MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
kam, und dass ihr einziger Anker Todget gewesen war, der Erwählte vom Stamm der Söhne, der sie zu ihrem neuen Leben davonführte, einem Leben, das dem letzten sehr ähnlich war – voller Angst und Geschehnisse, auf die sie keinen Einfluss hatte.
Lily wollte diese Dinge teilen, aber sie tat es nicht. Sie erzählte D_Light nicht, wie sie Arbeit an der Universität als Testobjekt gefunden hatte, dass Professor SlippE, der sie angeheuert hatte, ihr Status als Dämon gleichgültig gewesen war, weil sie deswegen nämlich billig war. Sie erzählte ihm nicht, dass es dieser Professor gewesen war, der ihr den Gedankenchip eingesetzt oder der Experimente an ihr vorgenommen hatte, durch die bizarre Bilder und Stimmen in ihre Psyche eingedrungen waren, einige Ideen hervorgerufen und andere vernichtet hatten. Damals hatte sie zum ersten Mal geträumt, sich den Tod als etwas anderes als ewigen Frieden und Dunkelheit vorgestellt. Jetzt warder Tod ein wunderbares und erschreckendes Unbekanntes geworden, und trotz des Eindrucks, dass sie D_Light vertrauen konnte, war sie noch nicht bereit, ihre Gefühle des Fremdseins und der Verletzlichkeit völlig aufzudecken. Es gab so viel in dieser neuen Welt, das sie nach wie vor nicht verstand, darunter auch, warum es ihr ein Lächeln entlockte, wenn sie diesen Mann an ihrer Seite ansah und er ihren Blick erwiderte.
Langsam hob Lily ihre Augen zu den Sternen oben. »So viel Raum, so weit. Es ist so kalt«, sagte sie mit einem Beben in der Stimme.
»Sie sind falsch, es ist bloß eine Projektion auf der unsichtbaren Kuppel.«
Lily lachte. »Du musst mich für einen Dummkopf halten, einen ›n00b‹, wie du es nennst. Es ist nicht das, was sie
sind
, es ist das, was sie
repräsentieren.«
»Na ja, dann kannst du es vermutlich ›weit‹ nennen, und der Weltraum ist gewiss kalt. Aber er ist auch schön. Du könntest eine Milliarde mal leben und könntest diesen Raum nicht füllen.«
»Und deine OverSoul, deine Göttin, wird dir diese Gelegenheit schenken?«, fragte Lily. Sie richtete den Blick wieder auf die Statue.
»Zu einer Milliarde Mal leben? Wenn die Seele will, ja.«
»Vielleicht reicht einmal gut gelebt zu haben eben aus.«
D_Light unterdrückte den Drang, die Augen zu verdrehen. Das war so etwas, was Außenseiter und erschöpfte Spieler sagten, damit ihnen der Tod nicht so schwerfiel, aber er nahm davon Abstand, es laut zu sagen. Lily war kein Feigling. Sie war in einem Land von gewaltiger Komplexität, einer Welt, die um sie nicht das Geringste gab. In der Tat war sie Futter für die belanglosen Wünsche anderer, und dennoch saß sie heiter dort, prächtig und resolut, und als er sie neben der Statue so ansah, wirkte sie gleichfalls wie eine Göttin – eine, die all ihrer Macht beraubt sein mochte, jedoch nicht ihrer Göttlichkeit.
»Das hat mich einmal erschreckt«, sagte D_Light. »Da oben.« Er zeigte hinauf in die sternenübersäte Nacht.
Lily kniff die Augen zusammen, als würde sie nach etwas Besonderem Ausschau halten. »Als ich klein war«, sagte D_Light, »habe ich allein in einem winzigen, fensterlosen Raum abseits der anderen Kinder geschlafen. Mein Schlafzimmer war draußen auf dem Dach unseres Kinderheims, und so schaute ich in klaren Nächten auf zu den Sternen, bevor ich zu Bett ging. Ich fuhr mit dieser Gewohnheit fort, bis eines Tages, da lag ich in meinem Bett …« D_Light hielt inne, weil er nicht genau wusste, wie er es erklären sollte. »Da lag ich in meinem Bett und spürte
Unendlichkeit.«
Er sah Lily in die Augen, um zu erkennen, ob er sie bereits verloren hatte, aber sie wirkte konzentriert und bezaubert, und daher fuhr er fort: »Ich begriff, dass ich ein Fleck in der Zeit war, einer Zeit, die ewig währte, ohne Ende. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich bereits verschwunden und dass mein Leben, ich, die Person, die ich war, meine Seele, auf einer solchen Bühne keine Bedeutung hatte – in einem Universum ohne Ende.«
Lily legte ihre Hand auf die seine, und die beiden richteten den Blick wieder zu den Sternen.
»Es hat mich erschreckt«, sagte D_Light, die Augen nach wie vor auf den Nachthimmel gerichtet. »Es hat mich erschreckt, nichts zu sein.« Dann kicherte er. »Also habe ich damit aufgehört, auf dem Weg ins Bett nach oben zu blicken, und habe angefangen, bei Licht zu schlafen.«
Lily lächelte über diese Lösung. »Ich habe immer dicht bei meinen Schwestern und Töchtern geschlafen, bis das keine Option mehr war. Warum hast du
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