Metropolis brennt
gegen die andere austauschen können, ohne daß dies einem einzigen aufgefallen wäre.
Lothar Hellmann wußte, daß dies ketzerische Gedanken waren, doch er ärgerte sich, daß die Nachrichtensendung seine Lektüre des gefundenen Buches unterbrochen hatte.
Luise hing wie gebannt an den Lippen des Nachrichtensprechers, dessen Name gerade wieder geinsertet wurde:
HENRY BOOG
Ihr Nachrichtensprecher
Ein irgendwie aalglatter Kerl, dieser Henry Boog, Hellmann fand ihn unsympathisch, und ihm war absolut unverständlich, daß die Frauen – Luise allen voran – ihn anhimmelten.
Dann horchte er auf:
„… haben neueste Messungen unserer Spürtrupps ergeben, daß der radioaktive Fallout in der näheren und weiteren Umgebung der City an Intensität zugenommen hat. Ins Detail gehende Analysen unserer Labors lassen darauf schließen, daß es noch etliche hundert Jahre dauern wird, ehe eines Menschen Fuß wieder …“
Hellmann dachte angestrengt nach, versuchte sich zu erinnern: Hatte der Nachrichtensprecher nicht soeben dieselbe Meldung zweimal hintereinander vorgetragen? Und hatte er nicht beim ersten Mal an der gleichen Stelle abgebrochen wie jetzt?
„Luise, hast du auch bemerkt, daß …“
Die Tür, die zum Flur führte, wurde aufgerissen. Irma, die zwölfjährige Tochter der Hellmanns, stürmte herein.
„Scheiße! Wieder zu spät gekommen“, schimpfte sie und warf sich mit Schwung vor dem Videoschirm auf den Boden.
„Kannst du nicht mal guten Abend sagen?“ fragte Frau Hellmann unwillig, da man sie aus ihrem abendlichen Anhimmeln gerissen hatte.
Keine Antwort. Irma bewunderte Henry Boog ebenfalls, ja verehrte ihn seit etwa einem halben Jahr glühend. Das war eben ein Mann! Nicht so eine lasche Gestalt wie ihr Vater, der allabendlich abgeschlafft und fast apathisch dahockte und sich bald ins Bett verkroch. Und eine Ausstrahlung hatte dieser Henry! Dabei sah er auch noch glänzend aus …
„Luise“, begann Hellmann noch einmal. „Hast du gemerkt, wie der …“
„Sei doch ruhig“, beschwerte sich Irma. „Wie soll man da ein Wort verstehen?“
„Du hättest ja auch ein wenig früher kommen können“, meinte ihr Vater.
„Ging nicht, wir hatten Strahlenschutzübung.“
„Könnt ihr nicht mal still sein“, beschwerte sich Luise Hellmann. „Sonst kriegen wir nichts mit …“
„… und ich morgen in der Schule eine schlechte Note“, trumpfte Irma auf, weil ihr Vater so schnell zum Schweigen gebracht wurde.
„Außerdem sind die Nachrichten gleich zu Ende, und ich habe Henry nur so kurz gesehen.“
Dann hörten alle weiter zu. Und Hellmann dachte, er habe sich vielleicht doch verhört. Denn fast jeden Tag war eine ähnliche Meldung über den Fallout und die radioaktive Verseuchung außerhalb der schützenden Stadt im Nachrichtenprogramm. Vielleicht hatte er die Meldung auch einfach mit der von gestern verwechselt.
Er konzentrierte sich wieder aufs Programm, wo gerade ein kurzes Bilderstück über eine Panne in der Kläranlage Südwest gezeigt wurde:
„… in unermüdlichem, geradezu heldenhaftem Einsatz ist es den Reinigungstrupps heute gelungen, eine neue Pumpe mit verbesserter Saugleistung zu installieren und darüber hinaus auch noch dafür zu sorgen, daß …“
4
Alarm!
Der Nachrichtensprecher war defekt und drohte ganz auszufallen. Zum zweiten Mal sprach Henry Boog eine Meldung über den derzeitigen Erkenntnisstand der radioaktiven Verseuchung im Umland der City.
Rotalarm!
Da die vollkommen computerisierte zentrale Leitstelle der Videogesellschaft offensichtlich nicht mit dem Problem fertig wurde, übernahm innerhalb von Bruchteilen einer
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