Metro2033
Geste zurück, bückte sich und begann die Rucksäcke zu verteilen, die am Boden auf einem Haufen lagen.
»Ihr nehmt zwei Schutzanzüge, dann bleiben uns vier. Wer weiß, was uns dort erwartet. Plus je ein Funkgerät für euch und für uns. Jetzt die Instruktionen: Ihr geht bis zum Prospekt Mira. Dort werdet ihr erwartet. Ich habe Boten vorausgeschickt.« Melnik blickte auf seine Armbanduhr. »In genau zwölf Stunden geht ihr an die Oberfläche und stellt euch auf unser Signal ein. Wenn alles in Ordnung ist und wir Verbindung haben, beginnt Phase zwei. Eure Aufgabe ist es, so nahe wie möglich an den Botanischen Garten heranzukommen und so hoch wie möglich hinaufzuklettern, damit wir die Ausrichtung der Werfersysteme einstellen und korrigieren können. Der Smertsch deckt nur eine geringe Fläche ab, und wir wissen nicht, wie viele Raketen noch übrig sind. Der Park ist nämlich nicht gerade klein.« Er sah Artjom an. »Keine Angst, das wird alles Ulman machen. Du gehst nur so mit. Natürlich kannst du uns auch nützlich sein, immerhin weißt du, wie die Schwarzen aussehen.« Dann wandte er sich wieder den Männern zu. »Ich denke, der Ostankino-Fernsehturm ist als Richtpunkt ideal. Er hat so eine Kugel in der Mitte, da war früher mal ein Restaurant drin. Ich weiß noch, dass man da Kaviarschnittchen zu völlig jenseitigen Preisen bekam. Aber die Leute gingen ja nicht wegen des Essens hin, sondern wegen der Aussicht auf Moskau. Jedenfalls, der Botanische Garten liegt dort direkt vor eurer Nase. Versucht, ob ihr auf den Turm kommt. Wenn nicht, stehen nebenan noch ein paar Hochhäuser, weiß, in Form eines Hufeisens. Berichten zufolge sollen sie so gut wie unbewohnt sein ... Hier ist ein Stadtplan für euch, und einer für uns. Dort ist alles schön in Quadrate eingeteilt. Ihr müsst einfach nur draufschauen und die Daten an uns durchgeben. Den Rest erledigen wir. Ein Klacks. Noch Fragen?«
»Was, wenn dort gar nicht ihre Brutstätte ist?«, fragte Artjom.
»Ein Nein erspart viel Pein«, erwiderte der Stalker und schlug mit der Hand auf den Plan. »Ach, übrigens, ich habe noch eine Überraschung für dich.« Er zwinkerte Artjom zu, griff in seinen Rucksack und zog eine weiße Plastiktüte mit einer bunten, abgewetzten Illustration darauf hervor.
Artjom fand darin einen Pass auf seinen Namen und jenes Kinderbuch mit dem Foto darin, das er in der verlassenen Wohnung am Kalinin-Prospekt entdeckt hatte. Artjom hatte es so eilig gehabt, Oleg wiederzufinden, dass er all seine Habe an der Kiewskaja zurückgelassen hatte. Melnik hingegen war sich nicht zu schade gewesen, sie mitzunehmen, und hatte sie die ganze Zeit über dabeigehabt. Ulman, der neben Artjom saß, blickte zuerst ihn, dann den Stalker ratlos an.
»Persönliche Dinge«, erklärte Melnik lächelnd und breitete die Arme aus.
Artjom wollte ihm etwas Freundliches sagen, doch hatte sich der Stalker bereits erhoben. Er gab seinen Leuten die letzten Anweisungen.
Also ging Artjom zu Anton hinüber, der in Gedanken versunken dastand, und reichte ihm die Hand. »Viel Glück!«
Anton nickte schweigend und zog sich den Rucksack über die Schultern. Seine Augen waren vollkommen leer.
»So, das war's!«, rief Melnik. »Wir verabschieden uns nicht. Und achtet auf die Zeit!« Er drehte sich um und ging ohne ein Wort zu sagen fort.
19
DER LETZTE KAMPF
Kaum hatten sie sich von den anderen getrennt, als sich Ulman veränderte. Er wurde einsilbig und sprach nur noch, um Artjom Anweisungen zu geben oder ihn vor etwas zu warnen.
Zu zweit hievten sie die schwere Eisenscheibe des Einstiegs beiseite. Dann forderte Ulman Artjom auf, seine Taschenlampe auszuschalten, setzte sich das Nachtsichtgerät auf und tauchte als Erster hinab.
Der enge, senkrechte Schacht bestand aus aufeinandergesteckten Betonringen, aus denen jeweils ein Metallbügel hervorstak; praktisch blind hielt sich Artjom daran fest und stieg Ulman nach. Er wunderte sich über all die Vorsichtsmaßnahmen, denn seit dem Kreml waren sie keinerlei Gefahren begegnet. Schließlich zog er den Schluss, dass der Stalker Ulman entsprechende Anweisungen gegeben haben musste. Oder dieser genoss es einfach, die Rolle des Anführers einmal selbst spielen zu dürfen.
Der Kämpfer klopfte Artjom auf den Fuß. Folgsam blieb er stehen und wartete auf weitere Anweisungen. Doch stattdessen hörte er einen weichen Schlag - Ulman war auf den Boden gesprungen -, und einige Sekunden später ertönte das leise Ploppen gedämpfter
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