Messi
Höhen vorstoßen wird, und glaube, dass es für ihn schon schwer genug sein wird, überhaupt in die Nähe zu kommen.“ So viel zu den Gegenmeinungen.
Kuriosität am Rande: Das Nationale Olympische Komitee Argentiniens hat sogar eine von Miguel Toderi geleitete Studie durchgeführt, in der die beiden Spieler wissenschaftlich miteinander verglichen wurden. Das Ergebnis? Binsenweisheiten. Die Forscher wiesen nach, dass Messi und Maradona eine Reihe von gemeinsamen körperlichen Eigenschaften besitzen: Sie haben beide einen niedrigen Schwerpunkt und ähneln sich auch in Muskelmasse, Größe, Gewicht, Entwicklung – und natürlich sind beide Linksfüßer.
In solchen Fällen ist es besser, die Wissenschaft beiseite zu lassen, ein wenig rund um die Bombonera (das Stadion der Boca Juniors im Stadtteil La Boca in Buenos Aires) zu spazieren und mit großen und kleinen Fans zu plaudern. Rodrigo in seinem blau-gelben Boca-Juniors-Trikot hat Maradona spielen sehen und will von Vergleichen nichts wissen. Stattdessen zählt er Messis Schwächen auf: von seinen Freistößen bis zu seiner Unfähigkeit, ein Spiel zu lesen. Gleichzeitig preist er Maradonas Talente und möchte vom Fragesteller wissen, ob dieser sich an die beiden ersten Tore der Nummer 10 bei den Argentinos Juniors erinnern könne. Weiter geht es zu Luis, der in seinem Boca-Juniors-Fanshop ein Foto von Maradona in Aktion hängen hat mit der Inschrift: „Deine Kinder und Kindeskinder werden dich nach ihm fragen.“ Doch läuft man dann noch weiter durch die Straßen, sieht man ein paar kleine Kinder Fußball spielen, von denen zwei Barcelona-Trikots mit Messis Namenszug auf dem Rücken tragen. Der zehnjährige Julián, der Gesprächigste von ihnen, sagt mit Nachdruck: „Ich bin zwar ein Fan von Boca, aber ich mag Messi und die Art, wie er spielt.“
Vielleicht hat es etwas mit dem Alter zu tun, wen man vorzieht? Horacio del Prado, Kommentator beim argentinischen Sender Radio Nacional, erklärt es so: „In einem seiner schönsten Gedichte, El Poeta murió al amancer [Der Dichter starb im Morgengrauen], schreibt Raúl Gonzáles Tuñón: ‚Manche Leute, die ältesten, lehnten ihn von Anfang an ab. Andere, die jüngeren, lehnten ihn später ab.‘ Genau das passiert Generation für Generation auch in der Fußballwelt, und es geschieht auch mit Messi. Die alten Leute, die behaupten, dass Messi niemals das Niveau Maradonas erreichen wird, vergessen, was immer gesagt wird, wenn ein neuer Superstar auftaucht: Das schafft der nie. Sie sagten, dass Maradona zu dick und zu klein sei und dass er niemals ein ganz Großer werden würde. Der große Torwart Hugo Gatti gehörte zu denen, die unaufhörlich über Maradonas Figur redeten. Und dann hat Diego ihm vier Tore eingeschenkt.“
Lassen wir die Meinungen nun auf sich beruhen und wenden uns weiteren Gründen zu, warum dieser Vergleich zwischen Messi und Maradona immer wieder bemüht wird. Es ist eigentlich ganz einfach. Seitdem Maradona 1997 seine Karriere beendete, sind die Argentinier auf der Suche nach einem Nachfolger. Das ist nicht weiter ungewöhnlich und eigentlich immer der Fall, wenn ein großer Spieler abtritt. Zunächst braucht es Zeit, um sich mit dem Verschwinden des Mythos abzufinden. Danach braucht es Zeit, um jemanden zu finden, der an ihn erinnert – jemanden, der den verlorenen Zauber für uns wiederbelebt und der uns in alten Zeiten schwelgen lässt. Denn die Erinnerung ist ein Hauptaspekt des Fußballs. Und ein junger Spieler, der als der „neue Pelé“ oder „neue Maradona“ bezeichnet wird, lässt sich einfacher verkaufen, denn so weiß jeder, wovon man spricht. Oftmals läuft das aber schief – z. B. wenn der Nachfolgekandidat nicht sämtliche Erwartungen erfüllt, so geschehen bei den „neuen Maradonas“ Ariel Ortega, Pablo Aimar, Juan Román Riquelme oder dem „Apachen“ Tévez. Ein solcher Vergleich kann belastend sein. Das gilt umso mehr, wenn es wie in Messis Fall derart viele Übereinstimmungen gibt: klein, Linksfuß, bei Newell’s groß geworden (wo Maradona ein kurzes Intermezzo hatte), beim FC Barcelona gereift (Maradonas erster Station in Europa), U20-Weltmeister (so wie Maradona 1979), erster Einsatz für die A-Nationalmannschaft gegen Ungarn, ganz genau wie Diego. Und es macht die Sache nicht einfacher, wenn Maradona einen höchstpersönlich in seine Fernsehshow La Noche del 10 („Der Abend mit dem Zehner“) einlädt und zu seinem Erben erwählt. „Leo ist auserwählt, einer
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