Metro2033
seines Bewusstseins verpuppt. Artjom arbeitete mechanisch weiter, alles, was er zu tun hatte, war zu schaufeln, zu werfen, zu schieben, wieder zu schaufeln, wieder zu schieben, auszuleeren und schnellstmöglich wieder zurückzukehren, um erneut zu schaufeln. Seine Träume wurden immer wirrer - er lief darin, als sei er wach, lief endlos, schaufelte, schob und schob, schaufelte und lief.
Am Abend des fünften Tages fuhr Artjom mit der Schubkarre gegen eine am Boden liegende Schaufel, der Inhalt der Karre kippte aus, und er selbst fiel auch noch hinein. Und während er sich langsam erhob, machte es in seinem Kopf Klick - und anstatt eilends Eimer und Lappen zu holen, steuerte er ohne Hast auf den Tunnelausgang zu. Er empfand sich jetzt als derart ekelhaft und abstoßend, dass seine Aura einfach jeden von ihm fernhalten musste. Just in diesem Augenblick wollte es das Schicksal, dass der Wachmann, der sonst immer am Ende der Route auf ihn wartete, aus irgendeinem Grund nicht da war. Artjom verlor nicht eine Sekunde an den Gedanken, dass man ihn verfolgen würde, sondern ging einfach weiter die Schwellen entlang. Blindlings, doch nur selten stolpernd, beschleunigte er seinen Schritt, bis er zu laufen begann. Noch kehrte der Verstand nicht in seinen Körper zurück, noch immer krümmte er sich ängstlich in seiner Ecke zusammen. Hinter sich hörte Artjom weder Rufen noch Schritte, nur eine beladene Draisine, die ihren Weg mit einer schwachen Lampe beleuchtete, kam von hinten quietschend näher. Artjom drückte sich gegen die Wand und ließ sie vorbei. Die Menschen auf der Draisine hatten ihn entweder gar nicht bemerkt oder es nicht für nötig befunden, ihn zu beachten. Ihre Blicke glitten über ihn hinweg. Sie sagten kein einziges Wort.
Mit einem Mal schien es ihm, als habe ihn sein Sturz unverwundbar gemacht, machte ihn die stinkende Soße, die ihn bedeckte, gleichsam unsichtbar. Dieser Gedanke gab ihm Kraft, und allmählich kam er wieder zu Bewusstsein. Es war ihm geglückt! Auf unerklärliche Weise, allem gesunden Menschenverstand zum Trotz war es ihm gelungen, von dieser verteufelten Station zu fliehen - und niemand verfolgte ihn! Es war seltsam und verwunderlich, doch hatte er das Gefühl, wenn er auch nur versuchte, das Geschehene zu überdenken, dieses Wunder mit dem kalten Skalpell der Ratio zu sezieren, die Magie dieses Augenblicks verginge sofort, und im Nu träfe ihn von hinten der Lichtstrahl einer Patrouille ...
Am Ende des Tunnels wurde es heller. Artjom lief langsamer, und nach einer Minute stand er an der Dobryninskaja.
Der Grenzer begnügte sich mit einem einfallslosen »Hat jemand schon den Klempner gerufen?«, und ließ ihn schnell durch. Dabei fächelte er mit der einen Hand die Luft weg und hielt sich mit der anderen den Mund zu.
Artjom musste weiter vorwärtsgehen, so schnell wie möglich das Gebiet der Hanse verlassen, solange die Wachen noch nichts gemerkt hatten, solange noch keine beschlagenen Stiefel ihm hinterherrannten, solange noch keine Warnschüsse durch die Luft hallten und ... Schneller.
Ohne auf irgendetwas zu achten, die Augen zu Boden gerichtet, näherte sich Artjom dem Grenzposten der Serpuchowskaja. Er konnte die Abscheu, die die Umstehenden für ihn empfanden, förmlich auf seiner Haut spüren. Er hatte eine Art Vakuum um sich geschaffen, mit dem er sich sogar durch eine dichte Menge Menschen würde durchschlagen können. Was sollte er an der Grenze sagen? Wieder würden sie ihm Fragen stellen, seinen Pass sehen wollen - was sollte er antworten?
Artjom hielt seinen Kopf so tief gesenkt, dass das Kinn auf seiner Brust lag. Er sah nicht, was um ihn herum vor sich ging. Nur die sauberen dunklen Granitplatten, mit denen der Boden ausgelegt war, prägten sich ihm ein. Immer weiter ging er, wartete gebannt auf den Augenblick, da man ihm grob befehlen würde, stehen zu bleiben. Die Grenze der Hanse kam immer näher. Jetzt... gleich ...
»Was ist denn das für ein Mist?«, ertönte eine erstickte Stimme über seinem Ohr. Das war es.
»Ich ... äh ... habe mich verirrt ... Ich bin nicht von hier ...«, murmelte Artjom. Er war sich nicht sicher, ob er vor Nervosität so stammelte oder ob er eine Rolle ausprobierte.
»Mach, dass du wegkommst, hörst du, du Stinktier!« Die Stimme klang sehr überzeugend, fast hypnotisch. Artjom wollte ihr sofort Folge leisten.
»Aber ich ... Ich wollte ...« Er fürchtete schon fast, dass er das Spiel überzog.
Wieder ertönte es, diesmal bereits
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