Metropolis brennt
darum, daß ausgerechnet in dieser Nacht wieder ein peinlicher Umweltskandal aufgedeckt wurde – Pestizide im Orangenkonzentrat. Ein Mixdrink aus Jaffasaft und Tetrachlorazoxybenzol für die schneidigen jungen Männer fern auf Io.
Auch wenn die Fähren aus Treibstoffmangel nicht mehr von den Raumhäfen abheben und der Nachschubstrom zum Jupitermond versickerte, ist dies ein glattes Attentat auf die Weltraumforschung.
„Da trink ich doch nur noch schwarzgebrannten Schnaps“, versichert Tod, rekelt sich in der krummen Wölbung seines tapezierten Fasses und sieht grimassierend die neuesten Nachrichten im Batterievideo. Präsentiert werden sie in kollegialer Zusammenarbeit von Gottfried Muhn und Stefan Sebastian Winter, den beliebten Modegecken vom Kanal 6, die stets ein entzückendes Bonmot zur Hand haben. Selbst die Bilder vom Biochemischen Krieg am Persischen Golf wurden in mancher Hinsicht durch die gewitzte Kommentierung entschärft, und nicht ohne Grund bekamen Muhn und Winter letztes Jahr den Bundesfilmpreis für menschlichen Journalismus verliehen.
Doch auch das kümmert Tod nicht die Bohne. Er interessiert sich allein für den vielversprechenden Rüschenausschnitt im Glitzerkleid der Wettermaid und wartet ungeduldig darauf, daß endlich Hitze und Sonnenschein vorhergesagt werden. Denn ab dreißig Grad legt die ondulierte Dame einer alten Tradition folgend sämtliche Hüllen ab und preist lasziv und erotisch mit den Hinterbacken wackelnd Dr. Knöters Moschusdeo für die schönsten Stunden zu zweit an.
„Scheißapparat“, beschwert sich Gorch nörglerisch. Gorch wohnt nebenan in der alten Öltonne mit dem ausgefransten Bambusvorhang und der verblaßten Ewo-Signatur und betrachtet Muhns rosiges Pfaffengesicht voll erprobtem Argwohn. „Nich mal Riechsensos hat der Dreckskasten. Mansch, wo gibt’s denn so was? Wie soll ich denn wissen, ob ich mir dieses phantastische, preiswerte und garantiert verführerische Deo kaufen soll, wo ich’s nich mal riechen kann? Das ist doch’n harter Schlag für die ganze Werbebranche.“
„So liegen die Dinge eben.“ Tod scheint Dr. Knöters Moschusdeo schnurz zu sein. Seine Gleichgültigkeit ist nicht gespielt. Er kratzt die rosabehaarte Brust und läßt sich von Winter über das Treiben der Marodeure in Süddeutschland informieren. Die Welt steckt voller Gefahren, und will man überleben, muß man über ein gut ausgebautes Vorwarnsystem verfügen. „Außerdem kaufst du dir sowieso nicht Dr. Knöters Stinkzeug. Das gibt’s nämlich nur hinter der Mauer bei den feinen Pinkeln.“
Gorch spuckt bezeichnend aus. „Mir geht’s nich um das eklige Deo“, sagte er würdevoll. „Mir geht’s um die Riechsensos. Wenigstens riechen will ich was.“
„Auf der Halde gab’s eben kein Video mit Riechsensos.“ Pike ist beleidigt. Schließlich – was kann sie dafür? Und überhaupt! „Auf der Halde gibt’s die noch nicht. Die sind noch zu neu. Frühestens in drei Monaten oder was schmeißen die feinen Pinkel die ersten Videos mit Riechsensos weg. Das weiß doch jeder hier unten im Tal, daß bei uns der Wohlstand erst mit Verspätung zuschlägt.“ Pike streicht mit der flachen Hand über das gurkenförmige Haarbüschel, das auf ihrem ansonsten ganz und gar kahlen und buttergelb lackiertem Schädel wuchert, zieht die unbestrumpften, doch zweifellos entzückenden Jungmädchenbeine an und sieht dann wieder zum Video, wo das elektronische Thermometer der Wetterkarte bei neunundzwanzig Grad Celsius zum Still stand kommt. „Keine Show für heute“, seufzt sie enttäuscht. „Dabei hat die so hübsche Titten, diese Wettermaid.“
„Das“, nickt Tod ergrimmt, „wird dem Absatz von Dr. Knöters Moschusdeo
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