Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
wissen sie nicht, was sie tun sollen. Mein Name ist russisch, und sie wollen keine Fehler machen.« Der Dunkeläugige war offenbar froh, dass er endlich ein Gesprächsthema gefunden hatte.
    »Woher kommst du?« Nicht dass es Artjom besonders interessierte, aber das Geschwätz des Mannes half ihm, den Kopf beschäftigt zu halten, ohne an etwas anderes denken zu müssen. Nicht an die WDNCh, nicht an seine Mission. Auch nicht daran, was mit der Metro geschehen würde. Nein. Bloß nicht.
    »Ich bin von der Kiewskaja. Weißt du, wo das ist? Wir nennen sie die sonnige Kiewskaja.« Ruslan lächelte, eine Reihe weißer Zähne wurde sichtbar. »Dort sind viele von uns, fast alle. Meine Frau ist noch dort, mit unseren drei Kindern. Weißt du, unser Ältester hat an einer Hand sechs Finger!«
    Trinken. Nur einen Schluck. Von ihm aus auch warmes Wasser, das hätte er jetzt in Kauf genommen. Sogar ungefiltertes. Egal. Nur einen Schluck. Und dann wieder vergessen, bis die Henker ihn holen kamen. Damit es wieder leer wurde und ihn nichts bekümmerte. Damit in seinem Kopf nicht mehr der Gedanke rotierte, schmerzte, dröhnte, dass er einen Fehler gemacht hatte. Dass er kein Recht gehabt hatte. Dass er hätte weggehen sollen. Sich abwenden. Die Ohren verschließen. Weitergehen. Zur Tschechowskaja. Und von dort nur noch ein Tunnel. So einfach. Nur ein Tunnel, und es wäre geschafft gewesen, er hätte den Auftrag ausgeführt. Und würde leben ...
    Trinken. Seine Hände waren so angeschwollen, dass er sie nicht mehr spürte.
    Wie viel leichter sterben jene, die an etwas glauben! Die überzeugt sind, dass der Tod nicht das Ende ist. Die die Welt in Schwarz und Weiß einteilen können, genau wissen, was zu tun ist, in ihrer Hand die Fackel der Ideologie oder des Glaubens tragen. Die an nichts zweifeln, nichts bereuen. Solche Menschen sterben leichten Herzens. Sie sterben mit einem Lächeln auf den Lippen.
    »Früher gab es da Obst, so groß! Und was für schöne Blumen. Die hab ich den Mädchen geschenkt, und sie haben mich angelächelt.« Die Worte drangen an Artjoms Ohr, aber sie lenkten ihn nicht mehr ab.
    Vom Ende des Saals her waren nun Schritte zu hören. Artjoms Herz krampfte sich zusammen, verwandelte sich in einen kleinen, unruhig pochenden Klumpen. Kamen sie, ihn zu holen? Schon? Er hätte gedacht, dass vierzig Minuten sich länger hinzogen. Oder hatte ihn der Teufelsbraten dort reingelegt? Nein, das war doch ...
    Direkt vor seinen Augen blieben drei Paar Stiefel stehen. Zwei davon ragten aus gemusterten Tarnhosen heraus, eines aus schwarzen Hosenbeinen. Das Schloss quietschte, und Artjom richtete sich gerade noch rechtzeitig auf, um nicht mit der zurückweichenden Gittertür nach vorne zu fallen.
    »Hebt ihn auf«, ertönte eine schnarrende Stimme. Sogleich packte man ihn unter den Achseln, und er flog zur Decke.
    »Halt die Ohren steif!«, gab ihm Ruslan mit auf den Weg.
    Zwei waren MP-Schützen. Der Dritte in der schwarzen Uniform trug ein kleines Barett, hatte einen steifen Oberlippenbart und wässrige hellblaue Augen. »Mir nach«, befahl er, und die beiden begannen Artjom ans andere Ende des Bahnsteigs zu ziehen.
    Er versuchte selbst zu gehen, denn es gefiel ihm nicht, sich willenlos wie eine Puppe tragen zu lassen - wenn er sich schon vom Leben verabschieden musste, dann mit Würde. Doch seine Beine gehorchten ihm nicht. Sie knickten ein und scharrten ungelenk auf dem Boden.
    Die Zellen nahmen nicht die ganze Länge der Station ein, sondern endeten kurz nach der Mitte, wo die Rolltreppen nach unten führten. Dort, in der Tiefe, brannten Fackeln, die in unheilvollem Purpurrot über die Wände flackerten, und von unten flogen schmerzvolle Schreie herauf. Für einen Augenblick glaubte Artjom, dies sei die Hölle, und war erleichtert, als man ihn weiterführte. Aus der letzten Zelle rief ihm jemand »Leb wohl, Kamerad!« nach, doch er achtete nicht darauf. Ein Glas Wasser tanzte vor seinen Augen.
    An der gegenüberliegenden Mauer befand sich eine Abspe rrung, bestehend aus einem grob zusammengezimmerten Tisch mit zwei Stühlen und dem bereits bekannten, beleuchteten Verbotszeichen darüber. Ein Galgen war nirgends zu sehen, und für einen kurzen Moment flackerte in Artjom die verrückte Hoffnung auf, man habe ihm nur Angst einjagen wollen und würde ihn jetzt gar nicht aufknüpfen, sondern an den Rand der Station führen und außer Sichtweite der anderen Gefangenen freilassen ...
    Der Schnauzbärtige trat durch den letzten

Weitere Kostenlose Bücher