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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Bewegung hinter dem MG auftauchte und den schweren, brünierten Lauf auf die überraschten Wachleute zu richten begann.
    Wie ein Peitschenknall drang der Befehl an ihr Ohr, die Draisine anzuhalten. Und sie begriff: In nur wenigen Sekunden würden hier so viele Menschen sterben, dass jenes Gefühl, fremde Luft zu atmen, sie bis ans Ende ihrer Tage verfolgen würde. Noch konnte Sascha das Blutbad verhindern, noch konnte sie diese Leute, sich selbst und noch einen Menschen vor etwas unaussprechlich Schrecklichem bewahren. Schon entsicherten die Wachmänner ihre Sturmgewehre, doch brauchten sie dafür zu lange - der Kahle war ihnen einige Sekunden voraus .
    Sie tat das Erste, was ihr in den Sinn kam. Sie sprang auf und drückte sich an seinen knorrigen, eisenharten Rücken, umarmte ihn von hinten und schloss ihre Hände vor seiner unbeweglichen Brust, die nicht einmal zu atmen schien. Der Kahle zuckte zusammen, als hätte ihn jemand geschlagen, und zögerte. Auch die schussbereiten Soldaten auf der anderen Seite erstarrten.
    Der Alte begriff sofort. Die Draisine stieß bittere schwarze Wolken aus, raste los und die Station Awtosawodskaja blieb zurück. In der Vergangenheit. Während der Fahrt zur Pawelezkaja sprach niemand ein Wort. Hunter hatte sich aus der überraschenden Umarmung des Mädchens befreit, indem er ihre Arme auseinanderbog wie einen zu engen Stahlreif.
    An dem einzigen Wachposten rasten sie in voller Fahrt vorüber. Die Fächersalve, die man ihnen hinterherschickte, blieb in der Decke über ihren Köpfen stecken. Der Brigadier schaffte es noch, seine Pistole zu ziehen und als Antwort drei lautlose Kugeln abzufeuern. Einen Wachmann streckte er offenbar nieder, die anderen drückten sich in die flachen Vorsprünge der Tunnelsegmente und kamen davon.
    Ich fasse es nicht, dachte Homer und sah immer wieder zu dem am Boden kauernden Mädchen hinüber. Er hatte gehofft, dass sich nach dem Auftritt der weiblichen Hauptperson eine Liebesgeschichte entspinnen würde, aber diese Entwicklung ging ihm dann doch zu rasant. Er kam gar nicht dazu, das alles zu begreifen, geschweige denn es aufzuzeichnen.
    Erst als sie in die Pawelezkaja einfuhren, drosselten sie ihre Geschwindigkeit.
    Der Alte kannte diese Station bereits: Sie schien einem Schauerroman zu entstammen. Während die Gewölbe der neueren Stationen in den Außenbezirken der Moskauer Metro auf einfachen Säulen ruhten, stützte sich die Pawelezkaja auf eine Reihe luftiger Rundbögen, die jedes menschliche Maß überschritten. Und wie in Schauerromanen üblich, lag auf der Pawelezkaja ein ungewöhnlicher Fluch: Um genau acht Uhr abends verwandelte sich die Station, an der eben noch reges Treiben geherrscht hatte, in einen gespenstisch leeren Ort. Von all ihren geschäftigen, ja durchtriebenen Bewohnern blieben nur einige wenige Draufgänger auf dem Bahnsteig. Alle anderen verschwanden samt Kindern, Hausrat, Taschen voller Handelsgüter, nicht einmal Bänke und Liegen ließen sie zurück.
    Sie verkrochen sich in ihren Bunker, den fast einen Kilometer langen Übergang zur Ringlinie, und zitterten dort die ganze Nacht, während an der Oberfläche, wo sich der Pawelezer Bahnhof befand, ungeheuerliche Wesen erwachten und ihr Unwesen trieben. Angeblich standen der Bahnhof und die ganze Umgebung unter ihrer ungeteilten Herrschaft, und selbst wenn diese Kreaturen schliefen, wagten sich dort keine anderen Geschöpfe hin. Die Bewohner der Pawelezkaja waren ihnen schutzlos ausgeliefert, denn die Sperren, die an anderen Stationen die Rolltreppen abschotteten, fehlten hier völlig, so dass der Zugang zur Oberfläche ständig offen war.
    Homers Meinung nach gab es kaum einen weniger geeigneten Platz, um zu rasten und zu übernachten, doch Hunter dachte anders darüber: Er brachte die Draisine am hinteren Ende der Station zum Stillstand, nahm die Gasmaske ab und deutete auf den Bahnsteig. »Bis zum Morgen bleiben wir hier. Sucht euch ein Nachtlager.«
    Dann verließ er sie. Das Mädchen blickte ihm nach, dann rollte sie sich auf dem harten Boden der Draisine zusammen. Auch Homer machte es sich so bequem wie möglich, schloss die Augen und versuchte einzuschlafen. Vergeblich: Wieder beschäftigte ihn der Gedanke an die Seuche, die er durch all die gesunden Stationen tragen würde. Das Mädchen lag ebenfalls noch immer wach.
    »Danke«, sagte sie plötzlich. »Ich dachte zuerst, du bist genauso wie er.« »Ich glaube nicht, dass es überhaupt noch jemanden wie ihn gibt«,

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