Messi
über den kleinen Jungen, den er vor so vielen Jahren trainierte. „Als ich sein erstes Tor im Trikot von Barcelona im Fernsehen sah, da musste ich weinen. Meine Tochter Genoveva, die im Zimmer nebenan war, fragte: ‚Was fehlt dir, Papa?‘ ‚Nichts‘, sagte ich. ‚Mit mir gehen bloß gerade die Gefühle durch.‘“
Aparicio holt ein weiteres Juwel aus seiner Plastiktüte. Noch ein Foto des kleinen, blonden Jungen mit zu großem Trikot und zu kurzen Beinen. Er hält einen Pokal in der Hand, den ersten, den er je gewonnen hat. Der Trophäe ist fast so groß wie der Junge selbst.
Leo ist noch keine fünf Jahre alt, als er auf dem Grandoli-Platz bereits die ersten Tore und Erfolge genießt. Während seines zweiten Jahres hat er sogar das Glück, seinen Vater zum Trainer zu haben. Jorge nimmt das Angebot des Vorstandes an und betreut die 87er-Mannschaft. Sie spielen in der Afi, einem von vielen Wettbewerben in der Stadt. Und sie gewinnen alles: „Wirklich alles, alles : die Meisterschaft, Turniere, Freundschaftsspiele …“, erinnert sich Jorge Messi, eher stolzer Vater als stolzer Trainer, an die Zeit zurück.
Außer dem Fußball gibt es noch die Schule. Leo geht auf die Schule Nummer 66 General Las Heras, in der Buenos Aires Nummer 4800. Auf dem Weg begleiten ihn entweder seine Mutter Celia, seine Tante Marcela oder die Nachbarin Silvia Arellano, Mutter seiner besten Freundin Cintia. Sie gehen quer über das offene Gelände oder laufen entlang der Fußballplätze der Kaserne des Fernmelde-Bataillons 121. In gut zehn Minuten ist das Schultor erreicht.
Geht man heute auf den Eingang zu, kann man die erste Klasse beim Malen beobachten. Zwei der Kinder tragen Messi-Trikots. Unter dem Dach eines riesigen Pavillons sind ein paar weiß gekleidete Kinder ganz in ein Fußballspiel vertieft. Es gibt zwar Tore, aber sie haben keinen Ball – also behelfen sie sich mit einer Kugel aus braunem Papier, das von Klebeband zusammengehalten wird. Die Kinder bewegen sich mit atemberaubenden Tempo und scheren sich nicht großartig um den scharfkantigen Boden aus grauem Schotter – sie schlagen Haken, täuschen an, dribbeln. Unter den Spielern befindet sich auch Leos Cousin Bruno Biancucchi. Er schwitzt stark, ist ganz rot geworden von seinem Einsatz, sein rabenschwarzes Haar schlägt ihm ins Gesicht, und er trägt einen weiß und pink gestreiften Ohrring. Seine Spielkameraden stellen schnell fest, dass er der Beste von ihnen ist. Die Presse hat Bruno schon eine Reihe von Artikeln gewidmet und preist ihn bereits als Leos Nachfolger. Seine Trainer sagen, dass er ein ausgezeichneter Dribbler ist und das gleiche Talent wie sein Cousin besitzt. Und er ist genauso schüchtern. Man kann ihm lediglich entlocken, dass er seinen Cousin um seinen Unternehmungsgeist beneidet und um seine Fähigkeit, Tore zu schießen. Auch Bruno ist Stürmer und will eines Tages das Trikot von Barça tragen.
Um mich herum hat sich ein Kreis von Kindern gebildet. Alle wollen ihre Meinung über den Jungen loswerden, der bis vor wenigen Jahren auf ihre Schule ging. Der elfjährige Pablo hat überhaupt keinen Zweifel: „Er hat alles, was man braucht, um der Beste der Welt zu werden. Besser als Maradona. Am liebsten mag ich seine Geschwindigkeit, da ist er unglaublich.“ Eine Sache aber beschäftigt den neunjährigen Agustín wie viele seiner Landsmänner: „Maradona hat seine Karriere bei den Argentinos Juniors in Buenos Aires angefangen, und Messi … bei Barça.“ Keine Frage, das ist zu weit weg von hier. Auch die etwas verlegeneren Mädchen gesellen sich bald zu der Gruppe. Bei ihnen sind die Meinungen geteilt. Einige halten Leo für gutaussehend, anderen ist er zu klein.
Es ist gerade Pause, und unter einem verwachsenen Stück Holz – einem uralten Baum – spielen die kleinen Schüler Fangen. Leo sprang gewöhnlich mit einem Papier- oder Plastikball unter dem riesigen Baumstamm hin und her. Seine schönsten Erinnerungen an jene Jahre sind genau diese Spiele mit allem, was ihm zwischen die Füße kam. Er gibt unumwunden zu, dass er den Unterricht nicht besonders mochte.
Mónica Dómina, seine Lehrerin von der ersten bis zur dritten Klasse, kann das nur bestätigen. „Nein, Leo war nicht besonders gut in der Schule, aber seine Leistung war auf akzeptablem Niveau. Am Anfang fiel ihm das Lesen schwer. Deshalb riet ich seiner Mutter, zu einem Sprachtherapeuten zu gehen. In anderen Fächern verbesserte er sich Schritt für Schritt, auch wenn er
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