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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und näherten sich der Zelle. »Die Ratte ist aufgewacht«, höhnte der mit dem Hund.

Artjom kippte den Kopf nach hinten, um ihm ins Gesicht sehen zu können, und flüsterte heiser: »Trinken. Wasser.«
    »Trinken?« Der Hundeführer tat verwundert. »Wozu denn das noch? Du wirst doch sowieso gleich aufgeknüpft. Nein, Wasser werden wir für dich nicht mehr verschwenden. Vielleicht verreckst du dann ja noch früher.«
    Artjom schloss müde die Augen. Die Gefängniswärter jedoch hatten offenbar noch Lust weiterzureden. Der zweite fragte ihn: »Hast du jetzt kapiert, wen du auf dem Gewissen hast, du mieses Schwein? Und dann auch noch ein Russe! Wegen solcher Arschlöcher wie dir, die ihresgleichen das Messer in den Rücken rammen, werden solche wie der da« - er nickte zu dem Zellennachbarn hinüber, der sich nach hinten verzogen hatte - »bald die ganze Metro bevölkern und uns Russen die Luft zum Atmen rauben.«
    Der Dunkle schlug die Augen nieder. Artjom konnte nur mit den Achseln zucken.
    »Dafür haben sie die schwachsinnige Missgeburt aber richtig rangekriegt«, setzte der erste Wachmann nach. »Sidorow hat erzählt, der halbe Tunnel soll voller Blut gewesen sein. Recht so! Abschaum ist das! Solche müssen ebenfalls vernichtet werden. Die machen unser, äh, wie war das noch mal... unser Erbgut kaputt. Und den Opa haben sie auch erledigt.«
    Artjom schluchzte auf. Er hatte es bereits befürchtet, aber doch gehofft, dass man Michail Porfirjewitsch nicht getötet hatte und er sich vielleicht in einer der benachbarten Zellen befand. Verzweifelt fragte er: »Wie?«
    »Einfach so. Ist von selbst krepiert. Dabei haben sie ihm nur ein bisschen die Fresse poliert, der aber hat gleich den Löffel abgegeben.« Der Hundehalter schien richtig zufrieden zu sein.
    Artjom dagegen zerriss es das Herz. Sippen sterben. Du selbst stirbst wie sie ... Er sah vor sich, wie Michail Porfirjewitsch selbstvergessen im Tunnel stand, in seinem Notizblock blätterte und dann ergriffen die letzte Zeile wiederholte. Wie hieß es noch mal? Des Toten Tatenruhm. Nein, der Dichter irrte. Nicht einmal die Heldentaten blieben. Nichts blieb.
    Er musste daran denken, wie Michail Porfirjewitsch sich nach seiner Wohnung gesehnt hatte, vor allem nach seinem Bett. Dann flössen seine Gedanken langsamer, bis sie schließlich ganz gerannen und stehen blieben. Wieder drückte er seine Stirn gegen das Gitter und blickte stumpfsinnig auf die Armbinde eines der beiden Wärter. Ein dreibeiniges Hakenkreuz. Seltsames Symbol. Wie ein Stern oder eine verkrüppelte Spinne ... »Warum nur drei Beine?«, fragte er. »Warum drei?«
    Erst als er mit dem Kopf in Richtung Armbinde nickte, begriffen die beiden Wächter, was er meinte.
    »Wie viele hättest du denn gern?«, sagte der mit dem Hund genervt. »Für jede Station ein Bein, du Idiot. Als Zeichen der Einheit. Und wenn wir endlich die Polis drankriegen, kommt noch ein viertes dazu!«
    »Ach was«, knurrte der Zweite. »Das ist doch ein altes slawisches Symbol. Nennt sich Sonnenrad. Die Fritzen haben es sich bei uns abgeguckt. Von wegen Stationen!«
    »Aber es gibt doch gar keine Sonne mehr ...«, presste Artjom hervor. Er spürte, wie sich erneut ein trüber Schleier auf seine Augen legte, die Bedeutung der Worte ihm entglitt, er in Dunkelheit versank.
    »Das war's. Jetzt hat er einen an der Waffel«, stellte der Hundeführer zufrieden fest. »Komm, Senja, mit dem ist nichts mehr anzufangen.«
    Gedanken- und traumlos dämmerte Artjom dahin, nur selten unterbrochen von undeutlichen Bildern, die nach Blut schmeckten und rochen. Dennoch war er dankbar. Seine Denkfähigkeit war komplett außer Gefecht gesetzt - was seinen Verstand vor Selbstzerfleischung und Schwermut bewahrte.
    »He, Bruder.« Sein Zellengenosse schüttelte ihn an der Schulter. »Du schläfst zu lange.«
    Mühsam, als hätte er ein Eisengewicht an den Füßen, tauchte Artjom aus dem Abgrund seines Bewusstseins auf. Die Wirklichkeit kehrte nicht gleich zurück, sie zeichnete sich allmählich ab wie unklare Umrisse auf einem Film im Entwicklungsbad. Er krächzte: »Wie spät?«
    »Zehn Minuten bis vier.«
    Zehn vor vier. In rund vierzig Minuten würden sie ihn abholen. Und in einer Stunde und zehn Minuten ... Einer Stunde und zehn Minuten ... Einer Stunde und neun Minuten ... Einer Stunde und acht Minuten ...
    »Wie heißt du?«, fragte sein Nachbar.
    »Artjom.«
    »Und ich Ruslan. Mein Bruder hieß Achmed, den haben sie gleich erschossen. Aber mit mir

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