Meteor
das nur aus einem Grund – unsere Mitarbeiter wollen den Kosmos besser verstehen. Sie sind eine Gemeinschaft von Träumern, die als Kinder zum Sternenhimmel hinaufgeschaut und sich gefragt haben, was es da oben wohl gibt. Die Triebfedern für die Innovationen der NASA sind Leidenschaft und Neugier, nicht die zweifelhafte Aussicht auf militärische Überlegenheit.«
Pickering räusperte sich. »Larry«, sagte er in begütigendem Tonfall und darum bemüht, die Wogen zu glätten. »Ich bin sicher, bei der CIA ist keine Rede davon, dass die Wissenschaftler der NASA lieber zum Bau von militärischen Satelliten eingesetzt werden sollen. Das Aufgabenfeld der NASA würde sich überhaupt nicht verändern, alles würde so weitergehen wie bisher, nur dass Sie mehr Geld und bessere Sicherheitsmaßnahmen hätten.« Pickering wandte sich nun an den Präsidenten. »Sicherheit ist teuer. Jeder hier im Raum weiß doch, dass die Sicherheitslecks der NASA auf das Konto ihrer ungenügenden Finanzierung gehen. Die NASA muss auf sich aufmerksam machen, muss in Sicherheitsfragen manchmal fünf gerade sein lassen, muss Gemeinschaftsprojekte mit anderen Ländern betreiben, damit sich mehrere Parteien die Kosten teilen. Ich möchte vorschlagen, dass die NASA die hervorragende, wissenschaftliche, nichtmilitärische Behörde bleibt, die sie immer war, nur mit besserer Finanzausstattung und ein bisschen mehr Verschwiegenheit.«
Einige Mitglieder des Sicherheitsrats nickten.
Präsident Herney erhob sich gemessen und schaute William Pickering an. Er war von Pickerings Sermon alles andere als erbaut. »Bill, ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Die NASA wird im nächsten Jahrzehnt voraussichtlich eine Marsmission starten.
Werden Ihrer Meinung nach die Geheimdienste stillhalten, wenn der Löwenanteil der inoffiziellen Haushaltsmittel in die Marsmission fließt – eine Mission, die nebenbei bemerkt keinerlei unmittelbaren Nutzen für die nationale Sicherheit abwirft?«
»Die NASA wird machen können, was sie will.«
»Blödsinn!«, sagte Herney ungerührt.
Alle Köpfe schossen hoch. Der Präsident griff selten zu Kraftausdrücken.
»Als Präsident habe ich eines gelernt«, sagte Herney. »Wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird. Ich bin nicht bereit, das Portemonnaie der NASA Leuten anzuvertrauen, die nicht an den Zielen interessiert sind, die zu erreichen die NASA gegründet worden ist. Ich wage gar nicht, mir vorzustellen, wie viel von der wissenschaftlichen Forschung der NASA noch übrig bleibt, wenn das Militär das Sagen hat.«
Herneys Blick schweifte durch den Raum und blieb an William Pickering hängen.
»Bill«, sagte er seufzend. »Ihr Missfallen, dass die NASA mit anderen Ländern gemeinsame Weltraumprojekte betreibt, ist von schmerzlicher Kurzsichtigkeit. Hier ist wenigstens jemand, der mit den Russen und Chinesen konstruktiv zusammenarbeitet.
Der Friede auf diesem Planeten wird nicht durch militärische Stärke geschmiedet, sondern durch Leute, die trotz der Differenzen ihrer Regierungen zusammenarbeiten. Wenn Sie mich fragen, leisten die Gemeinschaftsunternehmungen der NASA mehr für unsere nationale Sicherheit als jeder Milliarden teure Spionagesatellit, und mit einer unvergleichlich besseren Perspektive für die Zukunft.«
Pickering spürte, wie Zorn in ihm hochkochte. Wie konnte ein Politiker sich herausnehmen, ihm derart von oben herab zu kommen? Am grünen Tisch mochte Herneys Idealismus sich gut machen, aber in der richtigen Welt kostete diese Einstellung Menschenleben.
Marjorie Tench schien zu spüren, dass Pickering kurz davor war zu explodieren. »Bill«, schaltete sie sich ein, wobei Pickering den Schlichtungsversuch als pure Herablassung empfand. »Wir wissen, dass Sie eine Tochter verloren haben. Ihre persönliche Betroffenheit ist uns allen verständlich. Aber bitte vergessen Sie nicht, dass sich hier im Weißen Haus die Investoren die Klinke in die Hand geben. Sie alle wollen, dass wir den Weltraum für die Privatwirtschaft öffnen. Wenn Sie meine Meinung hören möchten, ist die NASA bei all ihren Fehlern der beste Freund, den die Geheimdienste sich wünschen können. Sie werden noch an meine Worte denken!«
Das Rumpeln der Reifen auf dem Streifen am Fahrbahnrand riss Pickering aus seinen Gedanken. Als er seine Ausfahrt ansteuerte, sah er ein überfahrenes Reh tot in seinem Blut neben der Fahrbahn liegen. Ein merkwürdiges Zaudern überkam ihn… doch er fuhr weiter seinem Ziel
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