Metro2033
begonnen hatte. Inzwischen war es bereits relativ laut und kam ihm wie ein pfeifendes Flüstern vor, unverständlich und unmenschlich.
Er sah die anderen an. Alle bewegten sich gleichmäßig und schweigend. Der Kommandeur unterhielt sich nicht mehr mit Kirill, Schenja dachte an irgendetwas, und der Schlussmann blickte ruhig nach vorne - er hatte aufgehört, sich immer wieder nervös umzudrehen. Keiner von ihnen zeigte auch nur ein Anzeichen von Beunruhigung. Offenbar hörten sie nichts. Nichts! Artjom bekam es mit der Angst. Die Ruhe und das Schweigen des gesamten Trupps waren völlig unbegreiflich, ja geradezu furchterregend. Er ließ den Draisinenhebel los und richtete sich auf.
Schenja sah ihn verwundert an. »Was ist los? Bist du müde? Hättest ja auch was sagen können, anstatt einfach so aufzuhören.«
»Hörst du nichts?«, fragte Artjom ungläubig, und etwas in seiner Stimme ließ Schenjas Gesicht ernst werden.
Dieser horchte nun auch, während er mit den Armen weiterarbeitete. Die Draisine verlangsamte ihre Fahrt, denn Artjom stand mit verlorenem Gesichtsausdruck da und lauschte dem rätselhaften Geräusch.
Der Kommandeur wandte sich um. »Was ist da hinten? Sind eure Batterien schon alle?«
»Hören Sie nichts?«, fragte Artjom. Und in diesem Moment beschlich ihn der fürchterliche Verdacht, dass es in Wirklichkeit gar kein Geräusch gab - weshalb es auch niemand hörte. Er war einfach übergeschnappt, vor lauter Angst hatte er Halluzinationen.
Der Kommandeur befahl anzuhalten, damit das Quietschen der Draisine und das Stampfen der Stiefel nicht störte, und verharrte reglos. Seine Hände tasteten nach dem Gewehr. Angespannt horchte er in den Tunnel hinein.
Das seltsame Geräusch war noch immer da. Artjom konnte es jetzt deutlich hören, und je stärker es wurde, desto aufmerksamer beobachtete er das Gesicht des Kommandeurs. Nahm dieser wahr, was Artjom mit zunehmender Unruhe erfüllte? Doch die Gesichtszüge des Kommandeurs glätteten sich allmählich, und ein Gefühl brennender Scham erfasste Artjom: Er hatte die Gruppe aufgehalten, war ausgetickt, ja hatte die anderen auch noch nervös gemacht.
Auch Schenja konnte offenbar nichts hören, obwohl er angestrengt lauschte. Er grinste Artjom spöttisch an und fragte: »Gaga?«
»Hau doch ab!«, erwiderte Artjom gereizt. »Seid ihr alle taub oder was?«
»Gaga«, schloss Schenja befriedigt.
»Es ist nichts. Wahrscheinlich Einbildung«, sagte der Kommandeur und fügte taktvoll hinzu: »Mach dir nichts draus, Artjom, das kommt vor. Nimm dich zusammen, und lass uns weiterfahren.«
Mit diesen Worten ging er wieder nach vorne, und Artjom blieb nichts anderes übrig, als an seinen Platz zurückzukehren. Er versuchte sich einzureden, dass er sich das alles nur eingebildet hatte, versuchte an nichts zu denken, in der Hoffnung, dass er zusammen mit seinen wirren Gedanken auch dieses teuflische Geräusch würde verscheuchen können. Für eine Zeit lang gelang es ihm tatsächlich, seinen Kopf zu leeren - doch hallte das Geräusch darin nur noch mehr wider, wurde immer lauter und klarer, je weiter sie nach Süden kamen, und als es so stark wurde, dass es die ganze Metro zu füllen schien, bemerkte Artjom plötzlich, dass Schenja nur mehr mit einer Hand arbeitete, während er sich mit der anderen am Ohr rieb.
»Was machst du?«, flüsterte ihm Artjom zu.
»Ich weiß nicht«, murmelte Schenja. »Sie sind zu ... Mich juckt es.« »Und du hörst immer noch nichts?«
»Nein, aber es drückt irgendwie.« Von Ironie war in Schenjas Stimme nichts mehr zu spüren.
Dann, als das Klingen seinen Höhepunkt erreichte, begriff Artjom, woher es kam. Eines der Rohre, die entlang der Tunnelwand verliefen, war an einer Stelle geplatzt, und der schwarze Schlund, umrandet von zerrissenen, nach verschiedenen Seiten ragenden Metallfetzen, brachte das grässliche Geräusch hervor. Es kam also aus der Tiefe des Rohres, und Artjom fragte sich gerade, warum keine Leitungen darin zu sehen waren, nur Leere und Schwärze, als der Kommandeur stehen blieb und langsam, angestrengt sagte: »Leute ... lasst uns hier Rast machen ... Mir ist gerade nicht gut... Irgendwie fühle ich mich benebelt.«
Schwankend ging der Kommandeur auf die Draisine zu, um sich auf den Rand zu setzen, doch einen Schritt davor sackte er plötzlich zu Boden. Schenja sah ihn verwirrt an, rieb seine Ohren nun mit beiden Händen und rührte sich nicht vom Fleck. Kirill ging weiter, als wäre nichts geschehen, ohne
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