Meteor
außerirdisches Leben finden werden.«
»Und wenn doch?«
Sexton verdrehte die Augen. »Du lieber Himmel! Verehrte Mrs Tench, wenn ich mich irren sollte, fresse ich einen Besen!«
Der bohrende Blick der Präsidentenberaterin war auf den Senator gerichtet. »Ich werde Ihre Worte nicht vergessen, Senator.«
Marjorie lächelte zum ersten Mal in der ganzen Sendung. »Ich glaube, das werden wir alle nicht.«
Präsident Zach Herney stellte zehn Kilometer entfernt im Oval Office den Fernseher ab und schenkte sich einen Drink ein. Senator Sexton hatte den Köder geschluckt, wie von Marjorie versprochen – mit Haut und Haaren.
24
Michael Tolland strahlte, als Rachel sprachlos die Meteoritenscheibe mit dem Fossil in ihrer Hand betrachtete. Ein Ausdruck unschuldigen Erstaunens legte sich auf ihr schönes und zartes Gesicht – wie bei einem kleinen Mädchen, das zum ersten Mal das Christkind sieht.
Ich weiß, wie dir zumute ist, dachte er.
Tolland hatte das gleiche Erlebnis vor achtundvierzig Stunden gehabt. Auch er hatte keine Worte finden können.
Selbst jetzt noch machten ihn die wissenschaftlichen und philosophischen Implikationen des Meteoritenfunds sprachlos, durch den er sich gezwungen sah, seine Einstellung zur Natur von Grund auf neu zu überdenken. Als Ozeanograph hatte Tolland einige bislang unbekannte Arten von Tiefseelebewesen entdeckt, doch die Entdeckung dieses »Weltraumkäfers« bedeutete einen Durchbruch ganz eigener Art. Im Gegensatz zu Hollywood, das Außerirdische vielfach als kleine grüne Männchen darstellte, waren sich sämtliche Astrobiologen und bedeutenden Wissenschaftler einig, dass extraterrestrisches Leben, sofern man es überhaupt jemals entdeckte, allein schon wegen der schieren Anzahl und Anpassungsfähigkeit der irdischen Insektenarten höchstwahrscheinlich etwas Insektenartiges haben würde.
Insekten gehören zur Ordnung der Arthropoden – Lebewesen mit einem harten Außenskelett und Gliederfüßen. Bei über eineinviertel Millionen bekannten und schätzungsweise fünfhunderttausend noch zu klassifizierenden Arten sind die »Käfer« auf der Erde zahlreicher als sämtliche anderen Tierarten zusammen.
Sie machen fünfundneunzig Prozent der Arten unseres Planeten aus – und erstaunliche vierzig Prozent seiner Biomasse.
Dennoch ist das Beeindruckendste weniger das Zahlenpotenzial der Insekten, als ihre Widerstandskraft. Vom antarktischen Eiskäfer bis zum Sonnenskorpion im Tal des Todes gedeihen Insekten unter für alle anderen Arten tödlichen Temperatur-, Trockenheits- und Druckverhältnissen. Zudem werden sie mit der tödlichsten Kraft sämtlicher im Universum bekannten Kräfte fertig – mit der radioaktiven Strahlung. Nach einem Atombombentest im Jahr 1945 hatten Offiziere der Air Force einige Zeit später in Strahlenschutzanzügen das Explosionszentrum untersucht und fassungslos festgestellt, dass sich dort Schaben und Ameisen tummelten, als wäre nichts geschehen. Astronomen sind der Ansicht, dass die Arthropoden aufgrund ihres schützenden Außenskeletts die wahrscheinlichsten Kandidaten für die Besiedelung der vielen strahlungsgesättigten Planeten im All sind, auf denen ansonsten nichts gedeihen kann.
Die Astrobiologen haben offenbar Recht behalten, dachte Tolland. E. T. ist ein Käfer.
Rachel drehte das Fossil noch immer in den Händen. Sie hatte weiche Knie bekommen. »Ich kann es einfach nicht glauben«, sagte sie. »Ich hätte niemals gedacht…«
Tolland lächelte. »Lassen Sie sich ruhig Zeit, sich an den Gedanken zu gewöhnen«, sagte er. »Ich habe vierundzwanzig Stunden gebraucht, bis ich wieder wusste, wo mir der Kopf steht.«
Ein ungewöhnlich großer Asiate gesellte sich zu der Gruppe.
»Wie ich sehe, haben wir einen Neuzugang«, sagte er. Bei der Ankunft des Mannes schien Corky und Tolland augenblicklich die gute Laune zu vergehen. Der magische Augenblick war vorüber. »Dr. Wailee Ming«, stellte der Mann sich vor. »Leiter des Instituts für Paläontologie an der Universität von Kalifornien in Los Angeles.«
Der Mann besaß die blasierte Steifheit eines barocken Aristokraten und zupfte unentwegt an der deplatzierten Fliege, die er unter seinem knielangen Kamelhaarmantel trug. Wailee Ming gehörte offenbar nicht zu den Leuten, die sich von der Abgelegenheit eines Ortes in der Eleganz ihres Auftretens beirren ließen.
»Ich bin Rachel Sexton.« Rachel bebte immer noch, als sie Mings manikürte Hand schüttelte. Er war zweifellos ebenfalls einer
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