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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Nichts war mehr übrig von seiner alten Gewissheit, dass sicher alles gut werde, von seinem >Mach dir nicht ins Hemd, wir schlagen uns schon durch!<, seinem ermutigenden Augenzwinkern. Oder hatte er das alles nur gespielt...
    »Du schweigst, Jäger? Komm schon, streite mit mir! Wo ist dein Optimismus? Als wir zuletzt miteinander gesprochen haben, hast du noch behauptet, dass die Strahlung abnimmt und die Menschen irgendwann einmal an die Oberfläche zurückkehren werden. Ach, Jäger! >Die Sonn' erhebt sich überm Wald, aber nicht für mich ...< Wir werden uns in dieses Leben verbeißen, werden es mit aller Kraft festhalten, denn vielleicht kommt danach ja doch nichts mehr, was immer die Philosophen und Sektierer auch sagen. Du willst es nicht glauben, aber irgendwo tief im Innern weißt du doch, dass es so ist. Dabei gefällt uns dieses Leben doch so sehr, nicht wahr, Jäger? Wir beide hängen daran. Wir beide werden durch dieses stinkende Labyrinth kriechen, uns neben den Schweinen schlafen legen, Ratten fressen - aber wir werden überleben! Nicht wahr? Wach auf, Jäger! Niemand wird über dich ein Buch mit dem Titel Der wahre Mensch schreiben, niemand wird deinen Lebenswillen besingen, deinen Selbsterhaltungstrieb. Wie lange wirst du durchhalten mit Pilzen, Multivitaminen und Schweinefleisch? Gib auf, Homo sapiens! Du bist nicht mehr der Herrscher über die Natur! Nein, du musst nicht gleich verrecken, wir wollen nicht so sein. Kriech noch ein wenig herum in deinem Todeskampf und ersticke an deinen Exkrementen. Aber eines solltest du wissen, Sapiens: Du hast genug gelebt. Die Evolution, deren Gesetze du so gut begriffen hast, hat bereits eine weitere Stufe erklommen. Du bist keineswegs die Krone der Schöpfung. Du bist ein Dinosaurier. Es ist an der Zeit, neuen, vollkommeneren Geschöpfen Platz zu machen. Sei kein Egoist, das Spiel ist aus, lass jetzt andere ran. Sollen sich doch künftige Generationen darüber den Kopf zerbrechen, woran der Homo sapiens zugrunde gegangen sein mag - obwohl das kaum mehr jemanden interessieren wird.«
    Während Suchojs Monolog hatte Hunter in aller Ruhe seine Fingernägel studiert. Nun endlich hob er den Blick, sah Artjoms Stiefvater an und sagte mit schwerer Stimme: »Du hast ganz schön nachgelassen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Ich weiß noch, wie du mir sagtest: Wenn wir unsere Kultur bewahren, wenn wir nicht den Mut verlieren, Russisch nicht verlernen, und wenn wir unseren Kindern Lesen und Schreiben beibringen, dann steht es gar nicht so schlecht um uns, vielleicht halten wir es dann auch unter der Erde aus. Hast du mir das gesagt, oder nicht? Und jetzt auf einmal: Gib auf, Sapiens ... Was soll das?«
    »Ich habe einfach ein paar Dinge kapiert, Jäger. Ich habe begriffen, was du vielleicht auch noch begreifen wirst, vielleicht aber auch nicht: Wir sind Dinosaurier, und dies sind unsere letzten Tage. Egal, ob es noch zehn oder hundert Jahre sind ...«
    »Widerstand zwecklos, ja?«, unterbrach Hunter. Ein unheilvoller Ton lag in seiner Stimme. »Darauf willst du hinaus?«
    Suchoj schlug die Augen nieder. Ihm, der bisher niemals und niemandem seine Schwäche eingestanden hatte, fiel es schwer, seinem alten Freund dies alles zu sagen, und dann auch noch in Artjoms Anwesenheit. Es tat ihm sichtlich weh.
    »Nein, darauf kannst du lange warten«, sagte Hunter langsam und erhob sich zu voller Größe. »Und die da auch. Neue Arten? Evolution? Unabwendbare Auslöschung? Da habe ich schon ganz andere Sachen erlebt. Das hier macht mir keine Angst. Verstehst du? Ich werde mich nicht ergeben. Selbsterhaltungstrieb? Nenn es von mir aus so. Ja, ich werde mich in dieses Leben verbeißen, und deine Evolution kann mich mal. Sollen doch andere Arten sich in die Schlange stellen, ich jedenfalls bin kein Stück Vieh, das man so einfach zum Schlachter bringt. Bitte, gib doch auf und lauf zu deinen vollkommeneren, angepassteren Kollegen über, räum ihnen deinen Platz in der Geschichte. Wenn du das Gefühl hast, genug gekämpft zu haben, hau doch ab, desertiere - ich werde dich nicht dafür verurteilen. Aber versuch nicht, mir Angst einzujagen. Und wage es ja nicht, mich mit ins Schlachthaus zu zerren. Wozu hältst du mir Predigten? Weil du dann nicht so allein bist, dich im Kollektiv ergeben kannst - damit es nicht ganz so demütigend ist? Oder haben dir die Feinde etwa einen Napf mit warmer Grütze versprochen für jeden Kameraden, den du in die Gefangenschaft mitbringst? Mein Kampf

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