern – es ist das erste Bild, das sie von dem Jungen, der später der berühmte Lionel Messi werden sollte, vor Augen haben.
„Er war etwas ganz Besonderes“, erinnert sich Messis zweiter Trainer bei Newell’s, Ernesto Vecchio, in seiner Reparaturwerkstatt mit alten amerikanischen Autos. „Er war klug, er konnte gut sprinten, seine Zuspiele kamen genau auf den Punkt. Er spielte für seine Mannschaftskameraden, aber er war auch in der Lage, die halbe gegnerische Mannschaft stehen zu lassen. Auf dem A-Platz der Malvinas spielte ihm mal der Torwart am eigenen Strafraum den Ball zu, Leo rannte über den ganzen Platz und schloss mit einem unglaublichen Tor ab. Man musste ihm nichts beibringen. Was soll man einen Maradona oder einen Pelé schon lehren? Als Trainer muss man da höchstens mal Winzigkeiten korrigieren.“
Es gibt reihenweise Erinnerungen an jene zwei Jahre zwischen Messis zehntem und zwölften Lebensjahr, als Vecchio Leo trainierte. Da ist z. B. das Turnier von Balcarce, wo die 87er Mannschaft von Newell’s die Boca Juniors, Independiente und San Lorenzo aus dem Rennen warf. Lautaro Formica, der als Verteidiger bei den 87ern von Newell’s spielte, behauptet, dass er damals nichts zu tun hatte: „Der Ball kam nie in Richtung unseres Tors. Ich kann mich erinnern, dass Rodas und Messi ein richtiges Chaos bei denen anrichteten. Sobald Messi den Ball bekam, ließ er die Gegner stehen. Manchmal haben wir uns da hinten ganz schön gelangweilt.“
Der auch als Billy bekannte Gustavo Ariel Rodas, der andere Star jener Mannschaft, ist das Gegenstück zu Leo, nämlich der Beweis dafür, dass Talent nicht automatisch zum Erfolg führt. Billy war ein offensiver Mittelfeldspieler mit einer ausgezeichneten Technik. Auch er stammte aus Rosario, war jedoch in einem Elendsviertel zur Welt gekommen. Mit 14 war er bereits Einwechselspieler in der 1. Mannschaft von Newell’s und wurde auch zum ersten Mal Vater. Noch vor seinem 16. Geburtstag feierte er sein Debüt in der ersten Liga. Alle sagten ihm eine strahlende Zukunft voraus. Doch heute, mit Anfang 20 und nunmehr zwei Kindern, ist er in Vergessenheit geraten. „So etwas passiert so vielen Spielern, die aus den Slums, aus der Armut kommen“, erklärt Vecchio. „Der Fußball hilft ihnen zwar, dem Leid zu entfliehen, aber wenn es nicht passt, gehen sie in die Slums zurück, fangen an zu trinken, nehmen Drogen und verlieren alle Hoffnung. Bildung macht auf jeden Fall einen Unterschied. Bei Leo gab es einen Vater und eine Mutter, die ihn unterstützt haben und ihm dabei halfen, der zu werden, der er heute ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass die familiäre Umgebung einer der Faktoren für den Erfolg eines Fußballers ist.“ Zum Schluss erzählt Ernesto Vecchio seine schönste Anekdote über Leo: „Wir hatten ein Spiel gegen Torito, einen Verein aus unserer Liga. Leo war krank, und ich wollte ihn nicht einsetzen. Also ließ ich ihn auf der Bank. Es waren nur noch ein paar Minuten bis zum Schlusspfiff, und wir lagen 0:1 zurück. Also ging ich zu Leo und fragte: ‚Bock zu spielen?‘ Er sagte Ja, wärmte sich auf. Kurz bevor er eingewechselt wurde, rief ich in seine Richtung: ‚Hol mir dieses Spiel!‘ Und genau das tat er dann auch. In fünf Minuten machte er zwei Buden und drehte die Partie.“ Nicht ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass der Floh in der Meisterschaft, bei Turnieren und Freundschaftsspielen pro Saison auf 100 Tore kam.
2000 spielt Leo, nun 13 Jahre alt, in der zehnten Liga letztmalig für die Máquina 87, die nun von Adrián Coria trainiert wird. Die wiederum siegreiche Mannschaft tritt im Bella-Vista-Stadion an, in dem auch die Profis trainieren. Am 3. September 2000, nur zwei Wochen vor Leos Abreise nach Barcelona, druckt La Capital das erste, doppelseitige Interview mit ihm: „Lionel Andrés Messi, ein kleiner Aussätziger und kaum zu
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