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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Käufer, nur eine hagere, gebückte Frau stand dort, die einen kleinen Jungen an der Hand hielt. Das Kind zog die Frau zu dem Rattenrumpf auf der Auslage, doch seine Mutter herrschte es an: »Lass das! Wir haben diese Woche schon Fleisch gegessen!«
    Der Junge gehorchte, aber lange hielt er es nicht aus. Kaum hatte sich die Mutter abgewandt, da machte er sich erneut an das tote Tier heran.
    »Kolja! Was hab ich dir gesagt?«, schimpfte die Mutter und zog ihn im letzten Moment von der Auslage fort. »Wenn du dich nicht benimmst, holen dich noch die Teufel aus dem Tunnel. Saschka hat seiner Mama auch nicht gehorchen wollen, und gleich haben sie ihn mitgenommen.«
    Artjom und Ulman zögerten. Artjom schien es plötzlich, als könne er es durchaus noch bis zum Prospekt Mira aushalten, wo wenigstens die Pilze etwas frischer waren.
    »Vielleicht ein Rättchen?«, bot ihnen der glatzköpfige Ladenbesitzer würdevoll an. »Wir bereiten sie in Ihrer Anwesenheit zu. Mit Qualitätszertifikat!«
    »Danke, ich habe schon gegessen«, erwiderte Ulman hastig. »Artjom, was wolltest du? Das Moos solltest du lieber lassen, sonst bricht in deinem Bauch der Vierte Weltkrieg los.«
    Die Frau schielte verächtlich zu ihnen herüber. Sie hatte zwei Patronen in der Hand, gerade noch genug für etwas Moos. Als sie merkte, dass Artjom ihr bescheidenes Kapital betrachtete, verbarg sie ihre Faust hinter dem Rücken und fauchte böse: »Was schaust du? Wenn du selber nichts kaufen willst, dann zieh Leine! Nicht jeder ist ein Millionär.«
    Eigentlich war Artjom zuerst ihr Sohn aufgefallen. Er sah Oleg sehr ähnlich: die gleichen farblosen, spröden Haare, die roten Augen, die Stupsnase. Der Junge steckte seinen Daumen in den Mund und lächelte Artjom scheu und etwas misstrauisch an.
    Dieser merkte, dass er ebenfalls unwillkürlich zu lächeln begonnen hatte und seine Augen sich mit Tränen füllten.
    Doch als die Frau seinen Blick bemerkte, fuhr sie wütend auf und kreischte mit blitzenden Augen: »Perverses Schwein! Komm, Kolja, wir gehen nach Hause.« Sie zog den Jungen hinter sich her.
    »Warten Sie!« Artjom holte aus dem Ersatzmagazin seines Gewehrs ein paar Patronen heraus, lief zu der Frau und drückte sie ihr in die Hand. »Das ist für Sie. Für Ihren Kolja.«
    Die Frau blickte ihn misstrauisch an, dann verzog sie ihren Mund zu einer verächtlichen Grimasse. »Glaubst du etwa, ich tu's für fünf Patronen? Mein eigenes Kind?«
    Zuerst begriff Artjom gar nicht, was sie meinte. Doch dann dämmerte es ihm. Er öffnete den Mund, um sich zu rechtfertigen, aber brachte er kein Wort hervor und blinzelte nur mit den Augen.
    Die Frau, zufrieden mit dem erzielten Effekt, schlug nun einen gnädigen Ton an. »Na gut! Zwanzig Patronen für ne halbe Stunde.«
    Wie betäubt schüttelte Artjom den Kopf, drehte sich um und entfernte sich beinahe im Laufschritt.
    »Geizhals!«, schrie ihm die Frau hinterher. »Na schön, dann wenigstens fünfzehn!«
    Ulman stand noch immer an derselben Stelle und unterhielt sich mit dem Verkäufer. Als dieser Artjom erblickte, erkundigte er sich höflich: »Nun, wie wär's mit einer Ratte, haben Sie sich's überlegt?«
    Ich muss mich gleich übergeben, dachte Artjom. Er zog Ulman hinter sich her, verließ mit ihm hastig diese gottverlassene Station.
    »Warum auf einmal so eilig?«, fragte Ulman, als sie bereits in Richtung Belorusskaja marschierten.
    Artjom kämpfte noch immer gegen den Kloß, der ihm im Hals aufstieg. Er schilderte Ulman den Vorfall, doch der zeigte sich nicht sonderlich beeindruckt. »Na und? Irgendwie müssen die ja auch leben.«

Artjom schüttelte sich. »Wer braucht denn bitte so ein Leben?« Ulman zuckte mit den Schultern. »Hast du ne Alternative?«
    »Wo ist denn der Sinn eines solchen Lebens? Sich ewig daran festklammern, all diesen Dreck erdulden, die Erniedrigungen, die eigenen Kinder verkaufen, Moos fressen - wofür?« Artjom verstummte. Er musste an Hunter denken. Wie dieser vom Selbsterhaltungstrieb gesprochen hatte, davon, dass er mit aller Kraft, wie ein Tier, für sein Leben und für das Überleben der anderen kämpfen werde. Damals, ganz zu Beginn, hatten seine Worte Artjom Hoffnung gemacht und ihm Kampfesmut eingeflößt, wie bei jenem Frosch, der mit seinen Füßen die Milch im Krug zu Butter geschlagen hatte. Doch nun schienen ihm eher die Worte seines Stiefvaters der Wahrheit zu entsprechen.
    »Wofür?«, äffte ihn Ulman nach. »Hast du denn was, wofür du lebst. Mann?«
    Artjom

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