Metropolis brennt
zwanzig Schritte vielleicht dicht am Rand der Wupper und damit am Ende der sozialen Stufenleiter, gelegentlich von trägen Schwaden umwabert, die wie Morgennebel aus dem erhitzten Wasser aufsteigen, erhebt sich das rostzerfressene Fahrerhaus eines abgewrackten 30-Tonner-Diesels. Wie alle diese brummenden Lastzüge ist auch er vor Jahren den kriegerischen Konflikten auf den Ölfeldern des Persischen Golfs zum Opfer gefallen. Nur der Fahrer hat ihn nicht aufgegeben und erklärt jedem Besucher ungebeten die Funktionen des staubigen Armaturenbrettes.
Knirschend öffnet sich jetzt die Tür, und Musik dringt heraus; wild und knallig, rhythmisch und rockig und nur gelegentlich von dem heiseren Krächzen eines Störsenders unterbrochen. Noch immer haben es die feinen Pinkel nicht aufgegeben, die Piratensender der Prols zu bekämpfen, auch wenn jeder siegreichen Schlacht zehn Niederlagen folgen.
Pike schneidet eine Grimasse. Soviel zu den Pinkeln, sagt sie sich und schiebt gedankenverloren ihr synthetisches Kleid ein wenig höher. Seit der besorgniserregenden Verschärfung der internationalen Lage sollten diese Burschen andere Dinge im Kopf haben, als uns das Leben madig zu machen.
Mit einem Satz schwingt sich in diesem Moment Zelter aus dem Fahrerhaus, dessen Windschutzscheiben schwarz gestrichen sind, steppt einige Schritte über das Kopfsteinpflaster am Wupperufer und schlendert dann auf die beiden Fässer und den Obstkisten verschlag zu, die sich um das Video gruppieren.
Im Hintergrund ertönt Gelächter. Zwei Stimmen stöhnen im Liebesrausch, und Pike greift heftiger zwischen ihre Schenkel. Essensdunst treibt heran. Bohnen aus NATO-Konserven und gegrilltes Rattenfleisch. Ungewürzt, denn die größten Dealer des Tals sorgen derzeit für eine künstliche Verknappung des Würzmittelangebots, um die Preise in die Höhe zu treiben. Vor der Ruine des alten Versicherungsgebäudes, dessen Fassade rußgeschwärzt ist und noch deutlich sichtbare Narben von dem Granatenbeschuß der Marodeure trägt, rösten drei Frauen einen Hund über offenem Feuer. Wolken driften vom Horizont heran und schieben sich vor die Sterne. Schlecht für die ohnehin angeknackste Moral der stahlharten Raumfahrer auf Io. Seit einem Jahr keine Versorgungssonden von der Erde, der Kommandeur von Leberzersetzung elend dahingerafft und dann auch noch Wolken, die sie von den Blicken der interessierten Öffentlichkeit abschirmen.
Wer hält so was schon aus, fragte sich Pike, mit dem Mittelfinger der rechten Hand die feuchten Schamlippen teilend und höher gleitend den Kitzler streichelnd. Man halte sich das vor Augen: Jahrelang nur der Jupiter über den Feuer und Gas spuckenden Vulkanen, Computersex, eine Handvoll Kristallcassetten mit schlechten Video-Dramen und nicht ein einziger Mikrofilmbrief von der Ehefrau daheim. Schwerbrüstige Astronautengattinnen, die längst schon der Treue abgeschworen haben und wahllos mit jedem Pinkel von den Hängen schlafen, um die Wartezeit bis zur Überweisung der Witwenrente zu überbrücken. Kein Wunder, daß unsere tapferen Raumfahrer reihenweise den kühlen Kopf verlieren und unflätige Funksprüche zur Erde senden.
Zelter hat Tods Bierfaß erreicht und bleibt stehen. Mehrmals schnieft er gegen S.S. Winters allabendlichen Kommentar an, holt ein eselsohriges Pin-up-Foto aus der Gesäßtasche seiner zerfledderten Hose hervor und starrt die knackige Blondine knappe fünf Sekunden mit einem schweinischen Grinsen an.
„Ich hab’ Lust, ’ne Pinkel-Schnalle aufzureißen“, erklärt Zelter ungefragt. „Eine, die nach Dr. Knöters Moschusdeo duftet und
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