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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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So­bald er sei­ne Hand zu­rück­ge­zo­gen hat, er­lischt das blin­ken­de Leuch­ten, und der Kon­so­len­laut­spre­cher er­wacht mit ei­nem schar­fen Knacken: „Ge­neh­migt, Nor­man Grün-124. Du kannst drei­ßig Mi­nu­ten län­ger ar­bei­ten.“
    Nor­man Grün-124, Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ter beim staat­li­chen Amt für Be­völ­ke­rungs­über­wa­chung, nickt schwach, zieht sich dann wie­der das Com­pu­ter­ter­mi­nal her­an und ver­tieft sich in sei­ne Ar­beit. Flink hu­schen sei­ne Fin­ger über die Tas­ta­tur, und eben­so flink er­schei­nen und ver­schwin­den Buch­sta­ben, Wor­te, Zif­fern, Sät­ze in hel­lem Blau auf dem matt ro­sa­far­ben schim­mern­den Hin­ter­grund des Mo­ni­tors vor ihm. Nur bis­wei­len schaut er auf und stö­bert in rechts und links ver­streu­ten Blät­tern oder schiebt, um neue Da­ten ein- oder ab­zu­spei­chern, ei­ne neue Flop­py-Disk in einen der vier Kon­so­len-Schlit­ze des senk­recht in die Plat­te ein­ge­las­se­nen Dis­ket­ten­lauf­werks.
    Als er wie­der ein­mal auf­blickt, um einen noch nicht an­ge­bro­che­nen Kar­ton mit Spei­cher­schei­ben aus dem über ihm an der Wand, aber in Reich­wei­te an­ge­brach­ten Re­gal zu fi­schen, sieht er, daß die im Kon­so­len­rah­men in­stal­lier­te Di­gi­tal-Uhr schon 16.28 Uhr an­zeigt. Wei­te­re drei­ßig Mi­nu­ten wür­de ihm der für die Ge­sund­heit der Mit­ar­bei­ter zu­stän­di­ge Com­pu­ter be­stimmt nicht er­lau­ben. Nor­man Grün-124 drückt al­so die not­wen­di­gen Tas­ten, um zu ver­an­las­sen, daß al­les bis­her er­ar­bei­te­te Ma­te­ri­al ab­ge­spei­chert wird, und steht dann auf. Er häuft die ver­streu­ten Blät­ter zu zwei säu­ber­lich auf­ge­schich­te­ten Sta­peln – Un­ord­nung in sei­nem Bü­ro wür­de ihn min­des­tens ein Pro­zent sei­ner mo­nat­li­chen Bo­nus­punk­te kos­ten – und schal­tet dann, als auf dem Bild­schirm das Ab­spei­che­rungs­sym­bol er­scheint, den Com­pu­ter und die gan­ze Kon­so­len­pe­ri­phe­rie mit ei­nem Fin­ger­tip­pen auf das Co­de-Schloß aus. Der Laut­spre­cher, un­ab­hän­gig da­von an den Zen­tral­com­pu­ter an­ge­schlos­sen, be­deu­tet ihm: „En­de der ver­län­ger­ten Ar­beits­zeit, Nor­man Grün-124.“
    Nor­man über­schaut noch ein­mal den fünf­zehn Qua­drat­me­ter aus­fül­len­den Bü­roraum, wen­det sich um und stapft über den kurz­flo­ri­gen Syn­the­tik-Tep­pich­bo­den, der in mat­tem Grün ge­hal­ten ist, auf den Aus­gang zu. Als er noch einen hal­b­en Me­ter von der Tür­plat­te ent­fernt ist, schiebt die­se sich au­to­ma­tisch zur Sei­te und ver­schließt den Durch­laß ge­nau­so schnell und ge­räusch­los hin­ter ihm, als er auf dem hell er­leuch­te­ten Gang steht. Be­vor er auf das in der Mit­te ver­lau­fen­de För­der­band tritt, be­rührt er mit der gan­zen Flä­che sei­ner lin­ken Hand das ne­ben der Tür ein­ge­las­se­ne Co­de-Schloß. Die Tür wür­de nun so lan­ge nie­man­dem den Zu­tritt ge­stat­ten, bis er das Schloß zum zwei­ten Ma­le mit sei­ner Hand be­rühr­te. Die Hand ei­nes Un­be­fug­ten wür­de der Me­cha­nis­mus so­fort an den an­ders­ar­ti­gen Haut­li­ni­en und der falschen Zell­k­ern­strah­lung er­ken­nen und die­se Mus­ter an den Zen­tral­com­pu­ter wei­ter­lei­ten, der dann ent­schei­den wür­de, was zu ge­sche­hen hat­te.
     
    Um die­se Zeit war kaum noch je­mand auf den Gän­gen, da Über­stun­den nicht ger­ne ge­se­hen wur­den – der Staat gönn­te je­dem Ar­beit­neh­mer sei­ne Frei­zeit, da­mit man je­den Mor­gen frisch und aus­ge­ruht zur Ar­beit ge­hen konn­te, wie es hieß. Das För­der­band trug ihn schnell den lan­gen Gang un­ter den Leucht­stoff­bän­dern ent­lang bis zum Fahr­stuhl­schacht. Da es un­wahr­schein­lich war, daß er noch et­was an­de­res tun woll­te, als das Ge­bäu­de zu ver­las­sen, war­te­te schon ei­ne Ka­bi­ne auf ihn, de­ren Tü­ren sich, nach­dem er sie ge­dan­ken­ver­lo­ren und sich ganz der Für­sor­ge des Com­pu­ters über­las­send be­tre­ten hat­te, schlos­sen. Au­to­ma­tisch wähl­te der Com­pu­ter für ihn das Erd­ge­schoß, Haupt­aus­gang, als Ziel und zeig­te ihm dies auf ei­nem

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