Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
gefundenes
Fressen, für die Existenz der Familie wäre es vermutlich das Aus gewesen. Ganz
gleich, was Leander behauptete.
Pfeifer und Beate ließen sich das alles noch einmal
durch den Kopf gehen und beschlossen dann, diesen Ansatz weiterzuverfolgen.
„Irgendwie kann ich sogar verstehen, dass er sich
nicht um seine Frau gekümmert hat“, begann Pfeifer, sobald sie das Haus
verlassen hatten. „Wenn das rauskommt mit dieser Tabea Siebling, dann ... Schon
allein die Behauptung würde ausreichen, um seine Existenz zu ruinieren.“
„Ich sehe das genauso. Und doch hat er seiner Frau
nicht geholfen. Sie war offensichtlich völlig überfordert mit der Situation.
Früher oder später wird ja doch alles herauskommen.“ Sie seufzte tief. „Wo
fangen wir an?“
Sie teilten sich auf. Beate würde den Hausarzt Dr.
Maier aufsuchen, um etwas mehr über Melanies Depressionen zu erfahren, und
Pfeifer wollte zum Restaurant fahren und sich noch einmal umsehen. Danach plante
er, mit den Polizisten auf dem hiesigen Revier zu sprechen. Keine leichte
Aufgabe, und wenn er ehrlich sein sollte, fürchtete er sich sogar ein bisschen
davor. Schließlich war er gestern nicht besonders kollegial mit ihnen
umgegangen. Er hasste es, sich zu entschuldigen. Dennoch würde ihm wohl oder
übel nichts anderes übrig bleiben. Er musste seinen persönlichen Gang nach
Canossa jetzt antreten.
Sie stiegen in ihren Audi und wollten gerade
losfahren, als Leander sich meldete. „Leander, schieß los“, forderte Beate ihn
auf und stellte den Lautsprecher an.
„Grüße von Dr. Bode an die Abtrünnigen“, begann er
das Gespräch. Er lachte kurz, wurde dann aber gleich wieder ernst. „Also,
Melanie hat sich eindeutig erhängt. Keine Spuren äußerer Gewaltanwendung.
Anhand der Länge des Seils und der Höhe der Leiter, also der Fallhöhe, hat Dr.
Bode errechnet, dass es sich um einen sogenannten Standardfall handelt. Soll
heißen, die Fallhöhe betrug ca. 1,10 m und es handelt sich hier um das typische
Erhängen, da Melanie Bolander frei hängend gefunden wurde. Anhand der
Strangfurche konnte er sehen, dass sich der Aufhängepunkt hinten, in der Mitte
des Nackens befindet. Auch das spricht für typisches Erhängen. Ich erspare euch
hier die Details zu Dicke und Art des Seils, denn es ist ein handelsübliches
Kletterseil, wie es zu Tausenden gefertigt wird. Struck versucht trotzdem
gerade herauszufinden, wo Frau Bolander es gekauft hat. Und bevor ihr fragt, es
ist nicht das gleiche Seil, das für den Mord an Silke verwendet wurde. Das habe
ich bereits geprüft.
Bode meint, ihr Todeskampf habe ungefähr 20
Sekunden gedauert, bis sie dann schließlich erstickt sei. Für einen Genickbruch
war die Fallhöhe nicht groß genug. Sie hat also noch eine Weile gekämpft. Aber
jetzt kommt das eigentlich Interessante an der Geschichte. Bode hat einen
Schnelltest gemacht und festgestellt, dass Melanie dieselben Substanzen intus hatte,
die wir bereits bei ihrer Tochter gefunden haben.“
„Was?“, riefen Beate und Pfeifer gleichzeitig aus.
„Ja. Das habe ich mir gedacht, dass euch das
umhaut.“ In Leanders Stimme schwang leiser Triumph mit.
„Melanie Bolander war drogensüchtig?“, fragte
Pfeifer und schoss gleich darauf die nächste Frage los. „Unglaublich. Kann Bode
feststellen, wie lange oder wie oft und in welchen Dosen sie das Zeug
eingenommen hat?“
„Er sagte mir, dass du diese Frage stellen würdest,
und ich soll dir ausrichten, dass du genau weißt, dass solche Tests ein paar
Tage dauern.“
Pfeifer brummte etwas und legte dann schlecht
gelaunt auf.
„Drogen, Sekten, Morde, Erpressung, Tätowierungen,
Graffiti. Wo sind wir denn hier eigentlich gelandet? Man könnte gerade meinen,
wir bewegen uns im Rotlichtmilieu einer beliebigen Großstadt“, schimpfte er vor
sich hin. „Wir stehen wieder ganz am Anfang. Verdammt.“
„Karl!“
„Was?“
„Dein Telefon klingelt.“
„Oh. Danke – hallo?“ Pfeifer hörte aufmerksam zu
und legte dann wieder grußlos auf. „Das war Polizeiobermeister Möller. Weißt
schon, den haben wir die letzten Tage öfter am Tatort gesehen. Der, den ich
angebrüllt habe. Er wollte mir mitteilen, dass der Pferdehof der von der
Lindens abgebrannt ist. Heute Nacht. Frau von der Linden ist verletzt und ein
Pony ist tot, aber sonst geht’s allen gut.“
„Oh nein! Ein totes Pony!“, rief Beate aus.
„Hoffentlich musste es nicht leiden.“
„Ist das alles, worüber du dir Sorgen machst? Über
einen
Weitere Kostenlose Bücher