Metro2033
sich auf seinem Weg befand und die ihm gesandten Zeichen richtig interpretierte, beherrschte sein unbedingter Erfolgswille die Wirklichkeit, spielte mit statistischen Wahrscheinlichkeiten, lenkte Kugeln ab, blendete Monster und Feinde und ließ Verbündete stets zur rechten Zeit und am rechten Ort auftauchen. Wie sonst war es zu verstehen, dass Danila ihm den Lageplan der Raketenbasis gegeben hatte und diese vor Jahrzehnten wie durch ein Wunder nicht zerstört worden war? Wie sonst war zu erklären, dass ausgerechnet ihm einer der wenigen, wenn nicht der letzte überlebende Raketenexperte der Metro begegnet war? War es Artjoms persönliche Vorsehung gewesen, die ihm in Gestalt dieses Menschen eine mächtige Waffe in die Hand gegeben hatte, um jener unerklärlichen, gnadenlosen Macht den Todesstoß zu versetzen? Wie sonst war es zu erklären, dass er immer wieder auf wundersame Weise aus verzweifelten Situationen gerettet worden war? Nein, solange er an seine Bestimmung glaubte, war er unverletzlich - auch wenn die Menschen, die an seiner Seite gingen, einer nach dem anderen starben.
Seine Gedanken glitten weiter zu dem, was Sergej Andrejewitsch ihm an der Poljanka über das Schicksal und die Handlung seines Lebens erzählt hatte. Damals hatten diese Worte dem jungen Mann einen neuen Impuls gegeben - wie eine neue, geschmierte Feder dem abgenutzten und verrosteten Antrieb einer Aufziehpuppe. Doch zugleich waren sie ihm auch unangenehm gewesen. Vielleicht weil diese Theorie Artjom den freien Willen absprach. Wenn er Entscheidungen traf, so tat er das demzufolge nicht aus einer persönlichen Laune, sondern weil er sich in die Handlungslinie seines Schicksals einfügte. Aber wie konnte er andererseits nach all dem, was geschehen war, die Existenz dieser Linie leugnen? Es war unmöglich, jetzt noch zu glauben, dass sein ganzes Leben nur eine Verkettung von Zufällen war. Und da er nun schon so weit gegangen war, musste er einfach weitergehen - das war die unerbittliche Logik des Weges, den er gewählt hatte. Es war zu spät, daran zu zweifeln. Er musste weitergehen, selbst wenn dies bedeutete, dass er nicht nur für sein eigenes Leben, sondern auch für das Leben anderer Verantwortung trug. All die Opfer waren nicht umsonst, er musste sie akzeptieren, seinen Weg bis zum Ende gehen und vollenden, wozu er in dieser Welt war. Das war sein Schicksal.
Warum nur waren seine Gedanken nicht schon früher so klar gewesen? Immer hatte er an seiner Auserwähltheit gezweifelt, hatte sich von Dummheiten ablenken lassen, hatte geschwankt, dabei war die Antwort stets zum Greifen nah gewesen. Ulman hatte recht gehabt: Wozu sich das Leben verkomplizieren?
Nun ging Artjom mit neuem Schwung vorwärts. Aus den Rohren war kein Laut zu hören gewesen, und bis zur WDNCh traf er auf keinerlei Gefahren. Allerdings kamen ihm auf dem ganzen Weg Menschen entgegen, die zum Prospekt Mira unterwegs waren. Es war ein Strom unglücklicher, gehetzter Geschöpfe, die auf ihrer Flucht alles stehen und liegen gelassen hatten. Sie sahen ihn an wie einen Verrückten: Er war der Einzige, der sich an den Ort des Schreckens wagte, während alle anderen versuchten, die verfluchte Stätte zu verlassen. Weder an der Rischskaja noch an der Alexejewskaja gab es irgendwelche Kontrollen. Es waren schon mindestens eineinhalb Stunden, aber Artjom war zu vertieft in seine Gedanken, um zu bemerken, dass er fast bei der WDNCh angekommen war.
Als er die Station schließlich betrat und sich umsah, zuckte er zusammen: Diese WDNCh sah genauso aus wie die Station, die er in seinen Albträumen gesehen hatte. Die Hälfte der Lampen funktionierte nicht, es roch nach Schießpulver, irgendwo in der Ferne war Stöhnen zu hören, eine Frau weinte.
Artjom nahm sein Gewehr in die Hand und ging weiter. Offenbar war es den Schwarzen zumindest einmal gelungen, die Absperrungen zu durchbrechen und bis zur Station selbst zu gelangen. Ein Teil der Zelte war zerfetzt, an einigen Stellen waren auf dem Boden vertrocknete Blutspuren zu sehen. In ein paar Zelten jedoch lebten noch Menschen, hie und da leuchtete sogar eine Taschenlampe durch die Plane.
Aus dem Nordtunnel drangen entfernte Feuerstöße heran. Der Zugang war durch mannshoch aufgeschichtete Erdsäcke verbarrikadiert, und gegen diese Brustwehr drückten sich drei Männer, beobachteten den Tunnel, die Gewehre im Anschlag, durch die Schießscharten.
»Artjom? Artjom! Wo kommst du denn auf einmal her?«, hörte er plötzlich eine
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