Metro2033
empfindlich.« Und wieder begann sie zu stöhnen und zu schimpfen.
Artjom hatte erstaunlich lange geschlafen. Nicht einmal den Halt an der Nowoslobodskaja hatte er mitbekommen. So gelang es ihm nicht, sich an die eine wichtige Sache zu erinnern, die er am Ende des Traums begriffen hatte, denn schon fuhr das Taxi am Prospekt Mira ein.
Die Lage hier unterschied sich merklich von der satten Zufriedenheit der Belorusskaja. Von geschäftigem Warenverkehr konnte am Prospekt Mira nicht die Rede sein. Dafür fiel die hohe Anzahl an Soldaten auf, vor allem Sondereinheiten und Offiziere mit dem Abzeichen der Pioniertruppen. Am anderen Ende des Bahnsteigs standen einige bewachte Motordraisinen auf den Gleisen, die mit rätselhaften Kisten beladen und mit Zeltplanen bedeckt waren. In der Mitte des Saals saßen etwa fünfzig mehr schlecht als recht bekleidete Menschen auf dem Boden. Sie hatten riesige Säcke mit ihrem Hab und Gut bei sich und blickten sich verloren um.
»Was ist hier los?«, fragte Artjom Ulman.
»Nicht hier ist was los, sondern bei euch, an der WDNCh«, erwiderte dieser. »Sieht aus, als wollten sie die Tunnel sprengen. Wenn die Schwarzen vom Prospekt Mira herkommen, geht's der Hanse an den Kragen. Wahrscheinlich bereiten sie deshalb einen Präventivschlag vor.«
Als sie zur Kaluschsko-Rischskaja-Linie hinübergingen, erkannte Artjom, dass Ulman mit seiner Hypothese recht hatte. Die Sondereinheiten der Hanse operierten sogar auf der Radialstation, wo sie eigentlich nichts zu suchen hatten. Die beiden nördlichen Tunneleingänge, in Richtung WDNCh und Botanischer Garten, waren blockiert; dort hatte die Hanse in aller Eile eigene Kontrollposten eingerichtet. Der Markt war kaum besucht, und die Hälfte der Läden stand leer. Die Menschen flüsterten aufgeregt durcheinander, als drohe der Station großes Unheil. In einer Ecke drängten sich einige Dutzend Menschen, ganze Familien mit Säcken und Taschen. Um einen kleinen Tisch mit der Aufschrift »Registrierung von Flüchtlingen« wand sich eine lange Schlange. »Warte auf mich hier, ich suche unseren Mann«, sagte Ulman. Er ließ Artjom bei den Handelsreihen zurück und verschwand in der Menge.
Artjom jedoch hatte andere Pläne. Er sprang auf das Gleis hinab, ging zu einem der Kontrollpunkte und sprach einen mürrisch dreinblickenden Grenzsoldaten an. »Kommt man zur WDNCh noch durch?«
»Noch ja, aber ich würde dir eher davon abraten«, erwiderte dieser. »Hast du nicht gehört, was dort los ist? Irgendwelche Menschenfresser kommen da angekrochen. Fast die ganze Station ist schon hinüber. Da muss richtig die Post abgehen, wenn schon die Geizhälse von unserer Führung ihnen kostenlos Munition zur Verfügung stellen, damit sie wenigstens noch bis morgen aushalten ...«
»Was ist denn morgen?«
»Morgen jagen wir alles zum Teufel. Dreihundert Meter vom Prospekt entfernt legen wir Dynamit in beide Tunnel, und dann tschüss.«
»Aber warum helft ihr ihnen nicht? Hat die Hanse nicht genug Kräfte?«
»Ich sag doch, es sind Menschenfresser. Da wimmelt es nur so von denen, da ist jede Hilfe aussichtslos.«
»Und was ist mit den Leuten von der Pischskaja? Und der WDNCH?«
»Wir haben sie schon vor ein paar Tagen gewarnt. Und so langsam tröpfeln sie hier ein. Die Hanse nimmt alle auf, wir sind ja keine Unmenschen. Aber sie sollten sich besser beeilen. Wenn die Zeit um ist, heißt es nämlich Abschied nehmen. Also sieh zu, dass du bald zurückkommst ... Was willst du da überhaupt? Geschäfte? Familie?«
»Beides«, sagte Artjom - und der Grenzer nickte verständnisvoll.
Ulman stand unter einem Rundbogen und verhandelte leise mit einem hochgewachsenen jungen Mann sowie einem strengen älteren Herrn, der einen Zugführerkittel trug und offenbar der Stationsvorsteher war.
»Der Wagen ist oben, der Tank ist voll«, sagte der junge Mann gerade und deutete auf zwei große schwarze Taschen. »Hier habt ihr für alle Fälle noch Funkgeräte und Schutzanzüge sowie ein Petscheneg und eine Dragunow. Ihr könnt jeden Moment hoch. Wann müsst ihr los?«
»Das Signal müssen wir in acht Stunden abpassen«, erwiderte Ulman. »Bis dahin müssen wir vor Ort sein.« Er wandte sich an den Stationsvorsteher. »Ist das hermetische Tor funktionsfähig?«
»Voll und ganz«, bestätigte dieser. »Wann immer Sie es sagen. Nur die Leute müssen wir vorher wegscheuchen, sonst bekommen sie es noch mit der Angst zu tun.«
»Gut, das wär's von meiner Seite. Jetzt ruhen wir uns
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